Männergesundheit, Nieren & Harnblase

Harninkontinenz beim Mann

Mit zunehmendem Alter gewinnt die Harninkontinenz beim Mann zunehmend an Bedeutung. Sie stellt oft eine erhebliche psychische Belastung dar, doch glücklicherweise gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, die von Medikamenten über physikalische Therapien bis hin zu operativen Eingriffen reichen. Die Wahl der Therapie richtet sich stets nach der Ursache und der Form der Inkontinenz.

Abklärung der Ursachen und Basisuntersuchung

Die erste und wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie der Harninkontinenz ist die genaue Diagnose der Ursachen. Die Basisuntersuchung umfasst:

  • Untersuchung des Unterbauchs und Genitalbereich
  • Ultraschalluntersuchung zur Messung der Restharnmenge
  • Rektale Untersuchung der Prostata
  • Blasenentleerungsprotokoll: Hier dokumentiert der Patient über mehrere Tage die Häufigkeit, Menge und Art der Drangsymptomatik und notiert, ob er dabei trocken oder bereits nass war.
  • Die aussagekräftigste Diagnosemethode ist jedoch die urodynamische Untersuchung, die in spezialisierten Ambulanzen durchgeführt wird. Sie gibt detaillierte Auskunft über die Funktionsweise der Harnblase und des Blasenschließmuskels.

Ursachen der Harninkontinenz: Dranginkontinenz

Die Dranginkontinenz äußert sich durch einen imperativen Harndrang und häufiges Wasserlassen (Pollakisurie). Sie entsteht durch eine überempfindliche Blase oder eine Überaktivität des Blasenmuskels (Detrusor). Die häufigste Ursache ist eine Abflussbehinderung durch eine vergrößerte Prostata. Auch nach einer Prostatektomie kann die Dranginkontinenz ein ernstzunehmendes Problem sein.

Andere mögliche Ursachen der Dranginkontinenz sind:

  • Harnwegsinfektionen
  • Blasensteine
  • Blasentumore
  • Defekte im zentralen Nervensystem (z.B. durch Parkinson oder Cerebralsklerose)
  • Psychische Faktoren, insbesondere bei jüngeren Männern
  • Altersbedingte Degeneration des Blasenmuskels (Detrusor)

Medikamente bei Harninkontinenz

Die medikamentöse Therapie erfolgt in erster Linie mit Anticholinergika, die den Blasenmuskel entspannen und die Blasenkapazität erhöhen. Häufig verwendete Wirkstoffe sind Oxybutynin, Propiverin, Tolterodin und Trospiumchlorid. Diese Medikamente haben ähnliche Wirkungen, unterscheiden sich aber in ihren Nebenwirkungen (z.B. Mundtrockenheit, Sehstörungen, kognitive Beeinträchtigungen).

Die Dosistitrierung (schrittweise Dosiserhöhung) ist wichtig, um die bestmögliche Wirkung bei guter Verträglichkeit zu erzielen. In Kombination mit einem Blasentraining können Anticholinergika besonders wirksam sein. Sie sind jedoch kontraindiziert bei Patienten mit unbehandeltem Engwinkelglaukom, Tachyarrhythmie und einer Restharnmenge von über 100 ml.

Alternative nicht-invasive Behandlungen

  • Blasentraining: Patienten lernen, den Harndrang hinauszuzögern, um die Kontrolle über die Blase zu verbessern.
  • Miktionstraining: Hierbei soll die Blasenentleerung bewusst verzögert werden, um neue Reflexbahnen zu fördern.
  • Beckenbodentraining: Durch gezielte Übungen kann die Kontrolle über den Blasenschließmuskel verbessert werden.
  • Elektrische Stimulation: Die regelmäßige elektrische Stimulation des Nervus dorsalis penis oder des Nervus pudendus kann die Blasenkontrolle unterstützen.
  • Botulinumtoxin-Injektionen: Bei Patienten mit überaktiver Blase kann die Injektion von Botulinumtoxin in den Blasenmuskel die Symptome lindern.

Belastungsinkontinenz beim Mann

Die Belastungsinkontinenz, bei der unwillkürlich Harn bei körperlicher Belastung (z.B. Husten oder Niesen) austritt, ist beim Mann selten. Meist tritt sie nach Prostataoperationen auf. Während sie nach einer transurethralen Elektroresektion der Prostata selten vorkommt, ist sie eine mögliche Komplikation nach radikaler Prostatektomie, die sich oft innerhalb von 6–12 Monaten spontan zurückbildet.

Bei anhaltender Inkontinenz stehen operative Behandlungsoptionen wie das Pro-ACT-System, die In-Vance-Schlinge oder der Scott-Sphinkter zur Verfügung. Auch die Zelltherapie, bei der aus Muskelbiopsien gewonnene Myoblasten und Fibroblasten in den Schließmuskel injiziert werden, um die Muskulatur zu regenerieren, stellt eine vielversprechende Therapie dar.

Überlaufinkontinenz

Die Überlaufinkontinenz betrifft vor allem ältere Männer. Sie entsteht meist durch eine vergrößerte Prostata, die den Harnabfluss behindert. Aus einer überfüllten Blase tritt unkontrolliert Harn in kleinen Mengen aus. Eine nicht entleerte Blase kann zu Rückstau in die Nieren und damit zu einer gefährlichen Hydronephrose und akuter Niereninsuffizienz führen. In diesem Fall ist eine sofortige Harnableitung mittels Katheter notwendig, gefolgt von einer Ultraschalluntersuchung durch den Urologen. Die Behandlung kann eine transurethrale Elektroresektion der Prostata beinhalten.

Inkontinenzbehelfe und Vorbeugung

Wenn alle Therapieoptionen ausgeschöpft sind, können Inkontinenzbehelfe die Lebensqualität verbessern. Diese Behelfe werden je nach Schweregrad der Inkontinenz, Mobilität und Kooperationsfähigkeit des Patienten ausgewählt. Sie stellen oft einen unverzichtbaren Beitrag zur Verbesserung des Alltags der betroffenen Patienten und ihrer Angehörigen dar.

Fazit

Harninkontinenz beim Mann ist eine häufige Alterserscheinung, die jedoch durch eine genaue Diagnose und gezielte Therapie gut behandelt werden kann. Medikamente, physikalische Therapien und in manchen Fällen Operationen bieten vielfältige Möglichkeiten, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.


Fotos: istock vchal

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