Husten und Kurzatmigkeit sind alles andere als harmlose Symptome. Sie könnten auf die schwere Lungenerkrankung COPD hinweisen, von der in Österreich jeder Vierte über 40 betroffen ist – die meisten, ohne es zu wissen!
Von Mag. Michael Krassnitzer
Ein Viertel aller über 40-Jährigen leidet in Österreich an einer schweren Krankheit – aber die meisten wissen nichts davon. Die Lebenserwartung der Betroffenen ist dramatisch herabgesetzt und sie befinden sich auf direktem Weg in die Invalidität – trotzdem haben sie von COPD noch nie etwas gehört. Diese Abkürzung steht für die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (auf Englisch: „Chronic Obstructive Pulmonary Disease“), ein heimtückisches Leiden, das sich erst dann bemerkbar macht, wenn es schon großen Schaden angerichtet hat.
Die Lunge wehrt sich
COPD ist eine chronische Erkrankung der Lunge. Es handelt sich um eine außer Kontrolle geratene entzündliche Reaktion unseres Atmungsorgans auf Schadstoffe. Um sich vor schädlichen Einflüssen der Umwelt zu schützen, greift die Lunge zu verschiedenen Maßnahmen: Zum einen bildet sie mehr Schleim, um die schädlichen Substanzen abzufangen. Die Folgen sind Husten und Auswurf – die ersten Anzeichen von COPD. Zum anderen verengen sich die Atemwege, damit möglichst wenige Schadstoffe mit dem empfindlichen Lungengewebe in Berührung kommen. Das verursacht Atemnot, vor allem bei körperlicher Belastung. Aufgrund der Verengung strömt beim Ausatmen nicht mehr die gesamte Luft aus den Bronchien, so dass das Lungengewebe mit der Zeit überdehnt wird und die Lungenbläschen zugrunde gehen. Die Konsequenz daraus: Man kann nicht mehr genug Sauerstoff aufnehmen.
Diese Prozesse sind eigentlich ganz normale Abwehrreaktionen der Lunge, um einen drohenden Schaden zu verhindern oder zu begrenzen. Doch sie können chronisch werden, das heißt: sie sind auch dann im Gang, wenn die Lunge der ursprünglichen Belastung gar nicht ausgesetzt ist.
Dr. Sylvia Hartl, Oberärztin an der I. Internen Lungenabteilung am Otto Wagner-Spital in Wien, vergleicht dies mit einem Waldbrand: „Wenn das Feuer einmal stark genug ist, dann breitet es sich immer weiter aus. Es kann zwar unter Kontrolle gehalten, aber nicht gelöscht werden. Denn es bleiben Glutnester, von denen immer wieder ein neuer Brand ausgehen kann.“ Die Glutnester, das ist die Immunabwehr, die auf permanente Abwehr geschaltet hat – ein Programm, von dem man sie nach heutigem Stand der Wissenschaft nicht mehr abbringen kann.
Ursache Nr. 1: Rauchen
Zu den Schadstoffen, die COPD auslösen, gehören Abgase, Feinstaub, Keime und Ozon. Aggressive Substanzen, die die Lunge angreifen, entstehen auch beim Löten oder Schweißen und befinden sich in den Dämpfen von Lack oder Nitroverbindungen. „Rauchen ist aber der mit Abstand wichtigste Risikofaktor für die Entstehung von COPD“, erklärt Dr. Hartl. 90 Prozent der Betroffenen sind oder waren Raucher. Zigarettenrauch enthält nämlich hochgiftige Substanzen; hinter dem harmlosen Wort „Kondensat“ verbergen sich Teer, Metalldämpfe, Pestizide. „Die Oberfläche einer gesunden Lunge ist so groß wie ein Tennisplatz“, vergleicht die Generalsekretärin der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie: „Mit jedem Zug an einer Zigarette werden daher entsprechend große Mengen an diesen Giftstoffen aufgenommen.“ Gefährdet sind jedoch nicht nur Raucher selbst. Auch Passivrauchen kann COPD auslösen, warnt Oberärztin Hartl.
Alarmierende 26 Prozent der über 40-Jährigen in Österreich sind an COPD erkrankt. Das Teuflische an dieser Krankheit: Sie wird oft erst dann diagnostiziert, wenn bereits 50 Prozent der Lungenbläschen abgebaut sind. Denn COPD verursacht keinerlei Schmerzen und die Symptome werden einfach nicht als solche erkannt. Das Husten und der Auswurf werden als „Raucherhusten“ bagatellisiert, die Atemnot auf mangelnde Fitness und Kondition geschoben.
„Die Faustregel lautet: Wenn man schon nach wenigen Stufen außer Atem kommt, hat man ungefähr die Hälfte seiner Lungenfunktion verloren“, weiß Hartl: „Dann ist das ,Tennisfeld‘ also schon auf die Hälfte geschrumpft.“ Aus der Sicht der Lungenfachärztin ist das ein „Desaster“: Der schleichende Verlust an Lungenfunktion ist nämlich irreversibel. Zerstörte Lungenbläschen sind ein für allemal kaputt. Während man nach einem überstandenen Herzinfarkt in der Regel wieder leistungsfähig wird, hat ein Lungenschaden dauerhafte Auswirkungen. Weil die Lunge alle anderen Organe sowie die Muskeln mit Sauerstoff versorgt, hängt die Leistungsfähigkeit des Menschen von der Leistungsfähigkeit der Lunge ab.
Frühzeitig zum Arzt!
Wird COPD in einem milden Stadium entdeckt, dann kann die Erkrankung so behandelt werden, dass man ein relativ normales Leben führen kann. Mit einer entsprechenden Änderung des Lebensstils ist viel gewonnen. Für Raucher heißt das vor allem: Hände weg vom Glimmstängel!
Entzündungshemmende und die Bronchien erweiternde Medikamente stoppen den Verfall der Lunge. Diese können inhaliert werden, was einen unschätzbaren Vorteil mit sich bringt, wie Dr. Hartl erläutert: „Die Arznei kommt nur dorthin, wo sie auch hin soll. Und es gibt keine unerwünschten Nebenwirkungen in anderen Teilen des Körpers.“ Auch leicht erlernbare Atemtechniken tragen das Ihre dazu bei, dass viele COPD-Patienten ein vergleichsweise normales Leben führen können.
Früherkennung ist also das oberste Gebot. Daher der Appell der Medizinerin: „Wenn Sie Husten, Auswurf haben und schon bei geringer körperlicher Belastung außer Atem kommen, dann gehen Sie zum Arzt!“ Mit einem einfachen Lungenfunktionstest kann man der heimtückischen Krankheit schnell auf die Schliche kommen.
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COPD: Die häufigsten Fragen
Was ist COPD? Eine chronische Entzündungskrankheit der Lunge. Dabei werden Lungenbläschen unwiderruflich zerstört.
Was ist die häufigste Ursache? Rauchen.
Woran erkennt man COPD? Husten, Auswurf und Atemnot schon bei geringer körperlicher Belastung.
Was soll man tun, wenn man diese Symptome hat? Sofort zum Arzt gehen! Wird COPD frühzeitig erkannt, kann der irreversible Abbau des Lungengewebes gestoppt werden.
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