Neurologie & Psyche

Wie gelingt der Rauchstopp?

Mit dem neuen Jahr tritt in Österreich das neue Nichtraucherschutzgesetz in Kraft. So umstritten es auch ist, dem Nikotinkonsum abzuschwören ist in: Die Hälfte der Raucherinnen und Raucher will aufhören, viele haben Angst vor dem Scheitern. Studien zeigen, dass sich die Erfolgschancen beim Rauchstopp deutlich erhöhen, wenn Beratung in Anspruch genommen wird. MEDIZIN POPULÄR sprach mit Univ. Prof. Dr. Manfred Neuberger von der „Initiative Ärzte gegen Raucherschäden“ über die wesentlichen Schritte auf dem Weg zum Nichtraucher und stellt Hilfsangebote für Aufhörwillige vor.

Von Mag. Sabine Stehrer

Erfolgreiche Ex-Raucher – das sind jene früheren Raucher, die seit mindestens einem Jahr abstinent sind. Fragt man sie, was sie zum Rauchstopp motiviert hat, dann sagen 85 Prozent, dass es schlicht und einfach ihr Wille gewesen wäre, nicht mehr zu rauchen. Fragt man genauer nach, weiß Univ. Prof. Dr. Manfred Neuberger, stelle sich aber oft heraus, dass es darüber hinaus einen Anstoß gab. Einen Husten etwa, der aufgrund des Rauchens nicht und nicht ausgeheilt werden konnte, oder einen Arzt, der bei einer Routineuntersuchung sagte, dass „mit der Lunge etwas nicht stimmt“. Andere häufige Gründe für den Rauchstopp: eine Schwangerschaft, die Einführung des Rauchverbots am Arbeitsplatz oder einfach der Wunsch, nicht mehr abhängig zu sein.

Aus welchen Motiven man das Rauchen auch sein lassen will – Experte Neuberger rät zur guten Vorbereitung des Ausstiegs. „Aufhörwillige sollten sich zunächst drei Dinge vor Augen halten: Erstens, dass Entzugserscheinungen nur in der ersten Zeit auftreten und leicht beherrschbar sind, zweitens, dass man das Verlangen nach einer Zigarette nur in manchen Augenblicken spürt, die sich  überbrücken lassen, drittens, dass es in Wahrheit lediglich um den ,Knopf im Kopf‘ geht.“ Und der, so der Mediziner weiter, könne gut gelöst werden, wenn der Raucher wirklich den Willen hat, aufzuhören.

Vom Willen zum Weg
Wo dieser wirkliche Wille ist, wäre auch ein Weg, sagt Neuberger. Und auf diesem Weg hätten sich drei Schritte bewährt.

• Schritt eins: Es wird nicht mehr nebenbei geraucht, also beim Autofahren, Telefonieren, Lesen oder Fernsehen, sondern nur noch bewusst.

• Schritt zwei: Es wird nur noch im Freien geraucht, parallel werden Alternativen zum Rauchen probiert wie Stricken, auf das Fahrradergometer steigen, ein Glas Wasser trinken.

• Schritt drei: Ein Aufhörtag wird festgelegt. Man nimmt sich vor, ab diesem Tag gar nicht mehr zu rauchen. Neuberger: „Dieser dritte Schritt ist unerlässlich, weil es meist nicht durchgehalten wird, weniger zu rauchen, und weil das auch nichts für die Gesundheit bringt.“ Schon drei Zigaretten am Tag verdreifachen das Herzinfarkt- und Lungenkrebsrisiko.

Beratung erhöht Erfolgsquote
Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO sind die wenigsten Raucher dabei erfolgreich, nur mit der eigenen Willenskraft und im ersten Anlauf vom Rauchen loszukommen: Lediglich fünf Prozent schaffen das. Lassen sich die Betroffenen beraten, steigt die Erfolgsquote gemessen in Abstinenz nach einem Jahr auf bis zu 25 Prozent. Deswegen ermuntert Neuberger Entwöhnungswillige dazu, z. B. am Rauchertelefon Hilfe zu suchen, oder bei einem Arzt, der sich auf Raucherentwöhnung spezialisiert hat. Wer Ziele eher in Gemeinschaft Gleichgesinnter erreicht, sei mit der Teilnahme an Gruppenseminaren gut beraten. Starken und extrem abhängigen Rauchern, die schon viele vergebliche Versuche des Aufhörens hinter sich haben, bieten sich schließlich stationäre Raucherentwöhnungen an.

Egal, wie der Entwöhnungswillige die Entwöhnung versucht, die Selbstmotivation oder die Motivation durch andere sei für das Lösen des „Knopfs im Kopf“ das Wichtigste, sagt Neuberger. „Je größer die Motivation ist, desto weniger sonstige Hilfen benötigt man.“ Nikotinersatzpräparate und Medikamente, die bei der Entwöhnung helfen, können in den ersten drei Monaten nach dem Rauchstopp eingenommen werden. Auch gegen eine unterstützende Therapie mit Akupunktur oder Hypnose sei, so Neuberger, nichts einzuwenden. Impfstoffe, die das Nikotin an einen Antikörper binden und so die Sucht verhindern bzw. unterbinden, sind derzeit erst im Teststadium.

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Raucherentwöhnung beim Arzt

Am Beispiel Dr. Gabriele Bartl,
Allgemeinmedizinerin in Wien

„Ich frage meine Patientinnen und Patienten, die rauchen, immer wieder, ob sie vielleicht aufhören möchten, um so ein Bewusstsein für diese Möglichkeit zu schaffen und ihnen zu signalisieren, dass ich ihnen dabei helfen kann.
Ist jemand zum Rauchstopp bereit, dann informiere ich über die verschiedenen Möglichkeiten. Gemeinsam erarbeiten wir dann einen persönlichen Weg. Der kann darin bestehen, dass zuerst die Rauchergewohnheiten über ein Protokoll erhoben werden. Auf der Grundlage entscheiden wir dann gemeinsam, welche Zigaretten eingespart und durch andere Verhaltensweisen ersetzt werden können, wie z. B. aus dem Fenster schauen. Ich sage den Rauchern auch, dass Rückfälle programmiert sind, dass sie danach aber einen neuerlichen Anlauf versuchen sollen. Wichtig ist, dass die Betroffenen wissen, dass sie auf ihrem Weg der Entwöhnung begleitet werden und jederzeit ein offenes Ohr für ihre Ängste und Nöte, aber auch für ihre Erfolgserlebnisse finden.“

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Raucherentwöhnung im Gruppentraining
Am Beispiel „LebensLust statt Sucht“
mit Dr. Johannes Zeibig, Allgemeinmediziner, Sportarzt in Lienz (Osttirol)

„Zuerst gilt es herauszufinden, ob ein Teilnehmer wirklich mit dem Rauchen aufhören will, denn nur dann hat das Training einen Sinn. Am Beginn der zwei Trainingstage informiere ich darüber, wie Sucht entsteht und was Sucht auf psychischer und physischer Ebene bedeutet. Zusätzlich erhalten die Teilnehmer auf bewusster und unbewusster Ebene eine Einführung in Veränderungsarbeit. Denn ein Loskommen von der Sucht bedeutet in erster Linie, Neues zu lernen. Danach werden die persönlichen Ziele jedes Einzelnen erarbeitet. Die Teilnehmer können für sich entdecken, was in ihrem Leben besser als das bisherige Verhalten sein wird, und sie lernen einfache Methoden aus dem Mentaltraining. Z. B. sich mit der Hand auf den Arm zu klopfen, ehe man den Gedanken ,Jetzt brauche ich eine Zigarette’ durch ,Jetzt brauche ich Entspannung’ ersetzt. Wir besprechen auch, was jeder statt zu rauchen tun kann. Am zweiten Abend wird die letzte Zigarette geraucht, das feiern wir. Wir haben inzwischen vier Rauchercamps mit insgesamt 120 Teilnehmern abgehalten. Jeder Dritte war nach einem Jahr noch abstinent.“

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Stationäre Raucherentwöhnung
Am Beispiel Josefhof in Graz
mit Mag. Wolfgang Goll

„Unser Angebot richtet sich an Raucherinnen und Raucher, die sehr stark abhängig sind, also die von 60 bis zu 120 Zigaretten am Tag rauchen. Die Betroffenen werden vom Arzt bzw. den Krankenkassen zu uns geschickt und haben meist schon mehrere vergebliche Entwöhnungsversuche hinter sich. Die erste Woche dient der Vorbereitung auf die Entwöhnung. Da erfragen wir die bisherigen Rauchgewohnheiten und fragen, warum der Raucher aufhören möchte. Die meisten wollen von der Abhängigkeit loskommen oder etwas für ihre Gesundheit tun. Danach erarbeiten wir Alternativen zum Rauchen und probieren spielerisch, diese einzusetzen. Ein Ablenkungsmanöver kann sein, dass man jemanden in ein Gespräch verwickelt, einen Turm aus Papierdeckel baut oder einen Spaziergang macht. Bis zum Beginn der zweiten Woche kann noch geraucht werden, dann ist offiziell Rauchstopp.

Wer Nikotinersatzpräparate oder entsprechende Medikamente braucht, bekommt diese von einer unsere beiden Ärztinnen verschrieben. Die letzte Phase dient der Vorbereitung auf das normale Leben. Wir bieten die stationäre Entwöhnung seit elf Jahren bis zu 200 Patienten im Jahr an. Nach einem Jahr ist mehr als ein Drittel immer noch abstinent.“

Foto: iStock, AndreyPopov

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