Was steckt dahinter – was hilft? Der Hals kratzt, das Schlucken tut weh?
Wenn der Hals schmerzt, kann dies verschiedene Ursachen haben – abgesehen von banalen viralen Erkältungsinfektionen über bakterielle Infektionen bis hin zu Stress. Was häufig dahintersteckt, was vorbeugt und was hilft.
von Mag. Sabine Stehrer
Ursache eins:
Erkältung, grippaler Infekt
Wenn das Schlucken wehtut und der Hals kratzt, steckt am weitaus häufigsten eine Erkältung dahinter, der grippale Infekt. Dass Kinder, deren Abwehrkräfte noch lernen müssen, mit Ansteckungen umzugehen, bis zu neun Mal im Jahr an einem grippalen Infekt erkranken und Erwachsene bis zu drei Mal, „ist völlig normal“, bemerkt Univ. Prof. Dr. Andreas Temmel, Facharzt für Hals- Nasen- und Ohrenheilkunde sowie Kopf- und Halschirurgie am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Wien. Grund dafür, dass wir uns so oft eine Erkältung einfangen können, ist die Fähigkeit der Erkältungsviren, sich alle ein bis zwei Monate zu verändern. Dadurch wird unserem Immunsystem der Abwehrkampf stets von Neuem erschwert, muss es immer wieder mit Schnupfen, Husten und Halsweh auf die Virenattacken reagieren. Wobei das Kratzen und die Schmerzen im Hals meist die ersten Symptome einer Erkältung sind, manchmal auch die einzigen. Temmel über die Entstehung von erkältungsbedingtem Halsweh: „Sind die Erkältungsviren in den Rachen gelangt, dringen sie dort in die Halsschleimhaut ein und zerstören die Schleimhautzellen, wodurch die schmerzende Wundfläche entsteht.“
Wie beuge ich vor?
„Greifen Sie sich in Erkältungszeiten möglichst selten mit der Hand an den Mund und die Nase“, rät Temmel, und: „Waschen Sie sich häufig die Hände und schütteln Sie Erkrankten besser nicht die Hand.“ Die Viren gelangen vor allem über Tröpfcheninfektion und Händekontakt in den Körper.
Was hilft?
Beim Auftreten von Halsschmerzen empfiehlt der HNO-Arzt, Myrrhe- oder Salbeitee zu trinken. Dies bewirkt, dass sich die Halsschleimhaut zusammenzieht und so weniger angreifbar wird – für die Viren und für Bakterien, die sich auf die virale Infektion draufsetzen und die Entzündung verschlimmern können. Ebenfalls hilfreich: Lutschtabletten gegen Halsschmerzen, die schmerzlindernd, antibiotisch und laut Temmel vermutlich obendrein antiviral wirken. Auch Schmerzmittel, die entzündungshemmend wirken, lindern Halsweh und können darüber hinaus die Erkrankungsdauer verkürzen.
Ursache zwei:
Grippe, Influenza
Halsweh kann freilich auch ein erstes Anzeichen für eine Infektion mit der Grippe, Influenza, sein. Daran erkranken hierzulande jedes Jahr etwa 400.000 Menschen. Die Ansteckung erfolgt über Grippeviren, die so wie die Erkältungsviren in die Halsschleimhaut eindringen und dort Hautzellen zerstören, was zu den Schmerzen führt. Da Grippeviren aber aggressiver als Erkältungsviren sind, kämpft unser Immunsystem nicht nur mit Erkältungssymptomen gegen sie an – Schleimbildung, Schnupfen und Husten dienen dazu, die Viren auszustoßen –, sondern auch mit plötzlichem hohem Fieber: Bei Hitze kann das Immunsystem besser arbeiten.
Wie beuge ich vor?
Grippeviren sind hochansteckend: Maßnahmen wie häufiges Händewaschen helfen nur bis zu einem gewissen Grad. Auch das Meiden stark frequentierter Orte kann das Ansteckungsrisiko vermindern. Da sich Grippeviren nicht so rasch verändern wie Erkältungsviren, sondern oft ein Jahr brauchen, um eine neue Gestalt anzunehmen, bietet die jedes Jahr speziell je nach aktuell auftretenden Virenstämmen entwickelte Grippeschutzimpfung einen guten Schutz vor der Grippe und ihren schweren Ausprägungen.
Was hilft?
Gegen die grippebedingten Halsschmerzen helfen Lutschtabletten, die schmerzlindernd, antibiotisch und möglicherweise auch antiviral wirken oder entzündungshemmende Schmerzmittel. Grippemittel, die Schmerzen lindern, das Fieber senken und Entzündungen hemmen, machen die Erkrankung etwas erträglicher.
Ursache drei:
Kehlkopfentzündung, Laryngitis
Wenn der Hals weh tut, zählt außerdem eine Kehlkopfentzündung, die Laryngitis, zu den möglichen Verursachern. Die Krankheit wird zwar meist durch Erkältungsviren übertragen. Die Schleimhaut im Bereich des Kehlkopfs, wo unser Sprechapparat liegt, kann sich aber auch durch übermäßige Belastung entzünden, wie das etwa bei langem oder lautem Reden der Fall ist. „Durch die Entzündung entstehen die Schmerzen, durch Schwellungen können die Stimmbänder nicht richtig schwingen, die Stimmlippen sich nicht optimal verschließen“, so Temmel. Daher sind die Erkrankten heiser, können sich oft nur flüsternd verständigen. Babys und Kleinkinder leiden bei einer Laryngitis oft an „Pseudokrupp“, das heißt, zur Heiserkeit gesellt sich bei ihnen bellender Husten hinzu. Bei echtem „Krupp“ geht die Kehlkopfentzündung auf eine Infektion mit Diphterie zurück, eine durch Bakterien übertragene Erkrankung, die dank standardisierter Impfung im Säuglingsalter hierzulande kaum noch vorkommt.
Wie beuge ich vor?
Vor der viralen Kehlkopfinfektion schützt bis zu einem gewissen Grad häufiges Händewaschen, ansonsten gilt es, übermäßige Belastungen, beispielsweise durch langes, lautes Reden – so gut das eben geht – zu vermeiden.
Was hilft?
Die beste Hilfe ist, die Stimme zu schonen, so wenig wie möglich zu reden bzw. zu flüstern. Entzündungshemmende Mittel lindern die Symptome der Kehlkopfentzündung. Gegen den kindlichen Pseudokrupp wirken Hustenmittel und Inhalationen mit kaltem Wasserdampf.
Ursache vier:
Mandelentzündung, Angina Tonsillaris
Ebenfalls hinter Halsschmerzen stecken kann eine Mandelentzündung oder Angina tonsillaris. Die Erkrankung wird durch eine Superinfektion mit Viren und Bakterien verursacht. Superinfektion bedeutet: Auf die Ansteckung der Mandeln mit Erkältungsviren folgt eine bakterielle Infektion, meist mit Streptokokken. Temmel: „Die doppelte Infektion führt zu starken Schmerzen und zum Anschwellen der Mandeln, wodurch das Zäpfchen fast keinen Platz mehr hat und die Zunge nach hinten gedrängt wird.“ Die Enge führt überdies zu Schluckbeschwerden.
Wie beuge ich vor?
Vor den Infektionen mit Erkältungsviren und Streptokokken schützt bis zu einem gewissen Grad häufiges Händewaschen.
Was hilft?
Schmerzmittel und Antibiotika lindern die Mandelentzündung. Da inzwischen bekannt ist, dass Mandeln eine wichtige Rolle bei der Abwehr von Krankheitserregern spielen, werden sie heute nur noch selten entfernt. Laut Temmel nur dann, wenn die Mandeln sehr häufig entzündet sind: in zwei aufeinanderfolgenden Jahren sieben Mal oder öfter. Bei Kindern wird auch dann meist nur das außenliegende Gewebe der Mandeln abgetragen, wodurch die Anfälligkeit für Infektionen abnimmt, die immunologische Wirkung der Mandeln aber erhalten bleibt.
Ursache fünf:
Pfeiffersches Drüsenfieber, Mononukleose, „Kissing-Disease
Halsweh zählt außerdem zu den Symptomen des Pfeifferschen Drüsenfiebers oder Mononukleose, auch „Kissing-Disease“ genannt, weil die Ansteckung meist beim Küssen erfolgt: Das Drüsenfieber wird durch das Epstein-Barr-Virus übertragen, das in Speichel steckt. Temmel: „Durch die Infektion wird die Halsschleimhaut geschädigt, diese Schädigungen und die starken Schwellungen der Lymphknoten führen zu den Schmerzen.“ Die Erkrankung wird von hohem Fieber begleitet, auch Schwellungen der Leber und Milz gehen mit ihr einher.
Wie beuge ich vor?
Händewaschen und Distanz zu Erkrankten bewahren schützt vor der Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus beziehungsweise der Erkrankung an Pfeifferschem Drüsenfieber.
Was hilft?
Schmerzmittel und fiebersenkende Mittel lindern das Leiden, Erkrankte müssen sich außerdem unbedingt schonen und dürfen keinen Sport betreiben, so lang bis die Schwellungen von Milz, Leber und Lymphknoten abgeklungen sind.
Ursache sechs:
Stress, Globus hystericus
Wenn es im Hals beim Schlucken wehtut, es sich zudem so anfühlt, als wäre ein Kloß im Hals, kann dies auch auf „Globus hystericus“, Stress, zurückgehen. „Die Beschwerden entstehen aufgrund der Reduktion der Speichelproduktion durch die stressbedingte Entsendung bestimmter Botenstoffe“, so Temmel. Dies kann so weit führen, dass beispielsweise Schauspieler oder Sänger bei Lampenfieber statt zu sprechen oder zu singen, nur noch in der Lage sind zu hüsteln.
Wie beuge ich vor?
Viel trinken und – so gut das eben geht – sich entspannen.
Was hilft?
Die Speichelproduktion durch Trinken ankurbeln.
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Kopf-Hals-Tumor?
Wenn der Hals schmerzt und die Halsschmerzen nicht verschwinden wollen, kann die Entstehung eines Kopf-Hals-Tumors, eines bösartigen Geschwulstes etwa an den Stimmbändern oder im Rachen, dahinterstecken. Die Ursachen für Kopf-Hals-Krebs, an dem hierzulande jedes Jahr rund 1000 Menschen neu erkranken, sind laut Univ. Prof. Dr. Andreas Temmel hauptsächlich übermäßiger Alkohol- oder Nikotinkonsum sowie eine Infektion mit HPV-Viren, Humane Papillomviren, die beim Geschlechtsverkehr übertragen werden.
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