Verletzungen, Notfälle & Unfälle

Erste Hilfe: Abbinden von Blutungen

Mindestens ein Drittel aller Unfallopfer stirbt durch Verbluten. Dabei ist es für unbeteiligte Zeugen einfach, eine lebensbedrohliche Blutung an Armen oder Beinen zu stoppen.

Experten der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin e.V. (DGG) fordern daher, Blutungsstillung in Erste-Hilfe-Kurse aufzunehmen. Auch Geräte zum Abbinden, sogenannte Tourniquets, sollten in jedem Erste-Hilfe-Kasten vorhanden sein.

Erste Hilfe nach Terroranschlägen, Explosionen oder Unfällen

In jüngster Vergangenheit gab es bei Anschlägen immer wieder Opfer, die wegen ungestillter Blutungen verstarben. Unkontrollierte, lebensbedrohliche Blutungen sind die Haupttodesursache bei schwerverletzten Patienten, sowohl im zivilen als auch im militärischen Umfeld. Dies betrifft kriegerische Auseinandersetzungen ebenso wie Unfälle im Straßenverkehr.

Es gibt noch nicht genügend Untersuchungen, um die genaue Zahl der Menschen zu beziffern, die durch adäquate medizinische Versorgung – etwa durch Abbinden der Verletzung – vor dem Verblutungstod gerettet werden könnten. Experten schätzen jedoch, dass in 50 Prozent der Fälle eine unkontrollierte Blutung zum Tod eines Soldaten führt. Bei schwerstverletzten Unfallopfern in der Zivilbevölkerung liegt diese Quote bei 33 bis 56 Prozent.

Systeme zum Abbinden für alle professionellen Rettungskräfte

Um die Versorgung von Gefäßverletzungen zu verbessern, widmet sich die Kommission für Katastrophenmedizin und Gefäßtraumatologie der DGG, zusammen mit anderen medizinischen Gesellschaften, der Verbreitung von Abbinde-Systemen, sogenannten Tourniquets. Das Ziel ist es, Tourniquets für die Erste Hilfe und in der Laienrettung zu etablieren. Im deutschen Rettungswesen, bei polizeidienstlichen Kräften und im deutschen Militär sind diese Systeme bereits weit verbreitet. Auch die Deutsche Bahn und die Bundespolizei setzen sie ein.

Oberhalb der Wunde abbinden: So einfach wie effektiv

Jeder Bürger, der Zeuge eines Unfalls wird, kann einen Verblutungstod an Armen oder Beinen verhindern – auch ohne Tourniquet. Es reicht, einen Gürtel oder ein Stück Laken eine Handbreit oberhalb der Blutung so fest zu ziehen, bis die Blutung stoppt. Hilfeleistende müssen keine Angst haben, dass durch das Abbinden Nerven des Unfallopfers verletzt werden. Die Befürchtung ist unbegründet. Was jedoch zählt, ist die Zeit: Es bleiben oft nur Minuten, um einen Verblutungstod zu verhindern.

Abbinden in Erste-Hilfe-Kurse integrieren

Experten der DGG plädieren dafür, das Abbinden von Blutungen regulär in allen Erste-Hilfe-Kursen zu schulen. Wer den Führerschein macht, sollte nicht nur die stabile Seitenlage kennen, sondern auch wissen, wie man eine lebensbedrohliche Blutung an Armen und Beinen stillt. Darüber hinaus gehört ein Tourniquet in jeden Erste-Hilfe-Kasten im Auto.

Fazit

Das Abbinden von Blutungen ist ein einfacher, aber potenziell lebensrettender Eingriff, der in Erste-Hilfe-Kurse integriert werden sollte. Tourniquets und das Wissen, wie man sie richtig anwendet, könnten zahlreiche Leben retten. Angesichts der hohen Sterblichkeitsrate durch unkontrollierte Blutungen ist es entscheidend, dass diese Technik in der Laienrettung verbreitet und angewendet wird.


Literatur:

Ronconi RWF, Moreira LH, de Lima CJ, Neto OP, Osorio RAL. Tourniquets, types and techniques in emergency prehospital care: A narrative review. Med Eng Phys. 2023 Jan;111:103923. doi: 10.1016/j.medengphy.2022.103923. Epub 2022 Nov 17. PMID: 36792231.

https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1350453322001710?via%3Dihub

Quelle:

Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin e.V. (DGG)


Fotos: (c) istock: Liudmila Chernetska

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