Frauengesundheit, Krebserkrankungen

Die Risiken der Raucherinnen

Experten schlagen Alarm: Lungenkrebs wird schon bald der häufigste Krebs der Frauen sein. Darüber hinaus zeigen immer mehr Studien, dass Rauchen für Frauen insgesamt noch viel schädlicher ist als für Männer. MEDIZIN POPULÄR über die dringlichsten Gründe zum Aufhören.

Von Mag. Sabine Stehrer

Rauchen kann Ihre Gesundheit gefährden: Diese Warnaufschrift auf Zigarettenpackungen nehmen Österreichs Raucherinnen durchaus ernst. Zumindest 30 Prozent gaben in einer Befragung an, den regelmäßigen Konsum von Zigaretten für sehr gefährlich zu erachten. Dennoch haben sich 38 Prozent der Raucherinnen noch nie mit dem Gedanken befasst, aufzuhören, und erschreckend viele fangen nach wie vor damit an: So wie jede dritte Erwachsene im Land greift auch bereits jede dritte 15-Jährige regelmäßig zum Glimmstängel.
„Das Fatale daran ist, dass Rauchen für Mädchen und Frauen viel schädlicher ist als für Burschen und Männer“, sagt die Internistin und Expertin für Gender-Medizin an der Medizinischen Universität Wien Univ. Prof. Dr. Alexandra Kautzky-Willer. Dies gilt zumindest bis zum Beginn der Wechseljahre, denn die Gefährdung der Frauen durch das Rauchen geht hauptsächlich auf die weiblichen Sexualhormone zurück, die Östrogene. „Die Östrogene beeinflussen die Funktionsweise aller Organe des weiblichen Körpers und den Abbau vieler Substanzen, so auch der Rauchinhaltsstoffe“, erklärt Kautzky-Willer. Durch die Rauchinhaltsstoffe wird in der weiblichen Leber ein wichtiges Enzymsystem aktiviert, das die Stoffe vergleichsweise rasch in besonders starke Schadstoffe umwandelt. Kautzky-Willer: „Diese Schadstoffe erhöhen das Risiko für Entzündungen, für Gewebestress, für eine vermehrte Zellteilung und für die Bildung von Geschwülsten bis hin zu Tumoren.“ Noch gefährlicher wird es, wenn Raucherinnen die Pille nehmen, so Expertin Kautzky-Willer. „Die darin enthaltenen Hormone steigern zudem das Risiko für Thrombosen.“
Doch nicht nur die Östrogene machen das Rauchen für Frauen zu einem Hochrisikounternehmen. Es gibt auch noch anatomische Gründe für die vergleichsweise große Gefahr für Raucherinnen, infolge des Tabakkonsums zu erkranken: Frauenorgane sind kleiner und die Gefäße der Frauen zarter, weshalb sie auf die Angriffe der schädlichen Rauchinhaltsstoffe empfindlicher reagieren als die Pendants der Männer. Durch die Nikotinsucht besonders gefährdet sind Frauen in folgenden Bereichen:

Lunge
Rauchen kann das Risiko erhöhen, an Lungenkrebs zu erkranken

„Ab der Pubertät und bis in die Wechseljahre haben die Östrogene so wie auf alle Organe auch einen Einfluss auf die Lunge“, erklärt Kautzky-Willer die Hintergründe. Dieser besteht darin, dass die Rauchinhaltsstoffe der Lunge stärker schaden: Sie rufen eher Entzündungen hervor, die zu Lungenerkrankungen wie COPD bis hin zum Lungenkrebs führen können. „Daher ist für Raucherinnen das Risiko, Lungenkrebs zu bekommen, höher als für Raucher“, weiß Kautzky-Willer. Das belegen Statistiken: Die unter den Österreicherinnen weit verbreitete Nikotinsucht hat bereits dazu geführt, dass Lungenkrebs hierzulande die zweithäufigste Krebserkrankung der Frauen ist und wahrscheinlich noch binnen der nächsten zwei Jahre den Brustkrebs als häufigsten Krebs überholen wird. „Dass Raucherinnen gefährdeter für Lungenkrebs sind als Raucher, hat aber noch andere Gründe“, so Kautzky-Willer: „Die weibliche Lunge hat weniger Fläche für den Sauerstoffaustausch zur Verfügung und ist damit anfälliger für die Belastung durch Gifte.“ Rauchen Mädchen im Teenageralter, behindert der Tabak außerdem die Lunge im Wachstum. Bei männlichen Teenies ist das Atemorgan oft schon ausgewachsen.

Herz-Kreislaufsystem
Rauchen erhöht das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall

Die weiblichen Sexualhormone haben auch einen Einfluss auf das Herz-Kreislaufsystem von Frauen: Das fanden Forscher des Helmholtz-Zentrums in München im Rahmen der internationalen Kora-Studie heraus, einer Langzeitstudie mit 3000 Teilnehmern. Kautzky-Willer: „Der Mix aus Östrogenen und Rauchinhaltsstoffen schädigt die Gefäße besonders stark.“ Es kommt leichter zu Entzündungen, Ablagerungen, Verhärtungen und zum Gefäßverschluss. Verstopft ein Gefäß im Bereich des Herzens, kommt es zu Herzbeschwerden bis hin zum Herzinfarkt. Eine Gefäßverstopfung im Gehirn führt zum Schlaganfall, und Stauungen in anderen Bereichen des Körpers, Thrombosen, können lebensbedrohlich werden, wenn die Pfropfen in Lunge, Hirn oder Herz weiterwandern. Dass Raucherinnen ein besonders hohes Risiko für Herzinfarkte haben, zeigte eine großangelegte  Studie der John Hopkins University in Baltimore (USA), für die Daten von 2,4 Millionen Menschen ausgewertet wurden.

Blutdruck

Rauchen kann zu Bluthochdruck führen

„Haben Frauen die Wechseljahre hinter sich, steigt der Blutdruck ohnedies an, und Rauchen lässt ihn noch höher werden“, so Kautzky-Willer. Das kann sehr gefährlich werden. „Bluthochdruck ist ein Risikofaktor für Nierenschäden, Herzschwäche, Herzinfarkt, Schlaganfall und zahlreiche andere Organkomplikationen.“

Knochen
Rauchen steigert das Risiko an Osteoporose zu erkranken

„Rauchen beeinflusst den weiblichen Hormonhaushalt derart, dass Raucherinnen und sogar Passivraucherinnen früher in  die Wechseljahre kommen als Nichtraucherinnen“, sagt Kautzky-Willer. Fällt der Östrogenspiegel ab, verändert das so wie den Stoffwechsel insgesamt auch den Knochenstoffwechsel. Die Knochendurchblutung wird schlechter, der Mineralstoffgehalt reduziert sich, und es kommt zu einem beschleunigten Abbau von Knochenmasse. „Je früher die Knochendichte abnimmt, desto größer ist die Gefahr, dass der Knochenschwund krankhafte Ausmaße annimmt und Knochen schon bei geringer Belastung brechen“, warnt die Expertin.

Brust und Blase
Rauchen kann Brust- und Blasenkrebs hervorrufen

Wie Statistiken zeigen, erkranken Raucherinnen häufiger an Brust- und Blasenkrebs als Nichtraucherinnen. „Das Risiko für Brustkrebs ist offenbar besonders groß, wenn bereits in der Pubertät begonnen wurde, zu rauchen“, so Kautzky-Willer. „Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass zu diesem Zeitpunkt das Wachstum des Brustgewebes noch nicht abgeschlossen und besonders empfindlich ist.“ Raucherinnen haben gegenüber Nichtraucherinnen auch ein höheres Risiko, an Blasenkrebs mit aggressiven Verlaufsformen zu erkranken.

Bauchspeicheldrüse
Rauchen kann Diabetes erzeugen

„Rauchen beeinträchtigt die Empfindlichkeit des Gewebes für Insulin und führt dadurch zu einer schlechteren Glukoseaufnahme und -verwertung“, erklärt Kautzky-Willer. „Das wiederum erhöht den Blutzuckerspiegel und das Diabetesrisiko.“

Fortpflanzung
Rauchen kann zu Unfruchtbarkeit, Fehlgeburten und Fehlbildungen beim Baby führen


„Raucherinnen sind eher von Unfruchtbarkeit betroffen, da sie weniger Keimzellen haben, und sie erleiden auch eher Fehlgeburten als Frauen, die nicht rauchen“, so Kautzky-Willer. Hinlänglich bekannt ist, dass Rauchinhaltsstoffe das Ungeborene in seiner Entwicklung stören: Fehlbildungen können die Folge sein. Kautzky-Willer: „Außerdem neigen Mädchen, deren Mütter während der Schwangerschaft oder nach der Geburt rauchten, später selbst zum Rauchen.“

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Aufhören bringt viele Lebensjahre

„Die meisten Raucherinnen denken, wenn sie weniger rauchen oder auf Light-Zigaretten umsteigen, verringern sie ihre Gesundheitsrisiken“, berichtet die Internistin und Expertin für Gender-Medizin Univ. Prof. Dr. Alexandra Kautzky-Willer. Doch dem ist nicht so: Trotz einer derartigen Einschränkung bleiben die Risiken für Raucherinnen hoch. Kautzky-Willer: „Wenn Raucherinnen gesund bleiben und länger leben möchten, ist das Aufhören die einzige Lösung.“
Erfolgt der Rauchstopp vor dem 30. Lebensjahr, reduziert sich für die Frauen das Risiko, an einer Krankheit infolge von Tabakkonsum zu sterben, um 97 Prozent. Das fanden britische Forscher anhand der Gesundheitsdaten von 1,2 Millionen Frauen heraus. Der Rauchstopp lohnt sich freilich auch noch später, so Kautzky-Willer: „Raucherinnen, die im Alter von 40 bis 50 Jahren mit dem Rauchen aufhören, gewinnen mindestens zehn Lebensjahre.“

Foto: iStock, Yana Tikhonova

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