Niedrige Blutdruckwerte, auch Hypotonie genannt, sind in der Regel harmlos. Besonders bei Wetterumschwüngen, hohen Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit können jedoch Kreislaufprobleme auftreten.
Ursachen der Hypotonie
Die Ursachen für eine Hypotonie können vielfältig sein. In den meisten Fällen spielen genetische Faktoren, die körperliche Konstitution und Umweltfaktoren eine Rolle. Jugendliche in der Pubertät, junge und schlanke Frauen, ältere Menschen und Schwangere neigen generell zu niedrigem Blutdruck. Auch körperliche Inaktivität und Stress können die Hypotonie begünstigen.
Niedrige Blutdruckwerte können jedoch auch im Zusammenhang mit anderen Krankheiten auftreten. Herzerkrankungen wie Herzmuskelschwäche oder Herzrhythmusstörungen, Verengungen des Gefäßsystems und Krampfadern sind oft mit niedrigem Blutdruck verbunden. Auch Hormonstörungen wie eine Schilddrüsenunterfunktion, Diabetes mellitus, Infekte, starker Blutverlust oder mangelnde Flüssigkeitszufuhr können den Blutdruck senken. Vorsicht ist zudem bei der Einnahme von Beruhigungsmitteln und blutdrucksenkenden Substanzen geboten.
Von einer krankhaften Hypotonie spricht man erst, wenn Beschwerden auftreten und die Blutdruckwerte so niedrig sind, dass die Durchblutung lebenswichtiger Organe wie Gehirn, Herz und Nieren nicht mehr gewährleistet ist.
Typische Beschwerden bei Hypotonie
- Schwindel
- Schwarzwerden vor den Augen
- Ohrensausen und Kopfschmerzen
- Sehstörungen
- Kalte Hände und Füße sowie allgemeines Kältegefühl
- Müdigkeit, Mattigkeit, Antriebslosigkeit
- Schlafstörungen
- Erhöhte Wetterfühligkeit
- Herzklopfen
Eine spezielle Form der Hypotonie ist die orthostatische Dysregulation. Beim schnellen Aufstehen aus dem Liegen versackt das Blut in den Beinen, wodurch das Gehirn zu wenig Blut und Sauerstoff erhält. Dies kann zu einem Kreislaufkollaps führen.
Diagnose der Hypotonie
Die Diagnose der Hypotonie erfolgt durch wiederholte Blutdruckmessungen beim Arzt und zu Hause. Eine 24-Stunden-Blutdruckmessung hat sich als Standarduntersuchung bewährt. Hierbei wird dem Patienten eine Oberarmmanschette angelegt, die in regelmäßigen Abständen Messungen vornimmt, um ein aussagekräftiges Blutdruckprofil zu erstellen.
Besonders wichtig ist ein Herz-Kreislauf-Belastungstest (Ergometrie). Dieser gibt Aufschluss über den Trainingszustand und das Blutdruckverhalten unter Belastung und hilft, Durchblutungsstörungen des Herzens und Rhythmusstörungen auszuschließen. Eine genaue Analyse von Blut- und Harnwerten ist ebenfalls notwendig, um Stoffwechselerkrankungen auszuschließen.
Maßnahmen bei niedrigem Blutdruck
Menschen mit Hypotonie sollten nur dann behandelt werden, wenn Beschwerden vorliegen. Allgemeine kreislaufstärkende Maßnahmen haben hierbei Vorrang. Erst wenn diese Maßnahmen keine Verbesserung bringen, können Medikamente in Erwägung gezogen werden.
Kreislaufstärkende Maßnahmen:
- Wechselduschen: Abwechselnd 30 Sekunden warm und drei Sekunden kalt duschen, insgesamt dreimal wechseln und mit einem kalten Guss beenden.
- Radfahren im Bett: Vor dem Aufstehen die Beine im Bett radeln lassen, am besten bei geöffnetem Fenster.
- Langsames Aufsetzen: Aus dem Liegen langsam aufsetzen, einige Minuten auf der Bettkante sitzen bleiben, Arme kreisen und Beine wippen, um die Blutzirkulation anzuregen.
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr: Morgens vor dem Aufstehen ein großes Glas Wasser trinken. Generell täglich 2-3 Liter Flüssigkeit zu sich nehmen, bevorzugt Wasser, kohlensäurearmes Mineralwasser, Tee sowie Obst- und Gemüsesäfte.
- Koffein: Kaffee, schwarzer und grüner Tee haben eine blutdrucksteigernde Wirkung. Ein kräftiges Frühstück mit einem starken Kaffee oder Tee kann helfen.
- Körperliches Training: Ausdauersportarten wie Wandern, Walken, Laufen, Schwimmen oder Radfahren steigern den Blutdruck und die allgemeine Leistungsfähigkeit. Regelmäßige Spaziergänge und Tätigkeiten im Freien kurbeln ebenfalls den Kreislauf an.
- Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit frischem Obst und Gemüse, Vollkornprodukten, Nudeln, Reis, Kartoffeln, Fisch und magerem Fleisch ist wichtig. Reichhaltige, fettige Mahlzeiten sollten vermieden werden.
- Schlaf- und Erholungszeiten: Ausreichender Schlaf und regelmäßige Erholung sind essenziell.
- Stützstrümpfe: Bei starken Krampfadern regelmäßig Stützstrümpfe tragen, um das Versacken des Blutes in den Beinen zu verhindern.
Wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen, um die Beschwerden zu lindern, sollte die Einnahme von Medikamenten in Absprache mit dem Arzt erfolgen. Vorsicht vor Selbstmedikation!
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