Von Mag. Sabine Stehrer
Sie wurden schon vor 7000 Jahren von den alten Ägyptern angebaut, für die Griechen des Altertums waren sie eine Götterspeise, in der Bibel versinnbildlichen sie den göttlichen Segen. Und die Römer sollen bei der Eroberung halb Europas auch deswegen so erfolgreich gewesen sein, weil sie so viele davon gegessen haben. Was man sonst noch über die Früchte mit Geschichte weiß: Bis heute zählen Weintrauben, die der Beerenfamilie angehören, zu den weltweit am meisten angebauten Obstsorten. Zwar wird die Ernte mehrheitlich zu Wein und Saft verarbeitet, doch die eigens produzierten Tafeltrauben haben ebenfalls einen hohen Stellenwert. So auch in Österreich: Immerhin lässt man sich hierzulande pro Kopf und Jahr fast vier Kilogramm Weintrauben schmecken.
Schutz für Gefäße, Herz und Kreislauf
„Weintrauben sind süß und saftig, und das ist eine Geschmackskombination, die fast jeder mag“, nennt Ernährungswissenschafterin Mag. Michaela Knieli von der Wiener Umweltberatung den Grund für die Beliebtheit der Trauben. Das Erfreuliche daran: Es darf nach Lust und Laune genascht werden. „Weintrauben sind wahre Superbeeren, sie enthalten viele Substanzen, die unserer Gesundheit äußerst gut tun“, gibt die Ernährungsexpertin grünes Licht. Allen voran sind das die sekundären Pflanzenstoffe Resveratrol, Quercetin und OPC (oligomere Procyanidine). Dieses Trio wirkt antioxidativ, macht also freie Radikale, die den Zellen unseres Körpers zusetzen, unschädlich. So beugen die Pflanzenstoffe einer ganzen Reihe von Krankheiten vor, und einiges deutet darauf hin, dass sie sogar die Entstehung von Krebs hemmen können. Erwiesenermaßen schützen OPC, Quercetin und Resveratrol vor Gefäßschäden und damit einhergehendem Bluthochdruck, was vor verschiedenen Herz-Kreislauf-Erkrankungen bewahrt, auch vor Schlaganfall und Herzinfarkt.
Verdauungsturbo und Cholesterinsenker
„Zusätzlich zeichnen sich Trauben durch ihren hohen Gehalt an ungesättigten Fettsäuren aus“, nennt Knieli einen weiteren großen Vorteil der kleinen Früchte. Und wer viele dieser Fettsäuren zu sich nimmt, kann den Anteil an schlechtem Cholesterin LDL im Blut verringern, womit gleich ein weiterer Risikofaktor der Volksleiden rund um Gefäße, Herz und Kreislauf reduziert wäre. Mit ihrem hohen Wassergehalt, den Fruchtsäuren und den Ballaststoffen, bestehend aus der Schale sowie den Kernen, sind die Trauben darüber hinaus ein wahrer Turbo für die Verdauung. Dass sie den Darm so richtig durchputzen, hilft dem Immunsystem, uns vor Attacken von krankmachenden Erregern wie Bakterien und Viren zu schützen.
Schönheitsmittel und Energiespender
B-Vitamine und Vitamin E in den Trauben halten zudem Haut, Haare und Nägel gesund und schön, Phosphor und Kalzium stärken Knochen und Zähne, Kalium ist gut für die Nerven, und das Eisen in Beeren macht vital. Einen Schub an Energie liefern Weintrauben übrigens auch gleich unmittelbar nach dem Schnabulieren, was an dem hohen Gehalt an rasch verwertbaren Kohlenhydraten in Form von Fruchtzucker liegt. „Trotz ihres hohen Zuckergehalts stellen Weintrauben aber keine Gefahr für die Figur dar“, beruhigt Knieli. „100 Gramm, also etwa eine Handvoll, haben nur rund 70 Kilokalorien.“ Das entspricht dem Energiegehalt eines Apfels oder eines Glases Buttermilch.
Besser bio, rot und mit Kern
Wie bei anderem Obst und Gemüse ist auch hier bio besser. Der Grund: Beim biologischen Anbau dürfen keine chemischen Pflanzenschutzmittel, Pestizide, verwendet werden. Zum Teil wirken Pestizide wie Hormone und stehen im Verdacht, Unfruchtbarkeit und Krebs auszulösen. Bei kleinen Kindern haben pestizidhaltige Weintrauben zudem schon zu Vergiftungserscheinungen geführt.
Ein weiteres Auswahlkriterium für besonders Gesundheitsbewusste: „Rote Trauben sind sogar noch etwas gesünder als helle Sorten, da der Farbstoff in der dunklen Schale ebenfalls ein sekundärer Pflanzenstoff ist, der antioxidativ wirkt, also die gesundheitsschädlichen freien Radikale bekämpft“, erklärt die Ernährungswissenschafterin. Schließlich empfiehlt die Expertin noch, Trauben mit Kernen zu vernaschen, da sie mehr Ballaststoffe und auch die Kerne Antioxidantien enthalten.
Am besten roh oder frisch gepresst
Gegessen werden die Trauben idealerweise roh. „So entgeht einem keiner der gesundheitsfördernden Inhaltsstoffe“, versichert Knieli. Das gleiche gilt, wenn die Trauben samt Schale und Kernen zu Saft gepresst und unmittelbar danach getrunken werden – steht der Saft länger herum, verflüchtigen sich zumindest die Vitamine nach und nach. Diese schwinden auch, wenn die Superbeeren zum Kochen oder Backen verwendet werden, den gesunden Mineralstoffen, Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen kann aber selbst das Erhitzen nichts anhaben.
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Worauf achte ich …
… beim Kauf?
„Wählen Sie Früchte aus biologischem Anbau und achten Sie darauf, dass sie keine Druckstellen haben oder stellenweise dunkel verfärbt sind“, empfiehlt Ernährungswissenschafterin Mag. Michaela Knieli. „Dann bleiben die Trauben länger frisch.“
Ein weißlicher Belag deutet nicht – wie viele meinen – auf Pestizid-Rückstände oder einen Schimmelbefall hin, sondern ist im Gegenteil ein Zeichen für besondere Erntefrische. Dieser sogenannte Nebeltau bildet sich durch Luftfeuchtigkeit auf den Schalen und schwindet bei längerer Lagerung. Da Trauben nicht wie z. B. Bananen, Marillen oder Pfirsiche nach
der Ernte nachreifen, sollten zudem nur reife Früchte in den Einkaufswagen. Man erkennt sie daran, dass sie sich leicht von den Stängeln lösen.
… bei der Lagerung?
„Im Obstfach des Kühlschranks sind Trauben am besten aufgehoben“, so Knieli. Allzu lang lagerfähig sind die saftig-süßen Früchte aber nicht; man sollte sie binnen weniger Tage nach dem Kauf genießen. Anders als andere Beeren eignen sich Weintrauben nicht zum Einfrieren: Aufgrund ihres hohen Wassergehalts werden sie bei frostigen Temperaturen rasch zu Eiskugeln – und zerplatzen.
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Gut zu wissen
Wie gesund sind …
… Traubensaft?
Frisch gepresster Traubensaft liefert dieselben wertvollen Substanzen wie die rohen Beeren. „Man sollte den Saft aber möglichst gleich nach dem Pressen trinken, denn die Vitamine verflüchtigen sich mit der Zeit“, weiß Ernährungswissenschafterin Mag. Michaela Knieli.
Bei Produkten aus dem Supermarkt rät Knieli zu Direktsaft oder 100-Prozent-Saft, am besten in der Glasflasche. Nektar enthält geringere Fruchtanteile als Saft und Direktsaft, Fruchtsaft aus Fruchtsaftkonzentrat wurden Aromen, Fruchtfleisch und Wasser entzogen, um die Lagerung und den Transport zu erleichtern. Der Zuckergehalt ist nahezu gleich, man kann aber nur bei Direktsaft davon ausgehen, dass kein zusätzlicher Zucker beigefügt wurde.
… Traubenkernöl?
„Traubenkernöl wird, wie der Name sagt, aus Traubenkernen gepresst und enthält große Mengen an Antioxidantien, die unsere Zellen vor schädlichen freien Radikalen schützen“, erklärt Knieli. Kaltgepresstem Öl ist der Vorzug zu geben, da es im Gegensatz zu heißgepresstem alle wertvollen Inhaltsstoffe enthält, die auch in rohen Trauben stecken. Traubenkernöl lässt sich gut erhitzen und eignet sich daher nicht nur für Salatmarinaden, sondern auch zum Kochen und Verfeinern von Saucen.
… Rosinen?
Mit vielen gesunden Substanzen punktet auch die getrocknete Variante der Trauben: „Durch die Trocknung reduziert sich nur der Wassergehalt, die wertvollen Inhaltsstoffe der Trauben gehen nicht verloren“, informiert Knieli. Wer gern Rosinen nascht, sollte aber bedenken, dass sie weit mehr Kilokalorien liefern als Trauben: 100 Gramm haben 270 Kilokalorien, also um 200 mehr als dieselbe Menge Trauben. Manche Rosinen werden mit Schwefeldioxid behandelt, damit sie ihre Farbe behalten. Knieli: „Besser ist, ungeschwefelte Rosinen zu naschen.“ Denn Schwefel ist nicht für jeden verträglich und kann Kopfschmerzen und Übelkeit auslösen, bei Asthmatikern sogar Asthmaanfälle.
… Traubenzucker?
So wie der Fruchtzucker in jedem Obst lässt auch Traubenzucker den Blutzuckerspiegel ansteigen und liefert für einige Zeit Energie. „Weintrauben zählen zu den fruchtzuckerreichen Obstsorten“, weiß Knieli. „Menschen mit starker Fruchtzuckerunverträglichkeit sollten daher vorsichtig sein, da sie auf Weintrauben reagieren könnten, und auch Diabetiker sollten nicht allzu große Portionen essen.“
Wer meint, Traubenzucker aus Weintrauben steckt auch in jenem Traubenzucker, der in Form von Riegeln und Zuckerln zum Lutschen oder als Pulver zu kaufen ist, der irrt. Diese Produkte bestehen aus hochkonzentriertem Zucker, der aus Stärke gewonnen wird. Sie lassen den Blutzuckerspiegel stärker als der Fruchtzucker aus Weintrauben ansteigen, wodurch sie Energie liefern – das allerdings nur für kurze Zeit.
Stand 09/2014