Wer zwei Hände hat kann helfen

September 2024 | Herz, Kreislauf & Gefäße

Am 14. September erinnert der Welttag der Ersten Hilfe daran, wie wichtig es ist, im Notfall mit zwei Händen Leben zu retten.

Von Doris Simhofer

Es kann jeden treffen, statistisch gesehen jeden Zehnten. Einen plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand außerhalb einer Klinik erleiden jährlich etwa 12.000 Menschen in Österreich, rund 10.000 versterben. Das müsste nicht sein, wenn rechtzeitig Erste Hilfe geleistet wird. Hand aufs Herz: Leisten Sie ohne nachzudenken erste Hilfe? Dann gehören Sie einer Minderheit an, denn nur etwa 15 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher trauen sich das zu. Der Rest ist unsicher, ängstlich oder hat den letzten Erste-Hilfe-Kurs möglicherweise im Zuge der
Führerscheinprüfung gemacht.

Prim. PD Dr. Helmut Trimmel „Rasches und effektives Handeln ist enorm wichtig. Bei einem Herzstillstand zählt jede Sekunde!“

„Ohne Wiederbelebung durch Ersthelferinnen und Ersthelfer sinken die Überlebenschancen bei einer leblosen Person um etwa zehn bis 15 Prozent pro Minute. Nach vier bis fünf Minuten führt ein akuter Sauerstoffmangel zu irreversiblen Schädigungen des Gehirns“, warnt Prim. PD Dr. Helmut
Trimmel, Leiter der Abteilung Anästhesie, Notfall- und Allgemeine Intensivmedizin am Landesklinikum Wiener Neustadt und Vorsitzender der Sektion Notfallmedizin in der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI). „Rasches und effektives Handeln ist enorm wichtig. Bei einem Herzstillstand zählt jede Sekunde. Die Überlebensrate verdreifacht sich, wenn Ersthelferinnen und -helfer sofort reanimieren, bis professionelle Hilfe eintrifft.“

In Österreich trifft in der Regel bereits nach acht bis elf Minuten eine Notärztin, ein Notarzt bzw. die Rettung ein. Erste Hilfe zu leisten, heißt Leben zu retten, denn kommt es zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand, wird kein Blut zu den Körperzellen transportiert. „Damit werden lebenswichtige Organe nicht mehr mit Sauerstoff versorgt, vor allem das Herz und das Gehirn“, betont Trimmel. „Erfolgt die Wiederbelebung zu spät, können sich diese Organe auch mit allen Mitteln der modernen Intensivmedizin nicht mehr erholen.“

Das ist zu tun

Das Wichtigste bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand ist, sofort mit einer Herzdruckmassage zu beginnen. „Die Empfehlungen für die Reanimation durch Ersthelferinnen und Ersthelfer haben sich in den vergangenen Jahren vereinfacht“, erklärt Primarius Trimmel. So ist heute ununterbrochene Herzdruckmassage, also die Kompression des Brustkorbes, wichtiger als die Beatmung. „Da bei einem plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand das Blut zunächst meist noch eine ausreichende Sauerstoffsättigung aufweist, ist die Wiederherstellung der Zirkulation des Blutes das primäre Ziel. Deshalb muss nicht sofort mit einer Mund-zu-Mund-Beatmung begonnen werden“, erklärt der Mediziner.

Bei der Herzdruckmassage wird durch einen senkrechten Druck auf die Mitte des Brustbeins der Brustkorb etwa fünf Zentimeter (bei Erwachsenen) tief gedrückt, sodass das Blut aus dem Herzen in die Aorta fließen kann. Beim Entlasten des Brustkorbs füllt sich das Herz wieder und hat bei der nächsten Kompression wieder genug Blut, das in die Aorta gepumpt werden kann. Diese Bewegung sollte zirka 100-mal pro Minute durchgeführt werden.

Die Dauer der Bewusstlosigkeit spielt für die Prognose eine wichtige Rolle. Wenn Ersthelfende sofort mit einer Reanimation beginnen, ist die sogenannte „No-flow-time“ geringer. So wird jene Zeit bezeichnet, in der die Thoraxkompression nicht erfolgt oder unterbrochen wird. Je durchgängiger die Herzmassage erfolgt, desto geringer ist das Risiko einer Hirnschädigung.

Wann der Defibrillator nötig ist

Bestimmte Formen des Herz-Kreislauf-Stillstands führen zum Zusammenbruch des Blutflusses, medizinisch wird dies als Kammerflimmern bezeichnet. Dabei sind die Herzmuskelfasern völlig unkoordiniert aktiv, durch einen genau dosierten „Stromstoß“ kann dieser Zustand beendet werden. Je rascher der Defibrillator in diesem Fall eingesetzt wird, desto höher ist die Chance, dass das Herz wieder koordiniert zu pumpen beginnt. Ein Defibrillator ist tatsächlich „selbsterklärend“. Er wird eingeschaltet und eine Stimme am Gerät gibt alle Anweisungen selbstständig ab. Zunächst werden zwei Elektroden auf den Brustkorb der Patientin oder des Patienten geklebt, danach misst der Defibrillator die Vitaldaten. Ab nun folgt man dem Kommando der Stimme: „Patient nicht mehr berühren“ und weiters „Schock abgeben“. Danach wird weiter reanimiert. Alle zwei Minuten gibt der Defi seine Anweisung „Zurücktreten“ und misst die Daten der Patientin oder des Patienten.

Reanimiert wird so lange, bis der Patient entweder zu sich kommt oder die Notärztin, der Notarzt eingetroffen ist. Mediziner Trimmel beruhigt: „Keine Angst, Sie können nichts falsch machen. Nur nichts zu tun, wäre falsch.“


fotoS: (c) zvg, istock: PlatooStudio

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