Rund 196.300 Menschen verletzen sich laut Kuratorium für Verkehrssicherheit hierzulande jedes Jahr bei der Ausübung von Freizeitsport so schwer, dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen. Besonders gefährdet ist man beim Skisport auf der Piste. Damit Sie Ihre Wintersportsaison möglichst verletzungsfrei genießen können, hat MEDIZIN populär bei Univ. Prof. Dr. Christian Gäbler, Facharzt für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie sowie Leiter der Sportordination in Wien, fünf Tipps für mehr Sicherheit eingeholt.
Von Mag. Sabine Stehrer
Fit werden
„Körperliche Fitness ist der beste Schutz vor Verletzungen“, weiß Univ. Prof. Dr. Christian Gäbler. „Je früher man beginnt, sich mit Sport und Bewegung auf die Skisaison vorzubereiten, desto besser.“ Aber auch wer spätestens sechs Wochen vor dem ersten Mal Skifahren oder Snowboarden mit dem Training beginnt und die Trainingsdauer und Trainingsintensität von Woche zu Woche steigert, kann noch viel erreichen.
Und welchen Sport soll man betreiben? „Die meisten Unfälle auf der Skipiste passieren, weil die Leute zu wenig Ausdauer haben, rasch außer Atem kommen und in der Erschöpfung Fahrfehler machen“, sagt Gäbler. Das beste Gegenmittel: Zur Vorbereitung auf den Pistenspaß dreimal 30 Minuten pro Woche die Ausdauer trainieren. Gäbler: „Je nach Fähigkeit und Vorliebe kann man zum Beispiel Laufen gehen, Radfahren, oder auch auf einem Fahrrad-Ergometer, Crosstrainer oder Stepper trainieren.“ Parallel könnte man in einem Fitnessstudio nach Anleitungen durch geschulte Trainer an Geräten Krafttraining machen, einen Skigymnastik-Kurs besuchen und/oder bestimmte Körperübungen in den Alltag einbauen.
Dazu der Tipp des Experten: Abends vor dem Fernseher einmal stehen statt sitzen und fünf Minuten lang erst das linke Knie zum rechten Ellbogen führen, dann das rechte Knie zum linken Ellbogen. Anschließend zehn Minuten Wedelhüpfen und danach noch so lang wie möglich in die Abfahrtshocke gehen. „Das trainiert das Gesäß und die Ober- und Unterschenkelmuskeln.“ Sind letztere stark, ist das Kniegelenk besser vor Verletzungen geschützt. Ebenfalls gut: Die Stärkung der Bauch- und Rückenmuskulatur, z. B. durch Sit-ups und Brustschwimmbewegungen in Bauchlage: „Das bringt mehr Körperspannung, Stabilität und Sicherheit“, so Gäbler. Insbesondere für Snowboarder empfehlen sich außerdem Balanceübungen.
Gut ausrüsten
„Was aus meiner Sicht heutzutage unbedingt zur Ausrüstung eines Skisportlers gehört, ist ein guter Helm“, sagt Gäbler. Der Grund: Wegen der immer besseren Präparierung der Skipisten hat sich in den vergangenen Jahrzehnten das Tempo, mit dem Skifahrer und Snowboarder auf den Skipisten unterwegs sind, immer mehr gesteigert. Bei Unfällen ist deswegen das Risiko, eine schwere oder tödliche Kopfverletzung zu erleiden, größer als früher. Gäbler: „Wenn es die allgemeine Helmpflicht auf der Skipiste geben würde, könnten beim Skifahren und Snowboarden 85 Prozent aller schweren Kopfverletzungen vermieden werden.
Snowboardern, die ein um 20 Prozent höheres Risiko für Handgelenksverletzungen als Skifahrer haben, rät der Experte außerdem zum Tragen von Hand-Protektoren. Rückenprotektoren, die dazu dienen, die Wirbelsäule vor Verletzungen zu schützen, Ellbogen- und Knieprotektoren empfiehlt Gäbler Anfängern, aber auch Fortgeschrittenen, die zum ersten Mal im Tiefschnee fahren.
Komplett machen die gute Ausrüstung gut gewartete Skier bzw. ein gut gewartetes Snowboard. „Bindung, Kanten und Belag sollte man auf jeden Fall jedes Jahr von Experten in Fachgeschäften überprüfen und gegebenenfalls herrichten bzw. neu einstellen lassen, bevor man auf die Skipiste geht.“ Zu vielen Knieverletzungen kommt es beispielsweise nur, weil sich bei einem Sturz die Bindung nicht rechzeitig geöffnet hat.
Gut aufwärmen
Auf der Skipiste angekommen, empfiehlt es sich, Aufwärmübungen zu machen. Gäbler: „Wenn man die Skier schon angeschnallt hatte, schnallt man sie wieder ab und macht zum Beispiel fünf bis zehn Minuten lang Kniebeugen oder führt den linken Ellbogen zum rechten Knie und umgekehrt.“ Durch die bessere Durchblutung des Körpers sind die Bänder, Sehnen und Muskeln vor Rissen besser geschützt, sagt der Experte. „Mit Dehnungsübungen kann man diesen Effekt nicht erzielen, sie sind daher auch nicht sinnvoll.“
Pausen machen und Erholungstage einlegen
„Grundsätzlich sollte man immer dann, wenn man sich müde fühlt, eine Pause einlegen“, sagt Gäbler, „aber spätestens nach zwei bis drei Stunden.“ Fühlt man sich nach der Pause, die idealerweise eine bis eineinhalb Stunden dauert, nach einiger Zeit wieder müde, sollte man den Skitag besser abbrechen. Gäbler: „Viele Skiverletzungen passieren, weil die Menschen trotz Müdigkeit weiterfahren.“ Und so kommt es am Nachmittag zu den meisten Unfällen auf der Piste. Ebenfalls bekannt ist: Während eines einwöchigen Skiurlaubs verletzen sich die meisten Menschen am dritten Tag. Gäbler: „Deswegen wäre es gut, in einer Skiwoche am dritten Tag einen Erholungstag einzulegen.“ Allen, die nicht optimal trainiert sind, empfiehlt der Experte binnen einer Woche Skiurlaub auch noch einen zweiten Erholungstag. „Das könnte der fünfte oder der sechste Tag sein.“
Alkohol und schweres Essen meiden
„Viele Skiunfälle passieren, weil die Skifahrer und Snowboarder während einer Pause Alkohol trinken und alkoholisiert weiterfahren“, weiß Gäbler. „Deswegen rate ich vom Alkoholkonsum während eines Skitags ab.“ Auch schweres Essen wie Schweinsbraten, Stelzen & Co sollte man tagsüber eher meiden. „Das macht müde, und wenn jemand müde ist, sinkt die Konzentrationsfähigkeit, was wiederum das Unfallrisiko erhöht.“
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10 Verhaltensregeln der FIS
Die Fédération Internationale de Ski (FIS) hat 1967 zehn Regeln für das Verhalten auf der Skipiste aufgestellt, die weltweit gelten und eingehalten werden müssen. Zuletzt wurden sie 2002 modifiziert. Nachzulesen z. B. im Internet auf www.fis-ski.com (unter FIS INTERN, Allgemeine Regeln FIS) zu finden.