Ob Bluthochdruck, Gelenkschmerzen, Vergesslichkeit oder depressive Verstimmungen: Probleme wie diese stellen sich mit den Jahren häufig ein. Doch es gibt ein gutes Mittel gegen verbreitete Alterserscheinungen, und das heißt Bewegung. Wie es gelingt, mit Sport länger fit, gesund und jung zu bleiben.
Von Mag. Sabine Stehrer
Die schlechte Nachricht zuerst: Schon mit Beginn des dritten Lebensjahrzehnts beginnt der Mensch abzubauen. So nimmt etwa die Muskelmasse ab, die Knochendichte verringert sich. Mit den Jahren verlieren so wie die Haut und das Bindegewebe zudem auch Gefäße und Gelenkknorpel ihre Elastizität und Festigkeit, was unter anderem Bluthochdruck und Gelenkschmerzen zur Folge haben kann. Und spätestens ab dem 50er macht sich Vergesslichkeit bemerkbar, die Gehirnleistung sinkt, während der Hang zu depressiven Verstimmungen steigt. Doch nun das Gute: Es gibt ein Mittel gegen die verbreiteten Alterserscheinungen – und das heißt Bewegung. Immer mehr Studien zeigen, dass Sport sogar ein universeller, wahrer Jungbrunnen ist.
Bewegung hält länger fit, gesund und jung: Das weiß auch Dr. Robert Fritz von der Sportordination in Wien. „Sport ist für alles gut“, erklärt er und ergänzt, was er mit „alles“ meint.
Gut für Bewegungsapparat & Herz-Kreislauf-System
Da wäre einmal der Bewegungsapparat, bestehend aus Muskeln, Knochen, Gelenken, Bändern und Sehnen. Fritz: „Der Bewegungsapparat profitiert von regelmäßigem Sport erwiesenermaßen insofern, als die Muskelmasse durch die Beanspruchung zunimmt, die Knochen dichter werden, Gelenkknorpel und damit die Gelenke länger gesund bleiben und die Bänder und Sehnen länger ihre Elastizität behalten.“ Das hilft gegen altersbedingten Muskelschwund, beugt der Osteoporose, also dem Knochenschwund vor, schützt vor schmerzhaften Gelenkabnützungen und vor Stürzen, die im Alter oft zu bleibenden Behinderungen führen.
Ebenfalls in zahlreichen Studien bewiesen ist die positive Wirkung von Sport auf das Herz und den Kreislauf. „Durch Sport wird das Herz-Kreislauf-System gestärkt“, so Fritz. Regelmäßiges Training kräftigt den Herzmuskel, dadurch tut sich das Herz beim Pumpen des Bluts durch den Körper leichter. So wird der Blutdruck gesenkt, wodurch das Risiko für Gefäßverengungen und Herzerkrankungen bis hin zum Herzinfarkt abnimmt.
Schutz vor Diabetes Typ 2, Krebs & Depressionen
Des Weiteren wirkt sich regelmäßiger Sport nachweislich günstig auf bestimmte hormonelle Vorgänge aus. Das bringt unter anderem mit sich, dass mehr Energie aus der Nahrung verbraucht wird und so Übergewicht schwindet. Durch die Verbesserungen im Hormonhaushalt sinken laut Fritz aber auch die Gefahren für die Stoffwechselerkrankung Diabetes mellitus Typ 2, also die altersbedingte Zuckerkrankheit, sowie für schlechte Blutfettwerte – und somit auch für Gefäßerkrankungen, die zum Schlaganfall führen können. „Nachgewiesen ist außerdem, dass Sport vor Krebserkrankungen schützt“, so Fritz. Und zwar insbesondere vor Prostatakrebs, Brustkrebs und Darmkrebs. Dies gelingt, indem durch die Bewegung Entzündungsreaktionen gehemmt und die Reparatur von Körperzellen vorangetrieben werden. Obendrein senkt Sport aufgrund der erhöhten Ausschüttung von Glückshormonen erwiesenermaßen die Risiken für Depressionen, auch für Ängste und Demenz. Da das Gehirn bei der Bewegung stärker durchblutet – und daher auch besser mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt wird, nimmt schließlich noch die Vergesslichkeit ab, die geistige Leistungsfähigkeit hingegen zu.
150 Minuten Ausdauersport pro Woche
Nur wie genau wird Sport zum Jungbrunnen? Welcher Sport soll ausgeübt werden, wie lang muss gesportelt werden und wie oft, damit die genannten Wirkungen gegen die Alterserscheinungen eintreten? Basierend auf den diesbezüglichen Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation WHO ließ nun auch das Bundesministerium für Gesundheit „Österreichische Empfehlungen für gesundheitswirksame Bewegung“ erstellen. Danach sollten Herr und Frau Österreicher im Wesentlichen 150 Minuten pro Woche Ausdauersport in mittlerer Intensität oder 75 Minuten in höherer Intensität betreiben sowie zusätzlich an zwei Tagen der Woche ein Krafttraining absolvieren, um die Muskeln zu stärken.
Fritz über Details, die die Wirkung des Trainings gewährleisten: „Den Ausdauersport, egal ob 150 Minuten in mittlerer Intensität oder 75 Minuten in höherer Intensität, verteilt man am besten auf drei Tage, wobei eine Trainingseinheit mindestens zehn Minuten dauern sollte.“ Mittlere Intensität bedeutet, dass während des Trainings gerade noch gesprochen werden kann, bei höherer Intensität ist kein Gespräch mehr möglich. Die Wahl des Ausdauersports bleibt jedem selbst überlassen – ob Laufen, Radfahren, Schwimmen oder Bergsteigen: „Wichtig ist, dass der Sport Spaß macht, damit man auch dabei bleibt“, sagt Fritz. Nach einigen Monaten des Trainings kann, wer das möchte, den Umfang des Ausdauertrainings erhöhen und sich wöchentlich 300 Minuten in mittlerer Intensität oder 150 Minuten in hoher Intensität bewegen.
Wöchentlich 60 bis 80 Minuten Krafttraining
Das Krafttraining kann laut Fritz nach Belieben entweder mit dem eigenen Körpergewicht durchgeführt werden – „Kniebeugen, Liegestütze, Sit-ups und Klimmzüge eignen sich zum Beispiel bestens dafür“ – oder an Geräten: Beides am besten nach einer Anleitung durch einen Trainer, der die Übungen vorzeigt und die Intensität auf das Können abstimmt. Fritz: „Ein effektives Training der Muskulatur umfasst etwa acht bis zehn Übungen und dauert zirka 30 bis 40 Minuten.“ Da man an zwei Tagen der Woche die Muskeln stärken soll, sind für das Krafttraining wöchentlich 60 bis 80 Minuten vorzusehen.
Täglich die Koordination trainieren
Zusätzlich zu diesem Programm empfiehlt Sportmediziner Fritz ein tägliches Koordinationstraining, bestehend etwa darin, dass man sich morgens oder abends auf einem Fuß stehend die Zähne putzt oder Übungen auf einem Wackelbrett macht. „Ein solches Training steigert die Koordinationsfähigkeit und den Gleichgewichtssinn“, so Fritz. Dies, indem die Bestandteile des Bewegungsapparats nach und nach schneller auf Reize reagieren, die sie über die Nervenbahnen erhalten. Aber nicht nur das: Die Wackelübungen tun zudem den Knorpeln der Gelenke gut und halten die Bänder und Sehnen elastisch, was beispielsweise bei Ausrutschern vor Verletzungen schützt.
Effekte schnell merkbar und messbar
Bleibt nur noch die Frage: Wie lang dauert es, bis die Effekte von Sport eintreten, sich die Bewegung merkbar und messbar als Jungbrunnen erweist? Wer sich an die obigen Empfehlungen hält, kann damit rechnen, dass sich die Wirkungen schnell zeigen. So werden sich die Kraft und die Ausdauer bereits nach wenigen Wochen des Trainierens verbessert haben. Gesunde Auswirkungen auf den Blutdruck und die Blutwerte werden ebenfalls binnen dieser Zeitspanne eingetreten sein. Die Koordinationsfähigkeit wird bereits nach wenigen Tagen gestiegen sein. Und die positiven Wirkungen auf die Gehirnleistung und die Psyche treten noch schneller ein – nämlich schon während des Trainings oder spätestens unmittelbar danach.
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So sportlich sind Herr & Frau Österreicher
Aus Umfragen geht immer wieder hervor, dass ein Drittel der Österreicherinnen und Österreicher nie Sport betreibt und ein weiteres Drittel kaum. Aber immerhin ein Drittel hält sich bereits jetzt an die Empfehlungen der WHO und des Bundesministeriums für Gesundheit bzw. sportelt in etwa dementsprechend.
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Zahlen & Fakten:
Wie wird Bewegung gesundheitswirksam?
Pro Woche: Insgesamt 150 Minuten Ausdauersport (Laufen, Radfahren, Schwimmen,…) in mittlerer Intensität (Reden ist gerade noch möglich) oder 75 Minuten in höherer Intensität (Reden ist nicht mehr möglich). Am besten verteilt auf drei Tage.
Insgesamt 60 bis 80 Minuten Krafttraining (mit dem eigenen Körpergewicht oder an Geräten) in der Intensität, die idealerweise von einem Trainer angegeben wird. Verteilt auf zwei Tage.
Die optimale Ergänzung: Koordinationstraining, täglich etwa drei bis vier Minuten entweder während des Zähneputzens, auf einem Bein stehend oder in Form von Übungen auf einem Wackelbrett.
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Wann zur sportmedizinischen Untersuchung?
Wer bereits über 35 Jahre alt ist, bisher sportlich wenig oder gar nicht körperlich aktiv war, und/oder an Schäden am Bewegungsapparat und/oder an einer chronischen Erkrankung leidet, sollte sich vor dem Start in ein sportliches Leben sportmedizinisch untersuchen lassen, empfiehlt Sportmediziner Dr. Robert Fritz. Dabei wird geprüft, welche Belastungen beim Ausdauer- und Krafttraining optimal sind, sowie in welchem Zeitabstand welche Steigerungen möglich wären. Auch gibt es Hilfen bei der Wahl der geeigneten Sportart: Jemand, der Knieprobleme hat, sollte beispielsweise die Ausdauertrainingseinheiten eher auf dem Fahrrad absolvieren als laufend und die Kraft statt in Form von Kniebeugen an gelenkschonenden Geräten trainieren.
Foto: iStock, Halfpoint