Welche Probleme und Erkrankungen häufig dazu führen, dass über 50-Jährige nicht mehr so gut sehen und was dagegen hilft.
von Mag.a Sabine Stehrer
Immer mehr Österreicher*innen sehen nicht gut, sondern unscharf in die Welt. Das hat zwei Gründe: Zum einen wird bald mehr als die Hälfte der Jüngeren kurzsichtig sein, weil sie schon als Kinder und Jugendliche zu viel Zeit mit dem Schauen auf Bildschirme wie den des Smartphones verbracht haben, was die Sicht in die Ferne unscharf macht.
Zum anderen erreicht eine steigende Zahl der Österreicher*innen ein höheres Lebensalter und sieht allein aufgrund von Alterserscheinungen der Augen wie der Alterssichtigkeit oder wegen Alterserkrankungen wie des sogenannten Grauen Stars nicht mehr so gut. Was die Sicht auf die Welt ab 50 plus sonst noch häufig unscharf macht und welche Hilfen es gegen die jeweiligen Sehprobleme gibt, erklärt im Folgenden Prim. Univ.-Prof. Dr. Herbert Reitsamer, Vorstand der Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie am Uniklinikum Salzburg, der auch Vorstandsmitglied der Österreichischen Ophthalmologischen Gesellschaft (ÖOG) ist.
Alterssichtigkeit
Dieses Sehproblem zeigt sich beim Lesen: Lesemedien wie das Buch, die Zeitschrift oder die Zeitung müssen nach und nach immer noch ein Stückchen weiter von den Augen weggehalten werden, damit das Geschriebene entziffert werden kann. Alterssichtigkeit oder „Presbiopie“ lautet dann die Diagnose, und die erhält nahezu jede*r irgendwann.
„Zur Alterssichtigkeit kommt es, weil die Augenlinsen mit den Jahren an Elastizität verlieren und sich daher immer weniger so krümmen können, dass scharfes Sehen in die Nähe möglich ist“, erklärt Reitsamer. Weitsichtige werden meist früher alterssichtig, weil ihre Linsen sich schon über lange Zeit stärker krümmen müssen, um scharfes Sehen in die Nähe zu ermöglichen, wodurch die Elastizität schneller verloren geht. Kurzsichtige und Normalsichtige ereilt die Alterssichtigkeit meist später. Normalsichtige behalten bei Alterssichtigkeit, die übrigens ab einer Stärke von drei Dioptrien nicht mehr fortschreitet, ihre gute Sicht in die Ferne.
Das hilft: Eine Brille zur Korrektur der Alterssichtigkeit, gegebenenfalls auch in Form einer Gleitsichtbrille zur gleichzeitigen Korrektur einer Kurz- oder Weitsichtigkeit.
Auch durch eine Augenoperation können die Alterssichtigkeit und andere Fehlsichtigkeiten beseitigt werden. Dabei werden die Linsen gegen entsprechend korrigierende künstliche Linsen ausgetauscht.
Trockenes Auge
Tagsüber und auch nachts auftreten kann das folgende Sehproblem: Die Augen tränen, wodurch sich die Sicht verschlechtert, die Augen jucken, brennen, röten sich, und es fühlt sich so an, als ob ein Fremdkörper im Auge wäre. Das ist das sogenannte trockene Auge, auch „Sicca-Syndrom“ genannt, an dem viele einmal im Leben und vorübergehend leiden, manche öfter oder dauerhaft. „Beim trockenen Auge führen verschiedene Faktoren, wie beispielsweise hormonelle Veränderungen, zu langes Schauen auf Computerbildschirme oder trockene Luft dazu, dass die Hornhaut der Augen nicht ausreichend befeuchtet wird, oder dass die Tränenflüssigkeit ungünstig zusammengesetzt ist und zu schnell verdunstet, woraufhin die Tränendrüse mehr Feuchtigkeit absondert“, so Reitsamer. Frauen in den Wechseljahren und Ältere generell sind besonders häufig von dem Syndrom betroffen, aber auch Menschen mit Diabetes oder anderen chronischen Erkrankungen, die bestimmte Medikamente einnehmen müssen.
Das hilft: Spezielle Tropfen für das trockene Auge, die als Tränenersatzmittel dienen und mehrmals täglich in die Augen eingetropft werden. Außerdem kann noch eine Operation hilfreich sein, bei der der Tränenabfluss aus der Tränendrüse mit einem „Stöpsel“ verringert wird, woraufhin mehr Tränenflüssigkeit im Auge verbleibt.
Grauer Star
Dabei handelt es sich um ein Sehproblem, das sich zunehmend verschlechtert: Das Sehen wird zu einem unscharfen Sehen wie durch einen grauen Schleier, und während sich die Sehkraft verschlechtert, nimmt die Lichtempfindlichkeit zu. „Grauer Star“ oder „Katarakt“ heißt dann die Diagnose, die früher oder später fast jede*r bekommt.
„Das liegt daran, dass im Zuge des Alterungsprozesses die Linsen immer weniger jener Proteine, also Eiweiße, enthalten, die die Linse klar halten“, sagt Reitsamer. Dadurch trübt sie sich nach und nach ein, ein Prozess, der durch Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes, Augenerkrankungen und Augenverletzungen auch schon in jüngeren Jahren starten kann.
Die Erkrankung hat ihren Namen davon, dass die Augen im fortgeschrittenen Stadium grau erscheinen und der Blick wie starr. Bleibt der Graue Star unbehandelt, kommt es zur Erblindung.
Das hilft: Eine Operation, bei der die trübe Linse durch eine künstliche ersetzt wird. Der Eingriff ist die weltweit häufigste Operation. Dabei kann auch eine künstliche Linse eingesetzt werden, die eine Fehlsichtigkeit oder gleich mehrere korrigiert, wie zum Beispiel eine Kurzsichtigkeit mit Alterssichtigkeit. Solche multifunktionellen Linsen eignen sich aber nicht für jede*n, da sie aufgrund veränderter Lichtwahrnehmungen vor allem nächtliches Autofahren erschweren.
Makuladegeneration
Dieses Sehproblem schreitet langsam voran: Die Sicht auf das, was sich in der Mitte des Blickfelds befindet, wird unscharf, gerade Linien erscheinen gebogen, Farben können nicht mehr so gut unterschieden werden, Helligkeitsunterschiede werden nicht mehr richtig wahrgenommen. Dahinter steckt die „Altersabhängige Makuladegeneration“ (AMD), auch „Makulapathie“ genannt.
„Die AMD ist eine Erkrankung der Netzhaut, bei der die Sinneszellen in der Makula, also dem Bereich des schärfsten Sehens, Schaden nehmen“, erklärt Reitsamer. Dazu kommt es, wie der Name AMD schon sagt, meist bedingt durch die Alterung der Augen, und die Erkrankung tritt in zwei Versionen auf. Mehrheitlich als „trockene Makuladegeneration“, bei der sich Abbauprodukte an den Sinneszellen ablagern und so die Versorgung der Zellen mit Blut stören, wodurch die Zellen absterben.
Die trockene Version der Krankheit kann in die deutlich seltenere „feuchte Makuladegeneration“ übergehen. Dabei bildet der Körper mit dem Ziel, die Blutversorgung wiederherzustellen, neue Blutgefäße. Nur wachsen die Gefäße auch an Stellen, wo sie nicht wachsen sollten. Sie sind häufig undicht und geben Flüssigkeit in die Netzhaut und ihre Umgebung ab. Auch einreißen können sie, was zu Einblutungen in die Netzhaut führt und der Krankheit ihren Namen gab. Durch diese Prozesse lässt zwar die Sehfähigkeit immer mehr nach, zur Erblindung kommt es aber nicht.
Das hilft: Vor allem bei einer Früherkennung und einem raschen Behandlungsbeginn kann das Fortschreiten sowohl der trockenen als auch der feuchten Makuladegeneration in vielen Fällen gehemmt werden.
Bei der trockenen AMD besteht die Therapie in der Einnahme von speziellen, hochdosierten Vitaminpräparaten. Bei der feuchten AMD hilft eine Behandlung mit Antikörpern, die verhindern, dass sich neue Blutgefäße bilden. Die Antikörper werden über Injektionen in die Augen in immer größeren Abständen ein bis zwei Jahre lang zugeführt.
Grüner Star
Von diesem Sehproblem ist anfangs lang nichts zu bemerken: Dann können Augenschmerzen, Gesichtsfeldausfälle und Kopfschmerzen auftreten, im Akutfall auch plötzliche Sehstörungen, starke Augen- und Kopfschmerzen, gepaart mit Übelkeit, vergrößertem Augapfel und Lichtempfindlichkeit. Um den „Grünen Star“ beziehungsweise das „Glaukom“ handelt es sich dabei.
„Der Grüne Star bezeichnet eine Schädigung des Sehnervs und der Nervenzellen der Netzhaut, die nicht mehr rückgängig zu machen ist und meistens durch einen zu hohen Augeninnendruck verursacht wird“, sagt Reitsamer. Weitere Risikofaktoren für den Grünen Star sind das Altern, Bluthochdruck und etwa auch eine Erkrankung an Diabetes mellitus Typ 2. Die Augenerkrankung hat ihren Namen von dem grünlichen Schimmern der Augen und dem vermeintlich starren Blick im fortgeschrittenen Stadium. Unbehandelt führt sie zur Erblindung.
Das hilft: Bei Symptomen des akuten Grünen Stars ist sofort ein Arzt aufzusuchen. Der Augendruck muss umgehend gesenkt werden, um eine Erblindung zu vermeiden. Beim nicht-akuten Grünen Star ist die Früherkennung durch eine Vorsorgeuntersuchung der Augen wichtig. Medikamente in Form von Augentropfen, die verschiedene Wirkstoffe enthalten, können dann das Fortschreiten der Erkrankung stoppen. Alternativ helfen verschiedene operative Eingriffe, die dazu dienen, Wasser aus den Augen abzuleiten, was den Augendruck senkt und die Schädigung des Sehnervs und von Nervenzellen der Netzhaut stoppt.
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Durch Erkrankungen zu Sehproblemen
Auch Erkrankungen, die Ältere häufiger als Jüngere betreffen, können zu Sehproblemen führen. Dazu zählt zum Beispiel Diabetes mellitus Typ 2, wenn die medikamentöse Behandlung unzulänglich ist. Denn befinden sich zu viele Zuckerkristalle im Blut, schädigt das die kleinen Blutgefäße in den Augen, was das Sehvermögen verschlechtert.
Ein anderes Beispiel ist der Schlaganfall, bei dem durch die damit einhergehende Blutung im Gehirn der Augenmuskel so beeinträchtigt werden kann, dass es zum Schielen und zu schlechtem Sehen kommt. Auch Blutungen in der Augenhöhle und Ödeme an der Netzhaut und der Hornhaut können das Sehvermögen verschlechtern.
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Durch Medikamente zu Sehproblemen
Medikamente können ebenfalls zu Sehproblemen führen. Dazu zählen alle, die eine Erweiterung der Pupillen und dadurch bedingtes schlechtes Sehen als Nebenwirkung haben, wie zum Beispiel bestimmte Herzmedikamente. Antirheumatika können der Bindehaut schaden und zu einer sehverschlechternden Entzündung führen. Malariamittel führen manchmal zu Netzhautveränderungen und einer Verschlechterung des Sehvermögens. Durch potenzfördernde Mittel kann es dazu kommen, dass die Welt rundum auf einmal einen Blau- oder Grünstich hat.
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Einmal jährlich zur Augenuntersuchung
Mit 50 plus sollte man einmal jährlich zur Vorsorgeuntersuchung der Augen gehen, dies idealerweise auch schon im Jahrzehnt davor, also ab 40 Jahren. Verschlechtert sich das Sehvermögen, oder tritt ein anderes Problem mit den Augen auf, heißt es ebenfalls, eine Augenärztin oder einen Augenarzt aufzusuchen.
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92 Prozent „Hin und wieder“-Brillenträger*innen
Wie verbreitet Fehlsichtigkeiten sind, die „mindestens hin und wieder“ eine Sehhilfe in Form einer Brille erfordern, zeigt eine Umfrage des Statistik-Portals Statista: Die Hälfte aller 18- bis 24-Jährigen ist gelegentlich bis häufig Brillenträger*in. In der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen sind es schon 57 Prozent, unter den 45- bis 54-Jährigen 77 Prozent. Unter den über 55-Jährigen tragen fast alle mindestens hin und wieder eine Brille, nämlich 92 Prozent. Etwa acht bis zehn Prozent der Menschen mit einer Fehlsichtigkeit tragen gelegentlich Kontaktlinsen.
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