Von Mag. Sabine Stehrer
Jedes Jahr erleiden etwa 25.000 Österreicher einen Schlaganfall. Obwohl die Behandlung immer besser wird, erholt sich danach nur die Hälfte wieder ganz. 15 Prozent sind mehr oder weniger stark beeinträchtigt, weitere 15 Prozent werden zu Pflegefällen, jeder Fünfte stirbt. Dabei wären, wie Mediziner meinen, wohl die meisten Schlaganfälle vermeidbar. Denn auch, wenn sie einen unvorhergesehen wie ein Schlag treffen, kommen sie doch nicht aus heiterem Himmel. Die Gefahr dafür entsteht oft über viele Jahre, und sie steigt, wenn Risiken nicht gegengesteuert wird. Welcher der größte Risikofaktor für einen Schlaganfall ist, erklärt Dr. Christoph Dachs, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (ÖGAM). „Das ist ein ungesunder Lebensstil.“
Bewegung & gesunde Ernährung
Gut nur, dass auch der Umkehrschluss gilt – die beste Vorbeugungsmaßnahme vor einem Schlaganfall ist ein gesunder Lebensstil. Der Allgemeinmediziner aus Hallein über das, was einen gesunden Lebensstil ausmacht: „Am wichtigsten ist Bewegung.“ Sie wirkt auf vielfache Art und Weise dem wesentlichen Wegbereiter von Schlaganfällen entgegen, dem Bluthochdruck. Dachs empfiehlt, sich drei bis sechs Stunden pro Woche zu bewegen, etwa mit dem Rad zu fahren, zu laufen oder zu schwimmen. Wer zudem bei der Ernährung einiges beachtet, hat laut Dachs ebenfalls viel zur Vorbeugung vor einem Schlaganfall getan: Wenig Fettreiches, wenig Zuckerreiches, Alkohol nur in Maßen, dafür viel Gemüse, Salat und Obst, Fisch und hochwertige Speiseöle essen, heißt die Devise. Der Grund: Zu viel Fett, Zucker und zuckerhaltige Getränke führen dazu, dass sich der Gehalt an schlechtem Cholesterin im Blut erhöht und die Zuckerkrankheit Diabetes mellitus Typ 2 (siehe Seite 6 dieser Ausgabe) entsteht. Beides schädigt die Blutgefäße, führt zur frühzeitigen Gefäßverkalkung sowie Gefäßverengung und steigert das Risiko für einen Schlaganfall deutlich.
Nicht rauchen und Übergewicht abbauen
Des Weiteren rät Dachs zu Rauchverzicht, weil auch Rauchen ein großer Risikofaktor für einen Schlaganfall ist, allein da es die Blutgefäße verengt. Außerdem gilt es, Stress zu reduzieren und Übergewicht abzubauen: „Bei Stress und Übergewicht werden im Körper entzündliche Prozesse in Gang gesetzt, die den Gefäßen schaden.“ Und die Gefahr, zum Schlaganfall-Patienten zu werden, erhöhen.
Sich vorsorglich untersuchen lassen
Zur Schlaganfall-Vorbeugung gehört dazu, regelmäßig zum Arzt zu gehen und sich vorsorglich untersuchen zu lassen. Nur so können gesundheitliche Probleme rechtzeitig erkannt werden, die sich häufig aus einem ungesunden Lebensstil ergeben und Risikofaktoren für einen Schlaganfall sind. „Diese Risiken sind bei der Vorsorgeuntersuchung feststellbar, die jeder einmal jährlich kostenlos in Anspruch nehmen kann“, informiert der Präsident der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft Prim. Univ. Doz. Dr. Franz Xaver Roithinger. So lässt sich Bluthochdruck messen bzw. werden die Werte eigener Messungen interpretiert. Schlechte Blutfettwerte und ein erhöhter Blutzuckerspiegel sind über eine Blutanalyse feststellbar. Ob geraucht wird oder Stress besteht, ist erfragbar, Übergewicht ist sichtbar.
Erkrankungen behandeln lassen
Raucher sind besonders gefährdet für Verengungen der Halsschlagader bzw. Karotisstenosen, die zu den Risikofaktoren für einen Schlaganfall zählen. Diese lassen sich laut dem Internisten und Kardiologen vom Landesklinikum Wiener Neustadt häufig schon durch Abhören der Ader erkennen – zur Abklärung dient eine Ultraschalluntersuchung. Werden Erkrankungen diagnostiziert, ist es wichtig, sie entsprechend behandeln zu lassen und gegebenenfalls Medikamente zu nehmen.
Vorhofflimmern therapieren
Weitere Risikofaktoren sind Herzerkrankungen. Sie können meist über ein EKG festgestellt werden, das ebenfalls Teil der Vorsorgeuntersuchung ist. Welche Herzerkrankung – neben einem vorangegangenen Herzinfarkt oder einem Herzklappenfehler – häufig einen Schlaganfall verursacht, weiß Univ. Prof. Dr. Stefan Kiechl, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Schlaganfallforschung. „Mehr als 30 Prozent aller Schlaganfälle gehen auf Vorhofflimmern zurück“, sagt er. Vorhofflimmern ist oft eine Alterserscheinung, kann aber auch andere Ursachen als das Altern des Herzens haben. Bei Vorhofflimmern ziehen sich die Vorhöfe des Herzens nicht richtig zusammen. So kommt der Blutfluss zum Stillstand, wodurch sich Gerinnsel bilden können, die in das Gehirn transportiert werden, dort ein Gefäß verstopfen und zum Schlaganfall führen. Heilbar ist Vorhofflimmern zwar nicht, doch, so der Neurologe an der Medizinischen Universität Innsbruck: „Medikamente senken das Risiko, durch Vorhofflimmern einen Schlaganfall zu erleiden, um bis zu 70 Prozent.“ Das Problem: Da Vorhofflimmern anfangs meist nicht dauernd besteht – und möglicherweise akkurat dann nicht auftritt, wenn beispielsweise bei einer Vorsorgeuntersuchung ein EKG gemacht wird, kann es dabei unerkannt bleiben. Umso wichtiger ist es, sich regelmäßig vorsorglich mit EKG untersuchen zu lassen sowie Probleme, die auf Vorhofflimmern hindeuten können, ernst zu nehmen und den Arzt darauf anzusprechen. Kiechl über Symptome für Vorhofflimmern: „Dazu zählen zum Beispiel Herzrasen oder Atemnot.“
Nach einem „Schlagerl“ zum Arzt gehen
Auch wenn sich auf einmal ein Bein oder ein Arm taub anfühlt, ein Mundwinkel herunter hängt, man auf einem Auge verschwommen sieht oder Schwierigkeiten hat, zu sprechen – und alles binnen weniger Minuten wieder vorbei ist –, sollte man dies nicht auf die leichte Schulter nehmen, warnt der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie Univ. Prof. Dr. Reinhold Schmidt. „Dabei kann es sich um Symptome eines ‘minor stroke’ handeln.“ Nach einem minor stroke, den der Volksmund „Schlagerl“ nennt, ist der Gang zum Arzt unumgänglich, um Schlimmerem vorzubeugen: Denn jedes dritte Schlagerl ist der Vorbote für einen schwereren Schlaganfall. Der Leiter der Klinischen Abteilung für Neurogeriatrie an der Universitätsklinik für Neurologie am LKH-Univ. Klinikum Graz über Anzeichen für einen schwereren Schlaganfall: „Die Symptome gleichen jenen, die beim Schlagerl auftreten, nur fallen die halbseitigen Schwächen beziehungsweise Lähmungen, Sehstörungen und Sprachstörungen schwerer aus und halten länger an.“ Zusätzlich kann es zur Bewusstlosigkeit kommen. „Wer diese Warnzeichen an sich oder anderen erkennt, ruft sofort die Rettung“, so Schmidt.
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Schlaganfall!
Das passiert
- 85 Prozent der Schlaganfälle gehen auf eine Unterbrechung der Blutversorgung des Gehirns zurück. Diese kann entweder durch Arteriosklerose bedingt sein, also Verengungen durch Verkalkungen von Hirngefäßen. Oder durch ein Blutgerinnsel, das mit dem Blutstrom aus den Vorhöfen des Herzens oder aus der Halsschlagader ins Hirn transportiert wird und ein Hirngefäß verstopft.
- 15 Prozent der Schlaganfälle werden durch eine Hirnblutung verursacht – die häufig durch das Platzen eines Hirngefäßes aufgrund von Bluthochdruck entsteht.
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Schlaganfall!
Die Risikofaktoren
- Wenig Bewegung
- Schlechte Ernährung
- Übermäßiger Alkoholkonsum
- Rauchen
- Stress
- Übergewicht
- Bluthochdruck (über 140-90 mmHG)
- Schlechte Blutfettwerte (zu viel LDL-Cholesterin)
- Erhöhter Blutzuckerspiegel bzw.
- Diabetes mellitus Typ 2 (Nüchternblutzucker über 90 mg/dl)
- Verengung der Halsschlagader (Karotisstenose)
- Herzerkrankungen (Vorhofflimmern, Herzklappenfehler, vorangegangene Herzinfarkte)
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Schlaganfall!
Die Vorbeugung
- Gesunder Lebensstil
Bewegung: 3-6 Stunden Ausdauertraining pro Woche (Radfahren, Laufen, Schwimmen)
Ernährung: wenig Fettreiches, wenig Zuckerreiches, wenig Alkohol, dafür viel Gemüse, Salat und Obst, Fisch und hochwertige Speiseöle, gemäßigter Alkoholkonsum
Nicht Rauchen
Stress reduzieren
Übergewicht abbauen
- Regelmäßig zum Arzt gehen
Einmal jährlich die kostenlose Vorsorgeuntersuchung in Anspruch nehmen, um Bluthochdruck, schlechte Cholesterinwerte, einen hohen Blutzuckerspiegel bzw. eine Erkrankung an Diabetes mellitus Typ 2, eine Verengung der Halsschlagader oder Herzerkrankungen frühzeitig erkennen zu können.
- Sich behandeln lassen
Werden Erkrankungen diagnostiziert, wie Bluthochdruck, schlechte Cholesterinwerte, ein hoher Blutzuckerspiegel bzw. eine Erkrankung an Diabetes mellitus Typ 2, eine Verengung der Halsschlagader oder Herzerkrankungen, ist es wichtig, sich behandeln zu lassen.
- Umgehend den Arzt aufsuchen, …
…wenn Anzeichen für Vorhofflimmern bestehen (unregelmäßiger Herzschlag, Herzrasen, Atemnot, Leistungsknick, Müdigkeit) oder sich Symptome eines „Schlagerls“ zeigen (z.B. Taubheitsgefühle in einem Bein/ Arm, Mundwinkel hängt, verschwommenes Sehen auf einem Auge).
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Schlaganfall!
Die Behandlung
- Transport auf eine „Stroke Unit“ bzw. Schlaganfallüberwachungseinheit oder ins nächste Akutkrankenhaus.
- Ist die Ursache ein verstopftes Blutgefäß, was meistens der Fall ist: intravenöse Thrombolyse bzw. Lyse-Therapie, um das Blutgerinnsel aufzulösen, ev. zusätzlich: Einbringung eines Katheters über die Leistenarterie in die verschlossene Hirnarterie, um das Gefäß wieder zu öffnen.
- Ansonsten: Behandlung je nach Ursache.
- Überwachung der Körperfunktionen, wie z.B. Blutdruck und Herzrhythmus, um Komplikationen zu verhindern.
- Medikamente nehmen, die auf den Individualfall angepasst sind.
- Neurologische Rehabilitation in Form von maßgeschneiderten ergo-, logo- und physiotherapeutischen Maßnahmen.
Webtipp:
www.schlaganfall-was-tun.at
Schlaganfall-App des Landes Tirol:
Enthält alle relevanten Informationen (Vorbeugung, Risikoberechnung, Erkennen von Schlaganfall-Symptomen, richtig Handeln im Notfall, etc.).
Gratisdownload von „Schlaganfall Tirol“ im Apple AppStore oder Google Playstore.
Stand 03/2016