Gefahren fürs Gebiss

Juni 2015 | Medizin & Trends

7 Risiken für gesunde Zähne
 
Nicht nur zu viel Zucker und zu wenig Hygiene schaden den Zähnen. Was viele nicht wissen: Auch Stress und Rauchen, ja sogar gesundes Obst kann dem Gebiss an die Substanz gehen. MEDIZIN populär über die versteckten Risiken für die Mundgesundheit.
 
Von Mag. Helga Schimmer

Risiko Nr. 1
Säureangriff

Während der pH-Wert des Speichels zwischen den Mahlzeiten neutral bis schwach sauer ist, sinkt er nach dem Genuss von zucker-, aber auch säurehaltigen Nahrungsmitteln vorübergehend in den stark sauren Bereich ab“, sagt DDr. Elisabeth Zitzelsberger, Fachärztin für Zahnheilkunde in Hainburg a. d. Donau sowie Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am Universitätsklinikum St. Pölten. Dies ist nicht weiter bedenklich, so die Expertin – wenn man den Zähnen nun eine Ruhepause gönnt. „Es dauert zirka 30 Minuten, bis der mineralstoffhaltige Speichel die Zähne ausreichend umspült und wieder remineralisiert hat.“ In dieser halben Stunde sollten Sie also besser aufs Zähneputzen verzichten, weil Sie sonst den durch die Säuren aufgeweichten Zahnschmelz nach und nach zerstören würden.
Auch zu häufiges Essen ist ungünstig. Zitzelsberger: „Nehmen Sie Süßes oder Saures möglichst zu den Hauptmahlzeiten zu sich, sodass der Speichel zwischendurch Zeit hat, seine zahnschützende Funktion zu erfüllen.“ Hat man Fruchtsaft oder kohlensäurehaltige Limonade getrunken, hilft das Nachtrinken von Wasser, den Speichel rascher zu neutralisieren.
Ein Säureangriff auf die Zähne kann außerdem aus dem unteren Verdauungstrakt erfolgen: Durch starkes und häufiges Sodbrennen oder regelmäßiges Erbrechen, etwa bei einer Bulimie-Erkrankung, greift die Magensäure den Zahnschmelz kontinuierlich an. „Die meisten Patienten bemerken die Schäden lange Zeit nicht. Erst wenn das Innere des Zahnes, das sogenannte Dentin, freiliegt, verspüren sie Schmerzen zum Beispiel durch einen Kältereiz. Aber dann ist oft schon der Zahn irreparabel angegriffen“, weiß Dr. Zitzelsberger.

Risiko Nr. 2
Krankes Zahnfleisch

Erstaunlicherweise hat ein weit weniger beachtetes Leiden der Karies als Volkskrankheit den Rang abgelaufen. Speziell bei den über 40-Jährigen fallen einer chronischen Entzündung des Zahnfleisches mehr Zähne zum Opfer als der Zahnfäule. „Die Parodontitis ist eine bakteriell bedingte, schleichend verlaufende Erkrankung des Zahnhalteapparats“, erläutert Elisabeth Zitzelsberger. „Leider wird sie immer noch häufig nach dem Motto bagatellisiert: Was nicht weh tut, kann nicht so schlimm sein.“
Doch da die schädlichen Bakterien über die Blutbahn aus der Mundhöhle verschleppt werden, kann die Parodontitis schwere Folgen für den gesamten Organismus haben: Sie erhöht das Risiko von Herzerkrankungen, Schlaganfällen und Diabetes, kann Arthritis verschlechtern und bei Schwangeren zu Frühgeburten führen. „Im günstigsten Fall macht sich das heimtückische Leiden durch Zahnfleischbluten,  -schwellungen und -rötungen sowie Mundgeruch bemerkbar, im schlimmsten Fall wird es erst beim Eiteraustritt aus den Parodontaltaschen bzw. durch mobile Zähne und dem damit einhergehenden Zahnausfall erkannt“, sagt Zitzelsberger.
Wesentlich zur Vorbeugung ist eine gute Mundhygiene, bestehend aus zweimal täglichem gründlichem Zähneputzen, dreimal wöchentlicher Reinigung der Zahnzwischenräume mit Zahnseide bzw. Interdentalbürstchen und halbjährlicher Kontrolle beim Zahnarzt. Er kann eine professionelle Zahnreinigung durchführen, was das Voranschreiten einer Parodontitis verlangsamt und in gewissen Fällen sogar stoppen kann.    

Risiko Nr. 3
Glimmstängel

Die durch das Rauchen verursachten gelben Zahnverfärbungen und -beläge sind nicht nur ein ästhetischer Nachteil. Raucher haben verglichen mit Nichtrauchern ein vier- bis sechsfach erhöhtes Risiko, eine Parodontitis zu entwickeln. Dazu die Zahnärztin: „Das in die Blutbahn gelangende Nikotin bewirkt, dass sich die Gefäße zusammenziehen, und das nun schlechter durchblutete Zahnfleisch macht Raucher anfälliger für bakterielle Entzündungen in der Mundhöhle.“
Eine Parodontitis wird oft verspätet erkannt und behandelt, weil durch die Gefäßverengung oft auch das typische Zahnfleischbluten ausbleibt. „Schädigungen am gesamten Zahnhalteapparat sind die Folgen, ganz zu schweigen vom erhöhten Risiko, durch das krebserregende Nikotin an einem bösartigen oralen Tumor zu erkranken“, warnt die Expertin.

Risiko Nr. 4
Knacken und Knirschen

Bruxismus heißt das unbewusste, stressbedingte, bislang noch wenig erforschte Zähneknirschen im Fachjargon. Es tritt meist nachts auf und wird von vielfältigen Symptomen wie etwa dem Abschleifen des Zahnschmelzes begleitet. In schweren Fällen kann es zur Lockerung von Zähnen oder zum Zahnbruch kommen. Auch schmerzhafte Verspannungen insbesondere der Kau-, Gesichts- und Nackenmuskulatur sowie Kopfschmerzen und Ohrgeräusche (Tinnitus) sind mögliche Komplikationen. „Durch die Dauerüberlastung können sich massive Beschwerden am Kiefergelenk einstellen, wobei sich oft als erste Anzeichen Knackgeräusche beim Öffnen des Mundes zeigen. Werden diese nicht ernst genommen, kann es zu einer schmerzhaften, oft entzündlichen Blockade und als Spätfolge sogar zu einem degenerativen Abbau des Kiefergelenks kommen“, so Zitzelsberger.
Um den Verschleiß an Zähnen und Gelenken zu bremsen, rücken Zahnärzte dem nächtlichen Knirschen mit Aufbissschienen zuleibe. Eine gleichzeitige Physiotherapie kann Muskelverspannungen lindern, während diverse Entspannungsmethoden helfen, den Stress abzubauen. Manchmal kann aber erst eine Psychotherapie die wahren Ursachen beseitigen.

Risiko Nr. 5
Weiße Riesen

Für ein strahlendes Lächeln greifen immer mehr Menschen zu bleichenden, peroxidhaltigen Pasten, Gelen und Folien aus dem Drogeriemarkt. Das Aufhellen des Gebisses in Eigenregie kann jedoch Nebenwirkungen haben: schmerzempfindliche Zähne, erweichter Zahnschmelz und Zahnbruch, um nur einige zu nennen. Das Bleaching gehört deshalb in die Hände von versierten Zahnärzten. Zitzelsberger: „Die heutigen in Zahnarztpraxen angebotenen Bleaching-Methoden schädigen die Zahnsubstanz nicht. Eine höhere Kälte- bzw. Wärmeempfindlichkeit der Zähne geht meist bald vorüber und kann behandelt werden. Wichtig sind die genaue medizinische Abklärung vor dem Eingriff und regelmäßige Kontrollen danach.“


Risiko Nr. 6
Lippen- und Zungenschmuck

Piercings erfreuen sich nach wie vor zunehmender Beliebtheit. Im Mundbereich werden sie meist an Lippen, Lippenbändchen, Zunge oder Wange gesetzt und verursachen oft Schäden an Zahnfleisch und Zähnen, wie Elisabeth Zitzelsberger berichtet: „Durch das Stechen können beispielsweise Nervenbahnen irreparabel geschädigt werden oder hässliche Narben zurückbleiben. Weitere akute Komplikationen sind länger andauernde Blutungen, starke Schwellungen und Infektionen.“ Auch langfristig können Probleme auftreten. Wenn etwa ein metallisches Zungenpiercing beim Sprechen oder Kauen ständig an die Zähne schlägt, können feine Risse im Zahnschmelz, Karies, erhöhte Schmerzempfindlichkeit sowie Schäden an Keramikkronen oder Inlays entstehen. Ein Piercing an der Lippeninnenseite wiederum kann bewirken, dass das Zahnfleisch sich zurückzieht, dadurch die Zahnhälse freigelegt werden und die Zahnwurzel verletzt wird. Die Zahnmedizinerin rät von Piercings im Mundraum jedenfalls generell ab.

Risiko Nr. 7
Lückenbüßer

Der Verlust eines Zahnes in einem gesunden Gebiss ist bei weitem nicht nur ein Schönheitsproblem, sondern eine drastische Veränderung, auf die die Zähne umgehend reagieren. „Fehlt ein Zahn, so hat der gegenüberliegende Antagonist keinen Gegenbiss mehr. Er wächst nun solange aus seiner Zahnreihe heraus, bis er wieder Gegenkontakt findet“, erklärt die Spezialistin. Auch die benachbarten Zähne beginnen aufgrund der fehlenden Stütze, in die Zahnlücke zu kippen. So kann die gesamte Gebissseite durcheinander geraten –  Schrägstellungen mit für die Zahnbürste schwer zugänglichen Nischen entstehen. Die Folgen sind alte Bekannte: bakterielle Beläge, Karies und die Begünstigung von Parodontitis.

Stand 05/2015

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