Neurologie & Psyche

Auf in die Sommerfrische!

Urlaubsbedürfnisse gibt es viele, doch zu den häufigsten zählt wohl der Wunsch nach Entspannung. Wie der Urlaub so erholsam wird wie einst die Sommerfrische.

– Von Mag.a Sabine Stehrer

Es war einmal, und es war einmal schön, heißt es in einem Chanson, und das gilt wohl auch für die Sommerfrische von anno dazumal. Auf Sommerfrische zu gehen, das gönnten sich hierzulande ab der Mitte des 19. Jahrhunderts neben Kaiser Franz Joseph I. samt seinem Hofstaat auch der Adel und andere Begüterte. Sie verlegten ihren Wohnsitz oft samt Personal und Hausrat aufs Land. Und das über den ganzen Sommer, um sich zu erholen.

Gut nur, dass es auch möglich ist, binnen kürzerer Zeit und kostengünstiger so zu urlauben, dass die Wirkung des Urlaubs jener der früheren Sommerfrische entspricht …

Früh planen

… etwa, indem man früh plant, auf dass sich der Sommerurlaub anfühle wie die einstige Sommerfrische. Denn schon während der Planung entsteht so etwas wie Urlaubsfeeling. „Dieses Feeling bringt noch bevor der Urlaub beginnt, gute, urlaubsähnliche Stimmung und Vorfreude in den Alltag“, weiß ao. Univ.-Prof. Dr. Gerhard Blasche, Psychotherapeut und Psychologe am Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien.

Puffer einbauen

Bereits bei der Urlaubsplanung bedacht werden sollte auch, dass es sich lohnt, zwischen dem Antritt eines Urlaubs im Sinn der seinerzeitigen Sommerfrische einen zeitlichen Puffer zwischen Arbeit und Abreise einzubauen. „So kann man verschiedene Dinge, die mit der Arbeit, dem Haushalt oder auch noch mit der Vorbereitung auf den Urlaub zu tun haben, in Ruhe erledigen und gedanklich damit abschließen“, sagt Blasche.

Aktivitäten vorsehen

Am Urlaubsort angekommen, sollte, wer Erholung sucht, wie ehedem die Sommerfrischler einerseits weiter nach Entspannung streben und den einen oder anderen Tag beispielsweise im Liegestuhl am Seeufer verbringen. Andererseits gilt es auch immer wieder Aktivitäten vorzusehen, und zum Beispiel eine Bergtour zu unternehmen. „Physisch aktiv zu werden, erleichtert es, den Alltag zu vergessen und das Urlaubsfeeling zu intensivieren“, erklärt Blasche. Und je stärker ausgeprägt das Urlaubsgefühl ist, desto größer ist die Urlaubsfreude und umso eher wird die freie Zeit zum Gewinn für die psychisch-physische Gesundheit.

Erreichbarkeit einschränken

Wer im Urlaub auf Social Media-Präsenz verzichtet, E-Mails im virtuellen Postfach ruhen lässt und das Phone abdreht, hat sich dem Zustand der Erreichbarkeit der einstmaligen Sommerfrischler angenähert, die – wenn überhaupt – wohl mehrheitlich über Ansichtskarten, Postkarten oder Briefe mit Daheimgebliebenen korrespondierten. „Sich in der freien Zeit von den genannten Technologien und ihren Möglichkeiten abzuwenden, ist anzuraten, denn das bringt mehr Abstand zum Alltag und zur Arbeit“, so Blasche. Und wer sich im Urlaub von Alltäglichem distanziert, erholt und fühlt sich während der freien Zeit und meist auch noch länger danach besser.

Streits austragen

Urlaub bedeutet vielfach auch, wie vordem die Sommerfrischler ungewohnterweise rund um die Uhr mit den Liebsten, der Familie und/oder Freunden zusammen zu sein. Allein das erhöht das Risiko für Konflikte. Aber auch die Fragen, ob nun wie geplant die Mountainbiketour unternommen wird oder doch eher Faulsein angesagt ist, können zu Streits führen. „Bricht wegen strittiger Fragen ein Streit aus, sollte dieser nicht des Urlaubsfriedens willen unterdrückt werden, sondern ausgetragen“, rät Blasche. Denn meist erleichtert die Urlaubsatmosphäre Problemlösungen, und je schneller der Groll geschwunden ist, desto besser ist der Erholungseffekt und umso größer ist auch die Chance, dass der Urlaub gesundheitlich vorteilhaft ist.

Neues ausprobieren

Für die Sommerfrischler von einst wurde geschaffen, was es vor ihrer Ära oft noch gar nicht gab: Seebäder beispielsweise, markierte Wanderwege, gesicherte Steige im Gebirge bis hin zu Gebirgsbahnen wie die Schneebergbahn und die Schafbergbahn oder Seilbahnen wie die Rax-Seilbahn. So probierten wohl etliche der damaligen Langzeiturlauber neue Freizeitaktivitäten aus. Das sollte man ihnen gleichtun und statt immer Rad zu fahren, auch einmal das Tennisspielen ausprobieren oder statt an Ruhetagen immer zu lesen, zur Abwechslung ein Brettspiel spielen. „Denn neben Vertrautem, Liebgewonnenem einmal etwas anderes zu tun, etwas anderes kennenzulernen und so auf neue Dinge zu kommen, bringt ein stärkeres Urlaubsfeeling“, so Blasche. Und das macht die freie Zeit besonders erholsam und gesund.

Dauer anpassen

Was die Dauer anbelangt, waren die Sommerfrischler von dazumal Urlaubern von heute voraus, dauerte doch ihr Urlaub den ganzen Sommer über. So lang woanders als sonst zu verweilen, ist nun zwar meist nicht möglich, mindestens eine Woche sollten Sommerurlaube aber doch dauern. „Denn nach sieben bis zehn Tagen stellt sich dem subjektiven Empfinden der meisten Menschen folgend bestes Wohlbefinden ein, und dieses Gefühl bleibt erhalten, und zwar auch noch nach der Heimkehr und dem Arbeitsantritt für etwa ein bis zwei Wochen“, sagt Blasche. Dass das urlaubsbedingte Wohlgefühl länger anhält, je länger ein Urlaub dauert, ist eher unwahrscheinlich. Weshalb angepasst an die heutigen Erkenntnisse empfohlen wird, statt einmal ganz lang über den gesamten Sommer lieber öfter im Jahr und eher kürzer auf Urlaub zu gehen.

Foto: iStock, PeopleImages

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