Hals, Nase, Ohren & Augen

Hörschädigung

1,2 Millionen Österreicher betroffen: Sie hören schlecht, fast gar nichts mehr oder sind taub: Rund 1,2 Millionen Österreicher haben eine Hörschädigung. Das Problem: Viele gehen viel zu spät zum Arzt, verstehen ihre Mitmenschen immer schlechter und ziehen sich zurück. So gesellen sich zum Hörproblem oft soziale und psychische Probleme, und die Belastung wird immer größer. Dabei ließe sich die Hörfähigkeit bei frühzeitiger Behandlung häufig ganz oder zumindest teilweise wiederherstellen.

Von Mag. Sabine Stehrer

So wie der Mensch insgesamt wird mit zunehmendem Alter oft auch seine Hörfähigkeit schwächer: Altersschwerhörigkeit ist die weitaus häufigste Art der Hörschädigung. Es gibt aber auch andere Ursachen dafür, dass jemand schleichend immer weniger hört oder ganz plötzlich nicht mehr versteht, was ihm seine Mitmenschen sagen wollen. „Hörbehinderungen können auch auf Lärmbelastungen zurückgehen, auf Erkrankungen der Ohren wie Mittelohrentzündungen oder Hörstürze und andere Krankheiten wie Bluthochdruck oder Diabetes mellitus“, weiß Univ. Prof. Dr. Wolfgang Gstöttner, Vorstand der Universitäts-HNO-Klinik am AKH in Wien. „Manche Hörbehinderungen sind auch genetisch bedingt bzw. angeboren.“

Von der Isolation zur Depression

An einer mehr oder weniger stark ausgeprägten Hörschädigung leiden rund 1,2 Millionen Österreicher. Experten meinen, dass jeder Vierte entweder zu spät oder gar nicht zum Arzt geht und sich nicht helfen lässt. Das Schlimme daran: Bleibt das Problem länger unbehandelt, verschlimmert es sich oft, und die Betroffenen verstehen ihre Mitmenschen irgendwann kaum noch oder gar nicht mehr. Viele ziehen sich zurück. „So werden ihre Probleme aber nicht kleiner, sondern oft größer“, weiß Gstöttner. „Die soziale Isolation ist nicht gut für die Psyche, sie kann sogar zu Depressionen führen.“

Untersuchung tut nicht weh

Damit es nicht so weit kommt, empfiehlt der Experte, nicht lange zu warten, wenn etwas mit den Ohren nicht stimmt, sondern schon bei den ersten Anzeichen einer Hörschädigung zum Arzt zu gehen und sich untersuchen zu lassen. Dabei wird mit Spezialgeräten in die Ohren geschaut, um zu sehen, ob die Störung auf Verletzungen zurückgeht, etwa ein Knalltrauma oder plötzliche starke Druckunterschiede, wie sie z. B. beim Fliegen auftauchen, oder ob Entzündungen schuld am schlechten Hören sind. Die Untersuchung tut nicht weh, auch nicht das nachfolgende sogenannte Reinton-Audiogramm, mit dem die Hörfähigkeit überprüft wird. „Dabei produziert ein Gerät Töne in verschiedenen Lautstärken und Frequenzen, und wenn man die Töne hört, signalisiert man das“, erklärt Gstöttner. „So lässt sich sehr gut feststellen, was wie gut gehört wird.“ Bei Babys, bei denen der Verdacht besteht, dass sie schwerhörig oder taub sind, wird die sogenannte Hirnstamm-Audiometrie angewandt: Wenn ein Baby hört, werden Gehirnströme sichtbar.

Oft helfen Operationen und Medikamente

Die Therapie einer Hörbehinderung richtet sich nach den Ursachen. „Verletzungen im Mittelohr und im Gehörgang können durch Operationen und Medikamente meistens so gut geheilt werden, dass die Hörfähigkeit wieder hergestellt ist“, sagt Gstöttner. So kann heutzutage etwa ein geplatztes Trommelfell ohne bleibende Schäden zusammengenäht werden, und durch eine Entzündung beschädigte Gehörknöchelchen lassen sich durch Titanprothesen ersetzen. Ist ein Schaden im Innenohr schuld am Hörproblem, helfen Hörgeräte dabei, wieder mehr zu verstehen. Gstöttner: „Und die sind heute so klein, dass sie nicht lästig sind und man sie oft gar nicht sieht.“

Hörgeräte und Implantat

Bei extrem großer Schwerhörigkeit oder Taubheit kann überlegt werden, ein Cochlea-Implantat in ein Ohr oder auch in beide Ohren einzusetzen. Gstöttner: „Dieser Eingriff erfolgt heute bei taub auf die Welt gekommenen Kindern routinemäßig und ermöglicht ihnen, zeitgleich mit gesunden Kindern Sprache zu verstehen und sprechen zu lernen.“ Erwachsene brauchen oft einige Zeit lang und Geduld, bis ihr Implantat oder das Hörgerät so auf sie angepasst ist, dass es ihnen nützt und sie wieder gut hören. Vorbeugen kann man Hörschädigungen im Übrigen kaum. Außer, indem man „große Lärmbelastungen möglichst vermeidet, etwa im Beruf, bei Konzerten oder in der Disco“, so Gstöttner.

Foto: iStock, ediebloom

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