Welche Lebensmittel die Abwehr stärken. Es wäre schön, wenn sich Erkältungserreger mit dem Kochlöffel schnurstracks in die Flucht schlagen ließen. Zugegeben, ganz so simpel ist es nicht – aber auch nicht wirklich schwer!
von Mag. Sylvia Neubauer
Die „Eliteeinheit“ des Immunsystems sitzt im Darm. Etwa 70 Pozent aller Abwehrreaktionen werden von dort aus gesteuert. Logisch, dass „eine gesunde, ausgewogene Ernährung, die reich an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen ist, das Immunsystem stärkt “, weiß der Diätologe Johann Grassl. Neben Hygienemaßnahmen bildet ein ausgewogener Speisezettel einen wichtigen Baustein, um gesund zu bleiben. „Ähnlich der Ziegelsteine, die als einer von vielen Bestandteilen für den Hausbau gebraucht werden“, nennt der Experte aus St. Pölten einen bildhaften Vergleich.
Die Menge macht’s
Die Funktionsweise von Nährstoffen im Allgemeinen gleicht einem Zahnradeffekt. Erst wenn alle Substanzen in der richtigen Dosierung vorhanden sind, bewegen sich die Rädchen störungsfrei. Kommt es zu einem Ungleichgewicht blockieren die Räder im Nährstoffgetriebe. Das ist unter anderem der Fall, wenn dem Körper Nährstoffe fehlen – hier machen dann auch nahrungsergänzende Präparate Sinn. Wahllos und ohne vorherige medizinische Beratung sollten sie jedoch nicht zugeführt werden. Durch eine spezielle Blutuntersuchung beim Arzt kann ein etwaiger Mangel aufgedeckt und entsprechend korrigiert werden. Eine zielgerichtete Nahrungsergänzung verhindert auch Überdosierungen, die sich ebenso ungünstig auf die Nährstoffbalance auswirken. „Wasserlösliche Vitamine wie Vitamin C können ohnehin nicht auf Vorrat eingenommen werden“, weiß Grassl „ein momentaner Überschuss wird einfach ausgeschieden.“ Apfel statt künstlicher Vitamine lautet demnach die Devise. Zusätzliches Plus von Obst und Gemüse: die kulinarischen Kraftpakete aus der Natur punkten mit sekundären Pflanzenstoffen, die das Immunsystem in mehrfacher Hinsicht auf Trab halten. „Sekundäre Pflanzenstoffe fördern viele Stoffwechselvorgänge und wirken außerdem antioxidativ und antientzündlich“, so der Ernährungsexperte.
Gut versorgt durch den Winter
Wie lässt sich das Immunsystem in der Praxis nun am besten „einkochen“? „Was zählt ist die Vielfalt“, bringt es Grassl auf den Punkt „man sollte vieles, aber nicht zu viel davon essen.“ Auch in der kalten Jahreszeit bieten sich heimische Obst- und Gemüsesorten an. Gut lagerfähiges Kraut versorgt den Körper etwa mit Vitamin C. Als Dickmacher zu Unrecht in Verruf geraten sind Erdäpfel. Auch sie sind gute Vitamin C-Spender und bilden beispielsweise „als Kartoffelpüree mit guter Milch serviert ein ganz tolles Lebensmittel“.
Das im Übrigen auch über ein hervorragendes Aminosäurenprofil verfügt. Als kleine Bausteine von Proteinen „sind Aminosäuren Hauptbestandteil unseres Immunsystems“, sagt der Diätologe „viele von ihnen aktivieren Killerzellen, die Krankheitserreger zerstören.“ Übrigens: Gerade im Winter kann Gemüse bedenkenlos auch in tiefgekühlter Form dargereicht werden – idealerweise mit Kräutern ergänzt. Durch schonendes Schockfrosten nach der Ernte bleibt nämlich ein Großteil der Vitamine erhalten.
7 Top-Tipps – das macht abwehrfit
Top 1
Kraut in allen Variationen – ein unschlagbares Powergemüse
„Mit durchschnittlich 25 Kalorien pro 100g ist Kraut äußerst kalorienarm“, spricht sich Grassl für die knackigen Blätter aus, „gleichzeitig liefert es viel Vitamin C, B-Vitamine, Zink, Kalzium, Magnesium und Selen.“ Senföle, die dem Kraut seinen charakteristischen Geschmack verleihen, haben antibakterielle Eigenschaften. Da sich diese Senfölglykoside vorwiegend in Harnblase und Lunge anreichern, sind sie im wahrsten Sinne des Wortes scharf gegen jene Bakterien, die Harn- und Atemwegsinfektionen verursachen. In vergorener Form liefert Kraut speziell den nützlichen Darmbakterien ein Festmahl. Die im Sauerkraut enthaltenen Milchsäurebakterien halten Billionen im Darm ansässiger Helferlein bei Laune. Ist die Darmflora gesund, wirkt sie wie ein Schranken, der verhindert, dass Viren und Bakterien in die Blutbahn gelangen.
Top 2
Nüsse – Knabbern zum Schutz der Zellen
Gleich, ob pur verzehrt, ins Müsli oder als Topping über den Salat gestreut – Nüsse werten jede Mahlzeit mit reichlich Vitamin E auf. Als Multitalent entschärft es aggressive Sauerstoffmoleküle und übt auf diese Weise eine Schutzfunktion auf die Zellen aus. Der auch als „Anti-Aging-Vitamin“ bekannte Nährstoff beugt außerdem entzündlichen und degenerativen Erkrankungen vor. Unter allen Nuss- und Steinfruchtkollegen erweist sich die Walnuss als Top-Lieferant für zellschützende Antioxidantien.
Allen Nüssen sind reichlich Vitamine aus der B-Gruppe, Kalium, Natrium, Magnesium und Phosphor sowie hochwertiges Eiweiß gemein.
Top 3
Cranberrys – Naschen für die Blasengesundheit
Die in den ganzen Früchten enthaltenen Proanthocyane verhindern, dass sich Bakterien an den Zellwänden von Blase und Niere anhaften. Cranberrys beugen Infektionen vor und unterstützen sie auszukurieren. Zudem haben die roten Früchtchen, insbesondere getrocknet, einen hohen Ballaststoffanteil. Dieser sorgt für einen langen Sättigungseffekt und kann dazu beitragen, Übergewicht zu reduzieren.
Top4
Grüner Tee – der wärmende Immunbooster
Naturvölker schwören auf die Heilkraft des grünen Teeblatts. Zu Recht! Je nach Sorte befinden sich in ihm nämlich bis zu 400 verschiedene ätherische Öle, 250 unterschiedliche sekundäre Pflanzenstoffe sowie Vitamine und Mineralstoffe. Besonders dem Epigallocatechin-3-Gallat (EGCG), einem sekundären Pflanzenstoff aus der Gruppe der Polyphenole, wird eine bedeutende Rolle als antioxidativ wirkende Verbindung zugeschrieben. Der Pflanzeninhaltsstoff hat stark antimikrobielle Eigenschaften, die Krankheitserreger eliminieren.
Tipp: Verfeinern Sie Ihre Tasse Tee mit einem Schuss Zitronen- oder Limettensaft. Das darin enthaltene Vitamin C ergänzt die Immunsystem stärkenden Inhaltsstoffe der Teepflanze.
Top5
Knoblauch – die Wunderwaffe gegen Keime
Die Knolle mit der strengen Duftnote hält nicht nur Dracula, sondern auch Krankheitserreger zuverlässig fern. Mitverantwortlich dafür ist der „Inhaltsstoff Allicin, der desinfizierend wirkt“, rät Experte Grassl zum regelmäßigen Knoblauchverzehr. Aufgrund seiner keimabtötenden Eigenschaften bewährt sich das Würzmittel vor allem in der Behandlung von Atemwegserkrankungen, Verdauungsproblemen sowie Infektionen und wird darüber hinaus gerne als Kräftigungsmittel eingesetzt. Die Vitamine C und K sowie Kalzium, Magnesium und Selen runden das gesundheitsfördernde Profil des „Knofels“ ab.
Top6
Fisch – das wohlschmeckende Futter für Killerzellen
„Fette Meeresfische wie Lachs sind besonders reich an Omega-3-Fettsäuren“, so Grassl. Wer aus ökonomischen Gründen lieber zu heimischen Seefisch greift, ist damit ebenfalls gut beraten. „Omega-3-Fettsäuren sind wichtige Bestandteile der Zellmembran“, erklärt der Diätologe. Das bedeutet: „Sie schützen die Zelle vor schädlichen Einflüssen, hemmen Entzündungsreaktionen und haben einen positiven Einfluss auf das Immunsystem.“ Auch das in Fisch steckende Vitamin D wirkt sich förderlich auf die Abwehrkräfte aus.
Top7
Honig – das Stärkungsmittel für Naschkatzen
Mehr als 250 natürliche Inhaltsstoffe konnten in dem Bienenprodukt bisher nachgewiesen werden – allen voran Enzyme, Flavonoide, Mineralstoffe und organische Säuren. Honig stimuliert außerdem die Produktion von T-Lymphozyten. Diese Killerzellen spüren fremdartige Substanzen im Organismus auf und machen sie unschädlich. Wer regelmäßig kleine Mengen Honig nascht, stärkt seine allgemeine Widerstandskraft. Wichtig: Achten Sie beim Kauf auf naturbelassene Produkte, die nicht wärmebehandelt wurden.
Ein Team von Nährstoffen
Wie alles in unserem Körper ist auch das Immunsystem aus unterschiedlichen Zellen aufgebaut, die ständig nachproduziert werden müssen. Damit die zelluläre Körperpolizei motiviert arbeiten kann, ist sie auf ein leitendes Kommando angewiesen. Diese Aufgabe übernehmen unterschiedliche Nährstoffe, die im Teamwork arbeiten. Wichtig sind sie alle, manche von ihnen nehmen in der Abwehrzentrale jedoch eine Schlüsselposition ein:
Vitamin C
Dieses Vitamin hat unzählige Schutzfunktionen im Körper. Haben es die Erkältungsviren erst einmal bis zu unseren Schleimhäuten geschafft, wird das Vitamin an verschiedenen Stellen aktiv. Zum Beispiel, indem es „die Anzahl von Leukozyten erhöht“, so der Diätologe. Als Blutpolizei machen diese weißen Blutkörperchen Krankheitserreger unschädlich und schützen den Körper so vor Infektionen.
Vitamin E
Als wichtiges Antioxidans schützt es vor der schädigenden Einwirkung freier Radikale, also vor aggressiven „Angreifern auf die Körperzellen“, so Grassl. Ein Mangel an Vitamin E schränkt die Funktion der Immunzellen ein.
Hochwertige Pflanzenöle und Nüsse versorgen den Körper mit ausreichend Vitamin E.
B-Vitamine
Sie sind „die Lehrer des Immunsystems“, weiß der Experte und erklärt „unser Abwehrsystem lernt Feinde zu identifizieren. B-Vitamine unterstützen dieses Wiedererkennen.“
Insofern, als dass Antikörper gebildet werden. Vitamin B-Power steckt in Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten.
Zink
Dieser Stoff ist an zahlreichen Stoffwechselprozessen beteiligt und hat Einfluss auf die Energieproduktion und auf ein starkes Immunsystem. Dem Mineralstoff ist eine besondere Eigenschaft eigen: Zink macht Bakterien höchstpersönlich den Garaus.
Nachdem Fresszellen die Krankheitserreger in ihr Zellinneres aufgenommen haben, mobilisieren sie den Mineralstoff, der die ungebetenen Gäste im wahrsten Sinne des Wortes vergiftet. Gute Zinkquellen sind Milchprodukte, Eier, Nüsse und Vollkornprodukte.
Selen
Es beeinflusst „die Aktivität der natürlichen Killerzellen im Körper“, sagt der Ernährungsexperte. Engpässe an diesem Spurenelement schwächen die unspezifische Immunabwehr, die sich gegen alle Fremdlinge im Körper richtet. Erkältungsverursachende Eindringlinge haben so leichteres Spiel.
Selenhaltige Lebensmittel sind Fisch, Fleisch, aber auch Rotkraut und Paranüsse.
Foto: iStock, Evis Disha