Mund & Zähne

Zähne pflegen, gesund bleiben


Wer auf seine Mundgesundheit achtet, wird nicht nur mit einem strahlenden Lächeln belohnt, sondern tut dem gesamten Körper etwas Gutes. Wie Zahn- und Allgemeingesundheit zusammenhängen und warum Prophylaxe ein Muss ist, erklärt Dr. Julia Hofer, Zahnärztin in Graz.

Was ist dran am Spruch „Gesundheit beginnt im Mund“?

Darin steckt viel Wahres, denn die Zähne haben viele Funktionen im Körper. Der Mensch braucht ein intaktes Gebiss, um richtig kauen zu können und gesunde Nahrung aufzunehmen. Der Verdauungsvorgang startet bereits durch das Kauen und den Speichelfluss. Je besser und länger die Nahrung zerkaut wird, desto leichter und schneller erfolgen die weiteren Verdauungsschritte im Magen und im Dünndarm. Die Zähne, speziell die Seitenzähne, spielen auch bei der Stabilität des Körpers eine wichtige Rolle. Durch Rezeptoren an Zähnen und Kiefergelenk werden dem Gehirn Informationen über die Lage im Raum gemeldet. Besonders im Alter ist das ein wichtiger Aspekt: Wenn die Sehkraft nachlässt und Zähne am Ende der Zahnreihe fehlen oder Prothesen nicht getragen werden, wird es für das Gehirn immer schwieriger „stabil“ zu bleiben und die Sturzgefahr steigt.

Wie hängt die Zahngesundheit mit der Gesundheit des gesamten Organismus zusammen?

Die Mundhöhle ist kein in sich geschlossenes System, sondern es hängt im wahrsten Sinn des Wortes ein ganzer Mensch dran. Wir wissen heute, dass eine gute Mund­hygiene und Infektionsprophylaxe nicht nur für gesunde Zähne sorgen, sondern sogar systemische Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Stoffwechselerkrankungen positiv beeinflussen können. Andererseits stellt eine unbehandelte Entzündung des Zahnhalteapparates, sprich Parodontitis, ein hohes Risiko für Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems dar. Bereits bestehende kardiovaskuläre Erkrankungen können sich durch Parodontitis verschlimmern. Negative Wechselwirkungen gibt es auch zwischen Parodontitis und Osteoporose sowie Parodontitis und Verengungen der Blutgefäße bis hin zum Schlaganfall oder Herzinfarkt. Infektionen im Mund können auch verschleppt werden und beispielsweise künstliche Herzklappen oder Hüftprothesen befallen.

Welche Rolle spielt das Mikrobiom im Mund?

Ähnlich wie der Darm ist auch der Mund von Mikroorganismen besiedelt. Dieses Mikrobiom wird von uns miternährt und setzt sich aus Hunderten verschiedener Bakterienarten zusammen – förderlichen und schädlichen. Essen wir viel Zucker und einfache Kohlenhydrate, etwa in Form von Weißbrot, Nudeln oder Junkfood, füttern wir die ungünstigen Bakterien im Mund. Die Abbauprodukte dieser Bakterien sind Säuren, die die Zähne auflösen – so entsteht Karies.

Auf welche Alarmzeichen sollte man achten?

Vieles bleibt für die Betroffenen lange unerkannt. So haben etwa Menschen, die rauchen, durch die Verengung der Blutgefäße keine Blutung beim Zähneputzen, obwohl sie womöglich an einer massiven Parodontitis leiden. Hinweise auf eine Parodontitis können ein übler Geruch bzw. Geschmack sowie Blutungen beim Zähneputzen und bei der Zwischenraumpflege sein. Es kann auch zur Lockerung und Stellungsänderung der Zähne kommen. Diese Alarmzeichen kommen jedoch sehr spät, deshalb ist der regelmäßige Check bei der Zahnärztin bzw. beim Zahnarzt so wichtig. Wir setzen auf Früherkennung, um handeln zu können, bevor es zu spät ist.

Also auf jeden Fall regelmäßig zur Kontrolle, auch wenn nichts weh tut?

Auf jeden Fall! Karies spürt man von sich aus nicht. Erst wenn die Karies sehr tief ist und den Nerv erreicht, entstehen Schmerzen. Zu warten, bis man etwas spürt, ist also keine gute Strategie. Ein wichtiges Thema sind auch stille Entzündungen, sogenannte „Silent Inflammations“. Oftmals sind Zähne, das Kiefer und die Nebenhöhlen von verborgenen Entzündungsherden betroffen. Bleiben sie unentdeckt und unbehandelt, können schleichende Entzündungen Alterungsprozesse beschleunigen, Stoffwechselerkrankungen verschlimmern und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Anhand des aMMP-8 Tests, der mit einer einfachen Speichelprobe durchgeführt wird, kann man stille Entzündungen aufspüren und dann entsprechend behandeln. Der Vorteil des Tests, der innerhalb weniger Minuten ein Ergebnis liefert, besteht darin, dass wir nicht warten, bis sich Gewebe und Knochen abbauen und der Körper Schaden nimmt, sondern vorausschauend handeln. Idealerweise wird der Test im Rahmen der professionellen Zahnreinigung durchgeführt, um potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen und zu therapieren.

„Jedes Kind kostet der Mutter einen Zahn“: Was hat es damit auf sich?

Eine Schwangerschaft ist auch in der Mundhöhle ein Ausnahmezustand, der u. a. durch veränderte Essgewohnheiten, hormonelle Umstellung, erhöhte Durchblutung und ein erhöhtes Risiko für Entzündungen gekennzeichnet ist. Schwangere mit einer unbehandelten Parodontitis haben ein vierfach höheres Risiko einer Frühgeburt. Auch Frauen mit Kinderwunsch sollten Entzündungen im Körper und speziell im Mund vermeiden. Mit einer individuellen und konsequenten Mundhygiene sollten die Zähne die Schwangerschaft gut überstehen.

Werden „gute“ bzw. „schlechte“ Zähne vererbt?

Die Mundgesundheit kann man in vielerlei Hinsicht selbst positiv beeinflussen, indem man etwa auf das orale Mikrobiom achtet, sich gesund ernährt, auf das Rauchen verzichtet, gut mit Vitamin D versorgt ist und eine konsequente Mundhygiene durchführt. Es gibt jedoch auch Faktoren, die tatsächlich angeboren sind, wie die Fähigkeit des Speichels Säuren zu neutralisieren oder eine ausgeprägte Anfälligkeit für Parodontitis. Wenn Mutter oder Vater die Zähne sehr früh verloren haben, wäre das ein Indiz. Objektive Ergebnisse dazu liefert die sogenannte „IL 1 Risikoanalyse“. Durch einen einfachen Abstrich der Mundschleimhaut lässt sich das individuelle, genetisch bedingte Parodontitis-Risiko bestimmen. 


Fotos: © istock Marie Menz, istock wongmbatuloyo

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