Arthrose: Wie Sie gelenkig bleiben

Oktober 2006 | Medizin & Trends

Mindestens 600.000 Österreicherinnen und Österreicher leiden an Arthrose. Die Gelenksabnutzung kann heute gut therapiert werden. Allerdings müssen die Betroffenen die ersten Anzeichen der Krankheit ernst nehmen und sich möglichst früh in ärztliche Behandlung begeben. Dann haben sie gute Chancen, schmerzfrei und gelenkig zu bleiben.
 
Von Mag. Wolfgang Bauer

Unser Bewegungsapparat verfügt über eine Vielzahl von Gelenken. Sie sorgen dafür, dass die mehr als 200 Knochen unseres Skeletts beweglich sind. Ein Flüssigkeitsfilm, die so genannte Gelenkschmiere, erleichtert diese Bewegungen. Eine Art Stoßdämpfer, der Gelenkknorpel, schützt die Knochen vor harten oder plötzlichen Bewegungen. Wenn sich das weiche Knorpelmaterial abnutzt, gleitet das Gelenk nicht mehr so leicht. Schwindet der schützende Knorpel so weit, dass der darunter liegende Knochen frei liegt, muss der Knochen selbst die Belastungen abfedern. Dazu bildet er eine Verdickung, um den fehlenden Knorpel zu ersetzen. Und das tut sehr weh und beeinträchtigt die Beweglichkeit des Gelenks.

Die Arthrose, wie die Gelenksabnutzung in der Fachsprache genannt wird, ist die mit Abstand häufigste Gelenkserkrankung. „Man kann sie angesichts der hohen Zahl an Betroffenen durchaus als Volkskrankheit bezeichnen. Mehr als die Hälfte der Betroffenen ist älter als 60. Was nicht heißt, dass die Arthrose nur eine Erkrankung des höheren Alters ist, denn bereits ab dem 30. Lebensjahr können die Gelenke unter Abnutzung leiden“, sagt Dr. Thomas Schwingenschlögl, Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie in Wiener Neudorf.

Die schmerzhaften Abnutzungserscheinungen treten bei den Betroffenen vor allem an jenen Gelenken auf, die am meisten beansprucht werden: an Hand- und Fingergelenken mehr als 40 Prozent, am Kniegelenk 35 bis 40 Prozent, am Hüftgelenk 10 bis 12 Prozent. Aber auch Sprung-, Schulter-, Ellbogen- und Zehengelenke sind von der Abnutzung betroffen, wenn auch in geringerem Ausmaß.

Falsche Belastung

Häufigste Ursache einer Arthrose ist eine jahrelange Überbeanspruchung der Gelenke durch einseitige Belastungen, zum Beispiel durch extreme sportliche Tätigkeiten oder bestimmte Fehlhaltungen am Arbeitsplatz. Auch angeborene Fehlstellungen wie X- oder O-Beine können das Entstehen einer Arthrose begünstigen, weil sie zu einer ungleichen Belastung von Gelenken führen. Übergewicht kann ebenfalls die Gelenke zu stark beanspruchen und den Knorpelabbau beschleunigen. Vielfach unterschätzt wird, dass auch zu wenig Bewegung für das frühe Entstehen einer Arthrose verantwortlich ist. Nicht selten wird der Grundstock dafür bereits in der Kindheit gelegt. Wenn nämlich stundenlanges Sitzen vor dem Bildschirm das Herumtollen im Freien ersetzt, kommt der so wichtige Muskelaufbau zu kurz. Ist die stützende Muskulatur zu schwach ausgebildet, werden verschiedene Belastungen auf die Gelenke übertragen.

Erste Anzeichen ernst nehmen

Die Zellen der Knorpelschicht können keinen Schmerz wahrnehmen. Daher bleiben die Verschleißerscheinungen lange Zeit unbemerkt, Schmerzen treten erst in sehr fortgeschrittenem Stadium auf. Dr. Schwingenschlögl: „Deshalb ist es so wichtig, die Gelenksabnutzung so früh wie möglich zu entdecken und mit den entsprechenden Behandlungsmöglichkeiten zu beginnen. Nur so kann man das Voranschreiten der Abnutzung stoppen und die Betroffenen können weitgehend schmerzfrei und mobil bleiben.“

Alarmzeichen für Arthrose

  • Gelenksteifigkeit: Vor allem die ersten Bewegungen nach einer Ruhelage bereiten Schmerzen („Morgensteifigkeit“). Wenn man sich bewegt, bessern sich die Schmerzen allmählich. 
  • Gelenksgeräusche („Knacksen“) bei Belastungen können ein Hinweis auf eine beginnende Arthrose sein.
  • Kraftlosigkeit: Wenn zum Beispiel Gegenstände aus der Hand fallen oder Verschlüsse nicht mehr geöffnet werden können. Manche haben auch das Gefühl, dass das Knie oder die Hüfte plötzlich nachgibt.
  • Eingeschränkte Bewegung: Wenn der Bewegungsumfang abnimmt, zum Beispiel wenn das Anziehen des Mantels schwierig wird oder Schmerzen bereitet, so kann das der Beginn einer Abnutzung des Schultergelenks sein.

Ob es sich bei den genannten Symptomen um eine beginnende Arthrose handelt, kann durch Röntgenaufnahmen sowie mit Hilfe der Magnetresonanztomographie zweifelsfrei geklärt werden.

Moderne Therapien

„Eine Arthrose-Behandlung ist umso erfolgreicher, je früher sie einsetzt“, betont Schwingenschlögl und verweist auf ein ausgeklügeltes Therapieschema, das von der Einnahme von Medikamenten über physikalische Therapie und Heilgymnastik bis hin zur Magnetfeldtherapie reicht. Da sind zunächst jene Präparate zu nennen, die den weiteren Knorpelabbau verhindern und die Beweglichkeit der Gelenke verbessern. Dr. Schwingenschlögl: „Bei großen Gelenken wie Knie oder Hüfte hat sich die Injektion von Hyaluronsäure bewährt. Sie wird direkt in das Gelenk verabreicht, man verspürt dabei lediglich einen Stich wie bei einer Blutabnahme. Diese Substanz bildet einen Schutzfilm über dem Knorpel und vermindert das Reiben der Gelenkflächen. Ein Effekt, der oft jahrelang anhält, bevor man die Therapie wiederholen muss.“ Die Verabreichung von Hyaluronsäure verbessert sogar dann noch den Gleiteffekt der Gelenke, wenn kaum mehr Knorpelmasse vorhanden ist. Und seit kurzem kann man mit dieser Substanz auch die Abnutzung kleinerer Gelenke wie des Daumensattelgelenks oder des Zehengrundgelenks erfolgreich behandeln.

Nicht schonen!

So paradox es klingt: Wer unter Arthrose leidet, sollte sich bewegen. Denn Bewegung fördert die Beweglichkeit und stärkt die Muskulatur, wodurch das Gelenk entlastet wird. „Es sollte sich jedoch um die richtige Bewegung handeln. So haben sich zum Beispiel bei Kniearthrosen Radfahren und Nordic Walking bewährt. Bei Hüftarthrosen wiederum hilft eine gezielte Heilgymnastik. Auch Unterwassergymnastik ist eine sehr effektive Arthrosetherapie. Unter Wasser können sich nämlich die Patienten durch den Auftrieb leicht und schmerzarm bewegen“, sagt Dr. Schwingenschlögl.

Neues zum Schlucken

Als orale Therapieform sind die sehr nebenwirkungsarmen Medikamente auf Basis von Chondroitin- und Glucosaminsulfat zu nennen. Ganz neu ist das Therapiekonzept mit Diacerin, einer Substanz, die den für die Gelenksentzündung und -zerstörung verantwortlichen Botenstoff Interleukin-1 hemmt und damit Schmerzen vermindert und den Knorpel schützt. „Für all diese Präparate gilt allerdings, dass sie ihre volle Wirkung erst nach einer regelmäßigen Einnahme von sechs bis acht Wochen entfalten. Sie hält jedoch nach Absetzen der Medikamente noch längere Zeit an, so dass die Patientinnen und Patienten nach einer Einnahme von drei Monaten ebenso lange pausieren können“, so der Experte.

Antirheumatika sind die mit Abstand am häufigsten verwendeten Medikamente, die zur Schmerzlinderung und Entzündungshemmung bei Arthrosen zum Einsatz kommen. Ihre Verabreichung gehört allerdings unbedingt in ärztliche Hand, um falsche Dosierungen und unerwünschte Nebenwirkungen zu verhindern.

Besonders in Verbindung mit Knorpelaufbauinjektionen erzielt man auch mit der Magnetfeldtherapie gute Erfolge. Legt man sich auf die Magnetfeldmatte, so wird das Gewebe besser mit Sauerstoff versorgt und Stoffwechselschlacken werden verstärkt abtransportiert, so dass Entzündung und Schmerz zurückgehen.

So beugen Sie vor

„Die erfolgreichste Therapie ist allerdings die Prävention. So sollte man einseitige Belastungen der Gelenke vermeiden, etwa durch extremen Sport, im Beruf oder durch Übergewicht. Dazu gehört auch, dass angeborene Fehlstellungen rechtzeitig korrigiert werden und dass man durch regelmäßige moderate Bewegung die Muskulatur stärkt. Das sind die einfachsten Rezepte, um Arthrose zu vermeiden oder eine beginnende Abnutzung zum Stillstand zu bringen“, betont Dr. Schwingenschlögl.


   

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