Welche Aufgaben erfüllen unsere Knochen? Wie sind sie aufgebaut? Woran erkranken sie häufig? Wie können wir unsere Knochen schützen? Fragen wie diese beantwortet Prim. Dr. Peter Bernecker für MEDIZIN POPULÄR.
von Mag. Sabine Stehrer
Welche Aufgaben erfüllen unsere Knochen?
Unsere Knochen bilden gemeinsam mit den Muskeln den Stütz- und Bewegungsapparat des Körpers, so Prim. Dr. Peter Bernecker, der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Knochen- und Mineralstoffwechsel (ÖGKM) ist. Zu ihren Aufgaben zählt also, uns Halt zu geben und uns Bewegung zu ermöglichen, und auch andere, innere Organe zu schützen. Darüber hinaus haben die Knochen noch die Funktion, Kalzium und Phosphor im Körper zu speichern. Die beiden Substanzen geben den Knochen und den Zähnen ihre Stabilität. Sie spielen unter anderem aber auch eine wichtige Rolle bei der Reizübertragung zwischen Nervenzellen, der Produktion von Hormonen und anderen Stoffwechselprozessen.
Wie sind unsere Knochen aufgebaut?
Da wir unser Skelett bewegen und dabei immer wieder verschiedenen Belastungen aussetzen, sind die Knochen dynamische Systeme, Organe, die sich permanent, Tag und Nacht, auf-, ab- und umbauen. Dieser Prozess, der Knochenstoffwechsel, läuft im Wesentlichen über zwei Arten von Knochenzellen ab: die Osteoblasten, die den Knochen aufbauen und die Osteoklasten, die Knochensubstanz abbauen. All das ist an einen Umbauprozess gekoppelt und findet an allen Skelettstellen unter Belastung statt. Ziel ist die Erneuerung des Stützmaterials und die Erhaltung der Festigkeit. Ihre Festigkeit verleihen den Knochen großteils Kalzium- und Phosphatverbindungen. Des Weiteren bestehen die Knochen aus Eiweißkollagen, einem Bindegewebe, das aus Aminosäureketten zusammengesetzt ist, und aus Wasser. Von der Struktur her sind die Knochen so angelegt, dass sich außen jeweils eine kompakte Substanzschicht befindet. Nach innen hin geht diese Schicht in eine brückenartige Konstruktion über. In den meisten Knochen, wie beispielsweise in den langen Röhrenknochen unserer Arme und Beine, befindet sich eine Knochenmarkhöhle, die mit Knochenmark gefüllt ist. Dort werden auch Blutzellen gebildet. Andere Knochen, wie zum Beispiel der Schädelknochen oder das Schulterblatt, enthalten Hohlräume, die mit Schleimhaut überzogen und mit Luft gefüllt sind. Die Oberflächen der Knochen sind mit Knochenhaut bedeckt, an den Gelenkflächen sind sie mit Knorpel überzogen. Außerdem sind die Knochen von Blutgefäßen und Nerven durchzogen, die sie mit Nährstoffen, Sauerstoff und Informationen versorgen.
Woran erkranken unsere Knochen häufig?
Die häufigste Erkrankung der Knochen ist eine Stoffwechselerkrankung, die Osteoporose, die meistens lang unbemerkt bleibt. Von Osteoporose, dem krankhaften Knochenschwund, sind postmenopausale Frauen und auch Männer betroffen – Männer allerdings erst in höherem Alter. Unter den über 80-Jährigen erleidet jede zweite Frau und jeder vierte Mann einen osteoporosebedingten Knochenbruch. Verbreitet sind auch bösartige Erkrankungen der Knochen durch die Bildung von Knochenmetastasen. Diese Tochtergeschwülste von Tumoren entstehen, wenn Krebszellen von anderen Tumoren, meist einem Brust- oder Prostatatumor über die Blut- und Lymphgefäße in die Knochen übergehen und sich dort ansiedeln. Knochenmetastasen können den Knochenstoffwechsel so beeinträchtigen, dass der Knochen schmerzt und instabil wird. Darüber hinaus machen den Knochen noch Krankheiten zu schaffen, die familiär gehäuft auftreten. Dazu zählen Morbus Paget, eine Erkrankung, deren Ursache unklar ist, die aber ebenfalls zu Knochenschmerzen, Instabilitäten und in der Folge zu Rissen und Brüchen führen kann. Oder die Osteogenesis imperfecta, besser bekannt als Glasknochenkrankheit. Knochenbrüche sind wiederum die häufigste Verletzung von Knochen, zu der es bei Stürzen und anderen Unfällen kommt. Bricht ein Knochen bei einem nur geringen Trauma, also etwa bei einem Sturz aus dem Stand auf flachen Untergrund, liegt wiederum der Verdacht nahe, dass die Knochen bereits an Osteoporose erkrankt sind.
Wie können wir unsere Knochen schützen?
Der beste Schutz für die Knochen ist Belastung, sind also Bewegung und Sport. Denn durch die Belastung bei einem Krafttraining, bei einem Ausdauertraining, auch bei einem Koordinationstraining wird einerseits der Knochen gefordert, was ihn gesund hält, andererseits werden die Muskeln gestärkt, die den Knochen stützen und schützen. Ebenfalls wichtig für die Knochengesundheit ist eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend kalziumhaltigen Lebensmitteln, wie Milchprodukten, Joghurt oder Käse. Auch Vitamin D ist wichtig für die Knochengesundheit, dies steckt zum Teil in Fisch, zum Teil wird es bei Sonnenbestrahlung in der Haut gebildet. Nicht Rauchen und Alkohol nur in Maßen konsumieren ist der Knochengesundheit ebenfalls dienlich. Außerdem können wir unsere Knochen schützen, indem wir bei Risikosportarten wie Skifahren oder Mountainbiking Helme und Protektoren tragen. Und schließlich ist auch eine vorsorgliche Knochendichtemessung wichtig. Denn wird Osteoporose früh erkannt und entsprechend mit Medikamenten und gegebenenfalls einer Lebensstiländerung behandelt, lassen sich ein weiterer Knochenschwund und osteoporosebedingte Brüche vermeiden.
Wann zur Knochendichtemessung?
Frauen sollten laut Prim. Dr. Peter Bernecker auf jeden Fall im 65. Lebensjahr, Männer im 70. Lebensjahr einmal vorsorglich zur Knochendichtemessung gehen. Wenn es bereits zu einem Knochenbruch nach einem Sturz aus Standhöhe kam oder Risikofaktoren bestehen wie Osteoporose in der Familie, wenig Bewegung, Rauchen, hoher Alkoholkonsum, schon früher.
Wie läuft die Knochendichtemessung ab?
Die Knochendichtemessung erfolgt schmerzfrei über bildgebende Verfahren, meist mittels Röntgen. Seltener kommt dafür der Ultraschall oder die Computertomografie zum Einsatz.
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Zahlen & Fakten
- Etwa ab der neunten Woche nach seiner Zeugung verknöchert der Mensch bzw. der Fötus. Danach wachsen die Knochen zirka bis zum 19. Lebensjahr, wobei die Röhrenknochen der Arme und Beine länger wachsen als beispielsweise die Schädelknochen.
- Aus 208 bis 214 Knochen besteht das menschliche Skelett. Die Differenz ergibt sich, da die Wirbelsäule, Hand und Fuß nicht bei jedem Menschen aus gleich vielen Knochen bestehen.
- Etwa zwölf Prozent Anteil am Gesamtgewicht des Körpers hat das menschliche Skelett. Bei einem Menschen, der 75 Kilogramm schwer ist, wiegen die Knochen alle zusammen genommen also neun Kilogramm.
- Der schwerste Knochen ist der Oberschenkelknochen, der leichteste der sogenannte Steigbügel im Innenohr.
- Alle sieben Jahre hat sich das Skelett bedingt durch den permanenten Auf-, Ab- und Umbau der Knochen vollständig erneuert. Ein 70-Jähriger hat also sozusagen zehn Skelettwechsel hinter sich.
- Ab dem 40. Lebensjahr baut der Körper jährlich ein halbes bis zu einem Prozent der Knochenmasse ab.
Foto: iStock, Drypsiak