Nur ein lästiger Schnupfen, der sich ungewöhnlich lange hinzieht, oder doch das erste Anzeichen einer Allergie? Bei welchen Symptomen man an eine Allergie denken sollte und welche Testverfahren rasch für Klarheit sorgen, erklärt Assoz.-Prof. Dr. Gunter Sturm, Leiter des Allergie-Ambulatoriums Reumannplatz in Wien.
Von: Natascha Gazzari

Assoz.-Prof. Dr. Gunter Sturm
„Die Allergiesituation sollte alle ein bis zwei Jahre kontrolliert werden, da sich Allergien verändern können.“
Die Erkältungssaison neigt sich schön langsam dem Ende zu und macht dem Frühling Platz. Sie werden dennoch von einer rinnenden oder verstopften Nase und regelmäßigen Niesattacken gequält? Jucken vielleicht auch noch die Augen? – Dann könnten nicht Erkältungsviren, sondern Allergene aus der Luft die Ursache für Ihre Beschwerden sein. Waren Pollenallergien früher ein typisches Frühlings- und Sommerproblem, haben Pollen aufgrund der Klimaerwärmung heutzutage fast ganzjährig Saison. Besteht der Verdacht auf eine Allergie, sollte möglichst rasch eine ärztliche Abklärung erfolgen, berichtet Allergieexperte Assoz.-Prof. Dr. Gunter Sturm: „Es ist entscheidend, die Ursache der allergischen Symptome zu identifizieren, um frühzeitig Maßnahmen zur Vermeidung des auslösenden Allergens zu ergreifen.“ Eine Allergenkarenz, sprich das Vermeiden der allergieauslösenden Stoffe, ist zwar die effektivste Maßnahme, um allergische Beschwerden zu vermeiden, in der Praxis jedoch nicht immer möglich. Besonders bei in der freien Natur vorkommenden Pollen gibt es oft kein Entkommen. „Ist eine Allergenkarenz nicht möglich, sollte rechtzeitig eine Behandlung der Allergie erfolgen, um die entzündliche Reaktion zu stoppen und das Übergehen der Allergie in ein Asthma zu verhindern“, so Sturm. Während Allergiemedikamente wie Nasensprays, Augentropfen oder Antihistaminika in Tablettenform nur die Beschwerden lindern, setzt die allergenspezifische Immuntherapie (AIT) bei der Ursache der Allergie an. „Die allergenspezifische Immuntherapie ist die einzige ursächliche
Therapie, welche die Symptome lindern und der Entwicklung von Asthma vorbeugen kann“, erläutert der Facharzt für Dermatologie und Venerologie. Allergien sind zwar nicht vollkommen heilbar, die richtige und frühzeitige Behandlung kann den Schweregrad und den Verlauf jedoch günstig beeinflussen.
Allergenen auf der Spur
Ob Niesanfälle und rote Augen tatsächlich allergisch bedingt sind, und falls ja, welche Allergene die Übeltäter sind, wird im Zuge einer allergologischen Abklärung ermittelt. Treten typische Symptome auf, sollte man sich an eine Fachärztin oder einen Facharzt wenden, der Erfahrung in der Allergiediagnostik hat. Neben speziellen Allergie-Ambulatorien bieten häufig auch HNO-Ärztinnen und -Ärzte oder Dermatologinnen und Dermatologen eine Allergietestung an.
Basis für die Abklärung einer möglichen Allergie bildet ein ausführliches Arztgespräch: „Wichtig ist, dass die Betroffenen nicht nur von der Art der Beschwerden berichten, sondern insbesondere, unter welchen Umständen diese auftreten, also zum Beispiel besonders morgens oder immer zur gleichen Jahreszeit.“ Es ist also sinnvoll, über die Symptome Buch zu führen, um so ein möglichst klares Bild zu erhalten.
Die eigentliche Diagnostik von inhalativen Allergien, wie beispielsweise Pollen- oder Hausstauballergie, basiert auf zwei zentralen Testmethoden: dem Pricktest (Hauttestung) und der Bestimmung allergenspezifischer IgE-Antikörper im Blut.
Pricktest: Schnell und unkompliziert
Nur 15 bis 20 Minuten dauert es, bis der Pricktest Ergebnisse liefert. Bei dieser Testmethode werden verschiedene Allergenlösungen, die etwa Pollen oder Spuren von Tierhaaren enthalten, auf markierte Stellen am Unterarm getropft. Anschließend wird die Haut mithilfe einer kleinen Lanzette leicht eingeritzt. Der Name Pricktest leitet sich übrigens vom englischen Wort „prick“ („stechen“) ab. Nach dem Einritzen, das praktisch schmerzlos ist, heißt es rund eine Viertelstunde warten, bis die Auswertung erfolgen kann. „Bildet sich an einer der Teststellen eine juckende Quaddel mit einem Durchmesser von mehr als drei Millimetern, deutet dies auf eine Sensibilisierung gegenüber dem entsprechenden Allergen hin“, so der Mediziner.
Antikörper im Blut bestimmen
Inhalative Allergien entstehen durch eine Immunreaktion auf pflanzliche oder tierische Eiweiße. Die dabei produzierten Antikörper können im Blut nachgewiesen werden. Um die Konzentration der IgE-Antikörper im Blut zu messen, wird Blut aus der Armvene entnommen und im Labor analysiert. Sind auch die tieferen Atemwege betroffen, wie bei Asthma bronchiale oder Bronchitis, werden zusätzlich Laborwerte untersucht, die das Ausmaß der allergischen Entzündung anzeigen. Die Laboruntersuchung der Blutprobe dauert rund eine Woche. Allergiespezialist Sturm relativiert jedoch das Ergebnis des Bluttests: „Ein positives Testergebnis allein bedeutet nicht automatisch, dass eine Allergie vorliegt. Ebenso ist ein hoher IgE-Wert nicht zwangsläufig mit schweren Symptomen verbunden, da die Ausprägung der Beschwerden individuell unterschiedlich sein kann.“
Die Kombi macht‘s
Welches der beiden Testverfahren zum Einsatz kommt, wird beim Erstgespräch mit dem behandelnden Arzt bzw. der behandelnden Ärztin festgelegt. Eine Kombination von Pricktest und Blutuntersuchung ist laut Sturm nicht zwingend erforderlich, jedoch durchaus empfehlenswert: „Manche Patientinnen und Patienten zeigen nur in einem der beiden Tests eine Reaktion. Daher kann es sinnvoll sein, beide Verfahren anzuwenden, um eine möglichst genaue Diagnosestellung zu gewährleisten.“ Besonders vor Beginn einer allergenspezifischen Immuntherapie empfiehlt der Experte die Kombination beider Tests, um die Auswahl der relevanten Allergene optimal abzustimmen.
Wie oft zum Test?
In der Regel genügt eine einmalige Testung, um eine Allergie nachzuweisen. Es kann allerdings vorkommen, dass bei einer geringen Menge an vorhandenen Antikörpern im Blut das Testergebnis bei inhalativen Allergien oder bei einer Insektengiftallergie negativ ausfällt. Bei unklaren oder fraglich negativen Ergebnissen sollte laut Sturm daher eine Wiederholung der Testung in Erwägung gezogen werden. Testungen auf Nahrungsmittelallergien und Medikamente werden üblicherweise nur einmal durchgeführt. Wurde beim Test eine Allergie festgestellt, sind regelmäßige Kontrollen empfohlen: „Die Allergiesituation sollte alle ein bis zwei Jahre kontrolliert werden, da sich Allergien verändern können“, lautet Sturms Empfehlung.
Fotos: istock caramel