Kinderkrankheiten

Spielen im Freien schützt vor Kurzsichtigkeit

Kurzsichtigkeit, auch Myopie genannt, nimmt weltweit immer stärker zu, insbesondere in Europa, Amerika und Südostasien, wo sie teilweise epidemische Züge annimmt. Eine vielversprechende Möglichkeit, dieser Entwicklung entgegenzuwirken, bietet das Spielen im Freien. Zahlreiche Studien belegen, dass Kinder, die regelmäßig bei Tageslicht draußen spielen, seltener kurzsichtig werden. Schon 40 Minuten täglich können laut aktuellen Forschungsergebnissen einen deutlichen Unterschied machen.

Zusammenhang zwischen Tageslicht und Kurzsichtigkeit

Helles Tageslicht regt die Dopaminfreisetzung in der Netzhaut an, was das Längenwachstum des Augapfels hemmt. Dies verhindert, dass das Licht vor der Netzhaut gebündelt wird – die Hauptursache für Kurzsichtigkeit. Damit die Augen ausreichend stimuliert werden, sollten sie täglich 10.000 Lux ausgesetzt sein. Diese Beleuchtungsstärke entspricht einem leicht bewölkten Sommertag, während ein Klassenzimmer lediglich etwa 500 Lux erreicht.

Eine unzureichende Exposition gegenüber Tageslicht fördert das übermäßige Wachstum des Augapfels und erhöht das Risiko für starke Fehlsichtigkeit (-6 Dioptrien oder mehr), die wiederum zu schwerwiegenden Augenerkrankungen wie Netzhautablösung, Grünem Star oder Makuladegeneration führen kann.

Chinesische Studie: 40 Minuten im Freien machen den Unterschied

Eine chinesische Studie untersuchte über drei Jahre hinweg den Einfluss von Freiluftaktivitäten auf die Sehkraft von Erstklässlern. Kinder, die täglich 40 Minuten draußen verbrachten, wiesen am Ende der Studie eine Kurzsichtigkeitsrate von 30 % auf. In der Kontrollgruppe, deren Spielgewohnheiten unverändert blieben, lag die Rate bei 40 %.

Die Forscher vermuten, dass längere tägliche Spielzeiten im Freien, etwa zwei Stunden, die Unterschiede noch deutlicher machen würden. Um die Langzeitwirkung des Effekts zu untersuchen, planen sie weitere Langzeitstudien.

Einfluss des Lebensstils auf die Myopie-Entwicklung

Obwohl Erbfaktoren eine Rolle bei der Entstehung von Kurzsichtigkeit spielen, weisen Studien darauf hin, dass auch Umwelteinflüsse entscheidend sind. Eine Untersuchung aus den 1960er Jahren bei Inuit-Gemeinschaften in Alaska zeigt, dass ältere Generationen, die in traditionellen Lebensweisen aufwuchsen, kaum unter Kurzsichtigkeit litten. Dagegen waren über 50 % ihrer Kinder und Enkel, die sich einem moderneren Lebensstil angepasst hatten, betroffen.

Besonders in Ländern wie China, wo mittlerweile bis zu 90 % der jungen Erwachsenen kurzsichtig sind, zeigt sich die Bedeutung veränderter Lebensgewohnheiten. Auch in Deutschland sind mittlerweile 35 bis 40 % der Bevölkerung kurzsichtig.

Spielen im Freien als Prävention

Neben genetischen Faktoren wird auch Naharbeit, etwa das Lesen oder Arbeiten an Bildschirmen, für die steigende Zahl kurzsichtiger Kinder verantwortlich gemacht. Diese Aktivitäten verringern die Zeit, die Kinder draußen verbringen. Experten empfehlen daher, Kinder gezielt zu Freiluftspielen zu ermutigen, um den schädlichen Einfluss von Bildschirmzeit und Lichtmangel auszugleichen.

Regelmäßiges Spielen im Freien stellt somit eine einfache und wirksame Methode dar, um das Risiko für Kurzsichtigkeit bei Kindern zu senken und ihre Augengesundheit langfristig zu fördern.


Literatur:

Quelle: Mingguang et al., Effect of Time Spent Outdoors at School on the Development of Myopia Among Children in China – A Randomized Clinical Trial, JAMA. 2015;314(11):1142-1148. doi:10.1001/jama.2015.10803

Elie Dolgin: The myopia boom. Nature 519, 276-278, 19. März 2015, doi:10.1038/519276a Artikel


Helmut Schatz: Kurzsichtigkeit durch verminderte Dopaminbildung im Auge bei zu wenig Licht? – Kinder sollen mehr ins Freie! DGE-Blogbeitrag vom 10. April 2015. Blog-Beitrag

Mirshahi A, Ponto KA, Hoehn R, Zwiener I, Zeller T, Lackner K, Beutel ME, Pfeiffer N. Myopia and level of education: results from the Gutenberg Health Study. Ophthalmology. 2014 Oct;121(10):2047-52. doi: 10.1016/j.ophtha.2014.04.01.Abstract



Fotos: (c) istock Valerii Apetroaiei

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