mit Übungen für den Rücken
Das Kreuz mit dem Kreuz führt die Statistik gleich in mehrfacher Hinsicht an: Von Rückenleiden ist fast jeder irgendwann im Leben betroffen, sie zählen zu den häufigsten Gründen für Krankenstände und Frühpensionierungen und nehmen unter den Krankheiten des Bewegungsapparates die erste Stelle ein. Lesen Sie in MEDIZIN populär, wie man den Rücken gesund und stark hält.
Von Mag. Sabine Stehrer
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INTERVIEW
Langes Sitzen, psychisches Leid & Co.:
Was aufs Kreuz schlägt
Primar Univ. Doz. Dr. Martin Friedrich, Leiter der Abteilung für orthopädische Schmerztherapie am Orthopädischen Spital Speising in Wien, über die körperlichen und seelischen Ursachen von Rückenschmerzen und die neue Rundum-Behandlung.
MEDIZIN POPULÄR
Herr Primar Friedrich, man weiß, dass 60 bis 85 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher irgendwann in ihrem Leben von irgendeinem Rückenleiden betroffen sind. Für wen ist das Risiko besonders groß, Kreuzschmerzen zu bekommen?
Primar Univ. Doz. Dr. Martin Friedrich
Besonders gefährdet ist, wer berufsbedingt lang sitzen, stehen oder schwer heben muss. Eher gefährdet sind auch 40- bis 55-Jährige, weil da etwaige Belastungen eben schon längere Zeit bestehen. Und auch wer psychische Probleme hat, ist mehr gefährdet als andere. Da kann es sein, dass die Seele aufs Kreuz schlägt.
Wie können außerhalb der Risikogruppen Rückenschmerzen entstehen?
Schuld an akuten Rückenschmerzen, die chronisch werden können, sind Fehlbelastungen, wie zum Beispiel einseitige Belastungen, Überbelastungen oder Unterbelastungen durch Bewegungsmangel. Außerdem besteht noch die Möglichkeit organischer Ursachen. Entzündungen, Verletzungen, tumoröse Erkrankungen, Arthrose, Bandscheibenschäden und anderes mehr können Rückenschmerzen verursachen. Und eben auch die erwähnten psychischen Probleme.
Welche sind das?
Da reicht die Palette von der Unzufriedenheit mit der beruflichen oder der privaten Situation bis hin zu Depressionen.
Heute wird Bewegung gegen Schmerzen empfohlen. Warum?
Der größte Fehler, den leider viele Betroffene begehen, ist, dass sie sich bei akuten Schmerzen hinlegen und warten, bis der Schmerz weg ist. Mit diesem Schonverhalten begibt man sich in eine teuflische Spirale. Denn unser Bewegungsapparat will das machen, wonach er benannt ist: Er will sich bewegen, dann geht es ihm gut. Bewegt man ihn nicht, geht es ihm schlecht, und der Schmerz kann chronisch werden. Also lässt man sich am besten gleich beim ersten Auftreten eines akuten Rückenschmerzes ärztlich untersuchen. Je früher, desto besser, denn je früher die Ursachen erkannt werden, desto besser kann man einer Verschlimmerung entgegenwirken oder eine Heilung erzielen.
Wie läuft die Untersuchung ab?
Wir schauen zunächst nach den schon genannten spezifischen Ursachen wie Bandscheibenschäden, Arthrose etc. Wenn klar ist, dass es keine solchen Ursachen gibt, die behandelt werden müssten, sondern es sich um einen unspezifischen Rückenschmerz handelt, wird den Patienten ein Schmerzmittel angeboten, das vorübergehend genommen werden kann und ermöglicht, im Alltag möglichst aktiv zu bleiben. Stecken psychische Probleme hinter den Schmerzen, sprechen wir die Betroffenen auch darauf an, ob sie nicht therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen möchten. Und wir raten natürlich zu körperlicher Aktivität.
Bei einem Rückenleiden bräuchten manche Betroffene also eine Rundum-Behandlung für Körper und die Seele?
Ja, besonders dann, wenn es mehrere Ursachen für die Rückenschmerzen gibt und aus den akuten Rückenschmerzen bereits chronische geworden sind, die zu beträchtlichen Einschränkungen der Aktivitäten des täglichen Lebens geführt haben. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, eine solche Rundum-Behandlung zu schaffen. Sie soll aus einem intensiven mehrwöchigen Programm bestehen. Das Programm soll eine physische Komponente beinhalten, also ein Bewegungstraining, unter anderem ein Kraft- und Ausdauertraining, eine psychologische Betreuung besonders in Form der kognitiven Verhaltenstherapie. Und schließlich soll sie noch eine arbeitsbezogene Komponente beinhalten, bei der wir den Patienten zeigen, wie sie ihren Arbeitsalltag in Zukunft rückenfreundlich gestalten. Bei dieser Mischung, die es in den USA und in Deutschland schon gibt, wird und bleibt der Rücken wesentlich häufiger gesund als in Fällen, in denen nur mit einer Komponente gearbeitet wird. Wir planen, das Programm in mehreren Zentren in Österreich anzubieten.
Welche sind die idealen körperlichen Aktivitäten, um den Rücken gesund zu halten?
Wer schon einmal akute Rückenschmerzen hatte, sollte eine Physiotherapie machen, bei der man Übungen erlernt, die auf die individuellen Probleme abgestimmt sind. Danach würde ich dazu raten, die eigenen Übungen dauerhaft zu machen. Wer einen gesunden Rücken hat und den auch behalten will, sollte zur Vorbeugung einen Wirbelsäulengymnastikkurs besuchen. Gut für den Rücken ist grundsätzlich, sich regelmäßig zu bewegen wie zum Beispiel viel zu gehen oder zu wandern.
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Rückenfreundliche Haltungen
Liegen
Die Wirbelsäule soll gerade auf der Matratze liegen. Ist beim Liegen auf dem Rücken kein Platz dafür, die Hand unter die Taille zu schieben, ist die Matratze zu weich, entsteht ein Hohlraum, ist sie zu hart.
Sitzen
Am Schreibtisch sitzt man ideal, wenn sich die Tischoberfläche in Ellbogenhöhe befindet, eine Tastatur fünf bis zehn Zentimeter unter den Ellbogen liegt, der Bildschirm gerade vor einem steht, die Bildschirmoberkante in Augenhöhe oder wenig darunter ist. Ein Sessel oder Sofa für das Lesen oder Fernsehen sollten die Lendenwirbelsäule und den Kopf abstützen.
Stehen
Der Kopf ist leicht nach unten geneigt, die Schultern sind nach hinten und unten gezogen, das Becken ist nach vorn gekippt, die Knie sind ganz leicht gebeugt.
Gehen
Grundsätzlich ist dieselbe Haltung wie beim Stehen rückenfreundlich, die Knie sollten beim Gehen nie ganz durchgedrückt werden, die Arme gegengleich mitschwingen.
Fotos: © istock undrey