Impfen gegen Brustkrebs

Oktober 2024 | Frauengesundheit, Krebs

Können wir uns gegen Brustkrebs bald impfen lassen? Eine österreichische Studie liefert vielversprechende Erkenntnisse.

Von Michaela Neubauer

Univ.-Prof. Dr. Christian Singer „Es war beeindruckend zu sehen, dass sich sieben Jahre nach der Behandlung das Risiko für Rückfälle und Metastasen halbiert hat.“

Seit Jahren arbeiten Wissenschafterinnen und Wissenschafter weltweit an neuen Methoden zur Bekämpfung von Krebs. Eine der spannendsten Entwicklungen betrifft die Immuntherapie – ein Ansatz, bei dem das körpereigene Immunsystem aktiviert werden soll, um Krebszellen anzugreifen. Univ.-Prof. Dr. Christian Singer, Experte für gynäkologische Onkologie an der Medizinischen Universität Wien, hat seit 2012 eine Brustkrebs-Studie geleitet, die in 17 Krankenhäusern in ganz Österreich durchgeführt wurde. Untersucht wurde dabei der Einsatz eines Impfstoffs, um das Immunsystem gegen bösartige Brusttumore zu stärken – mit faszinierenden Ergebnissen.

Der Beginn einer bahnbrechenden Studie

„Wir haben vor mehr als zehn Jahren mit der Studie rund um den Impfstoff Stimuvax begonnen und damals die Frage aufgeworfen, ob man mit einer Impfung die Immunantwort von Patientinnen stimulieren kann, damit das Immunsystem den Krebs effektiver bekämpft“, berichtet Singer. Die Studie untersuchte Frauen im frühen Krebsstadium, die den Tumor noch in sich trugen und neoadjuvant behandelt wurden, also vor einer Operation eine Chemotherapie oder antihormonelle Therapie erhielten. „Von den 400 Frauen in der Studie erhielten 200 die Impfung zusätzlich zur Standardtherapie, die anderen 200 bekamen nur die Standardtherapie“, so Singer. Einzige Ausnahme war die Subgruppe von HER2-positiven Tumoren, da es für diese bereits andere Behandlungsoptionen gibt. „Zum ersten Mal konnten wir weltweit zeigen, dass eine Impfung auch beim Brustkrebs wirkt“, sagt Singer. Während Impfstoffe bereits bei anderen Krebsarten wie Lungenkrebs oder Melanom Fortschritte erzielt hatten, war dies beim Brustkrebs eine völlig neue Entdeckung. „Das Potenzial dieser Therapie ist riesig.“

Unerwartete Ergebnisse

Zu Beginn der Studie waren die Forschenden noch skeptisch, ob die Impfung den erhofften Effekt zeigen würde. „Wir haben zunächst untersucht, ob die zusätzliche Therapie zur Standardbehandlung die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass der Krebs verschwindet“, erinnert sich Singer. Allerdings war das Ergebnis enttäuschend: „Es tat sich überhaupt nichts – der Tumor blieb bestehen.“ Doch die Forschenden gaben nicht auf und führten sieben Jahre später eine Nachuntersuchung durch. „Was wir dann entdeckten, war sensationell“, berichtet Singer. „Das Risiko eines Rückfalls und vor allem das Metastasenrisiko war halbiert. Doppelt so viele Patientinnen lebten noch im Vergleich zur Gruppe, die keine Impfung erhalten hatte.“ Dies führte zu der Erkenntnis, dass der Effekt der Impfung nicht auf den Rückgang des Tumors zurückzuführen ist, sondern auf andere, bisher unbekannte Mechanismen des Immunsystems. Die Probandinnen erhielten während ihrer sechsmonatigen Therapie insgesamt zwölf Impfungen. „Es gab keine signifikanten zusätzlichen Nebenwirkungen im Vergleich zur Standardtherapie. Unsere Studie zeigt, dass der Impfstoff Frauen in einem frühen Brustkrebsstadium einen Überlebensvorteil verschaffen kann“, betont Singer.

Der Weg zur Zulassung

Trotz der vielversprechenden Ergebnisse steht die Impfung noch nicht für den breiten Einsatz zur Verfügung. „Die Studie ist mittlerweile zwölf Jahre her, für eine weltweite Zulassung braucht es noch größere Forschungen mit tausenden von Patientinnen“, erklärt Singer. Derzeit laufen zwar mehrere Zulassungsstudien, doch es werden noch mehr Daten benötigt, um die Sicherheit und Wirksamkeit der Impfung umfassend zu bestätigen. „Wir müssen sicherstellen, dass die Impfung kaum Nebenwirkungen hat, besonders effektiv ist und festlegen, welche Gruppen am meisten davon profitieren“, sagt Singer. „Es gilt auch herauszufinden, ob es Patientinnen gibt, für die die Impfung vielleicht weniger geeignet ist.“


Breast Cancer Awareness Month im Oktober:

Der Oktober ist weltweit als Breast Cancer Awareness Month bekannt und widmet sich der Sensibilisierung für Brustkrebs – der häufigsten Krebserkrankung bei Frauen. Jährlich erkranken in Österreich etwa 6.000 Frauen daran. Bis Ende 2022 standen Frauen zwischen 45 und 69 Jahren im Fokus des Früherkennungsprogramms, die Altersgrenze wurde seit Jänner 2023 auf 45 bis 74 Jahre ausgeweitet. Durch Informationskampagnen, Fundraising-Events und die pinke Schleife als Symbol werden Menschen im Oktober auf die Bedeutung von Früherkennung, Prävention und Forschung aufmerksam gemacht. Organisationen und Betroffene arbeiten gemeinsam daran, das Bewusstsein zu schärfen und Spenden für die Forschung zu sammeln. Ziel ist es, das Überleben zu verbessern und den Kampf gegen Brustkrebs zu stärken. Informationen: www.pinkribbon.at


Fotos: (c) med uni wien, istock: cienpies

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