Mund & Zähne

Schmerz, lass nach!

Was hinter Zahnschmerzen steckt, welche Erste-Hilfe-Maßnahmen man kennen sollte und warum neue Technologien zur Schmerzlinderung beitragen, erklärt Zahnärztin Dr. Kristina Worseg. 

Dr. Kristina Worseg
www.zahnarzt-worseg.at

Was sind die häufigsten Ursachen für Zahnschmerzen?

Zahnschmerzen können unglaublich viele Ursachen haben und je nach Lebensphase variieren. Die ersten Schmerzen beginnen beim Zahnen im Baby- und Kleinkindalter. Wenn die Zähne durch das Zahnfleisch durchbrechen, ist das für die Kleinen oft sehr schmerzhaft und manchmal sogar mit Fieberschüben verbunden. Ein paar Jahre nach dem Zahndurchbruch können die Zahnschmerzen dann aufgrund von Karies entstehen.

Mit Anfang Zwanzig gesellt sich eine neue Schmerzart dazu, die „Perikoronitis“. Diese Art der akuten Zahnfleischentzündung passiert immer dann, wenn ein Weisheitszahn nicht ausreichend Platz im Mund hat. Es bildet sich eine Tasche zwischen Schleimhaut und Zahnkrone und diese entzündet sich dann oftmals sehr schmerzhaft durch Bakterien und Speisereste. Gerade in jungen Jahren schmerzt hie und da sogar kaltes Wasser – es meldet sich der empfindliche Zahnhals und im weiteren Lauf des Lebens stirbt der eine oder andere Zahnnerv ab. Fast immer aufgrund von Karies und auch das ist wahrlich kein Genuss. Die Therapie: Wurzelbehandlung. Doch auch danach tritt nicht immer langfristige Ruhe ein, denn auch das umgebende Knochen­gewebe an der Zahnwurzel kann sich entzünden und schmerzen. Im Alter können Prothesen drücken, und selbst Implantate schützen nicht vor Zahnfleischentzündungen. Zudem verursacht Stress oft Kaumuskelschmerzen durch Pressen und Knirschen – ähnlich wie ein verspannter Nacken.

Wie wirken sich allgemeine Erkrankungen auf die Zahngesundheit aus?

Diabetes spielt eine erschreckend große Rolle bei Parodontitis. Ein hoher Langzeitzucker korreliert mit Attachmentverlust, statistisch verlieren Menschen mit Diabetes die Zähne also früher. Leider funktioniert diese Wechselwirkung auch in die andere Richtung, denn hat ein Diabetespatient Parodontitis, lässt sich der Blutzucker schlechter einstellen als bei gesundem Parodont. Viele Migränepatientinnen und -patienten knirschen oder pressen unbewusst die Zähne, besonders nachts. Das führt zu übermäßigem Abrieb an Zähnen oder zu „Chipping“ also Abplatzen von keramischen Kronen. In der Muskulatur entstehen vermehrt Verspannungen und das wiederum kann Migräne auslösen. Medikamente wie Triptane oder Betablocker können als Nebenwirkung Xerostomie (Mundtrockenheit) haben, das wiederum erhöht das Kariesrisiko.

Welche Erste-Hilfe-Maßnahmen empfehlen Sie bei akuten Zahnschmerzen, bis eine zahnärztliche Behandlung möglich ist?

Nachdem man selbst zumeist nicht weiß, welche Art „Zahnschmerz“ man gerade hat, empfiehlt sich ein Kombi-Hilfspaket: Die Zähne und Zahnzwischenräume gründlich reinigen, mehrmals täglich mit Salbeitee spülen und die betroffene Stelle mit Nelkenöl einreiben. Auch Kälte oder Wärme können je nach Ursache Linderung bringen. Wenn Muskelverspannungen der Grund für die Schmerzen sind, hilft auch Stretching und Entspannung. Im Zweifelsfall sorgt ein Anruf bei der Zahnärztin oder beim Zahnarzt des Vertrauens für Klärung: Vielleicht wurde ja bereits in der Kartei notiert, dass der eine oder andere Zahn Schmerzen verursachen kann. Dann wird das richtige Rezept rasch auf die E-card rezeptiert. Die Prävention liegt tatsächlich in der Hand der Patientinnen und Patienten. Die tägliche richtige Reinigung beugt Karies und Zahnfleischentzündungen effektiv vor, sogar wenn man genetisch prädispositioniert ist. Zähne, Zahnzwischenräume und Zunge müssen einmal täglich gründlichst gereinigt werden. Das zweite Mal putzen darf auch mal im Schnelldurchgang passieren.

Gibt es neuartige Technologien zur Schmerzlinderung?

Die vielleicht angenehmste Neuerung ist die computergestützte Anästhesie bei der Zahnärztin, beim Zahnarzt. Um den Schmerz beim Eintritt des Anästhetikums zu verhindern, misst ein Computer den Druck im Gewebe. Dadurch wird die lästige Spritze zum schmerzfreien Erlebnis. Eine relativ einfache Behandlung bei CMD und Spannungsschmerzen in der Kaumuskulatur erhält mehr und mehr Zustimmung in Fach­kreisen: Botox. 20 – 40 i.eE pro Seite bringen Linderung für drei bis sechs Monate bei Knirschern, Pressern und deren Schmerzen. Karies lässt sich bereits seit einiger Zeit schmerzfrei mittels Laser entfernen. Einziger Nachteil, der Zeitaufwand ist immens und dadurch in der täglichen Praxis nicht durchführbar.


Fotos: istock lemono

Share

Logo medizinpopulär