Moderne Therapie geht über die reine Medikamentengabe hinaus: Ein individuelles Programm aus Atemphysiotherapie, Krafttraining und gezielter Schulung kann helfen, den Alltag mit Lungenerkrankungen besser zu meistern und die Lebensqualität nachhaltig zu steigern.
Von Natascha Gazzari
Dr. Peter Errhalt
„Inhalative Therapien sind hocheffektiv, vorausgesetzt, sie werden richtig angewendet.“
Hustenattacken, Atemnot und ein beklemmendes Gefühl in der Brust: Symptome wie diese kennen Menschen, die unter Lungenerkrankungen wie COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) oder chronischem Asthma bronchiale leiden, nur allzu gut. Bereits alltägliche Aktivitäten wie Treppensteigen, der Weg zur Arbeit oder das Spielen mit den Kindern können für Betroffene zu einer kaum zu bewältigenden Hürde
werden.
Auch wenn sich Asthma und COPD in ihren Ursachen und ihrem Verlauf grundlegend unterscheiden (siehe Infobox Seite 14), so eint sie doch ein zentrales Merkmal: Bei beiden Erkrankungen verengen sich die Bronchien und der lebenswichtige Luftstrom wird behindert. Der entscheidende Unterschied ist jedoch der Zeitpunkt dieser Engstellung, wie Prim. Clin. Ass. Prof. Dr. Peter Errhalt, Leiter der Klinischen Abteilung für Pneumologie am Universitätsklinikum Krems und Ärztlicher Leiter des Fachbereiches Pulmologie im Lebens.Med Zentrum St. Pölten, erklärt: „Beim Asthma verengen sich die Bronchien anfallsartig, bei der COPD hingegen sind sie dauerhaft verengt, was zu chronischer Atemnot führt.“
Medikamente: richtige Anwendung entscheidend
Um die Beschwerden, die mit COPD und Asthma einhergehen, zu lindern, kommen vorwiegend inhalative Therapien zum Einsatz. Die sogenannten „Sprays“ bilden die Basistherapie und zielen darauf ab, die Entzündung in den Bronchien zu hemmen und die Muskulatur der Bronchien zu entspannen. Bei Asthma ist inhalatives Cortison das Mittel der Wahl, meist kombiniert mit einem langwirksamen Bronchienerweiterer. Bei COPD steht die Erweiterung der dauerhaft verengten Bronchien mit Hilfe langwirksamer Bronchienerweiterer im Vordergrund. „Medikamente zum Inhalieren sind hocheffektiv, vorausgesetzt, sie werden richtig angewendet“, so der Lungenfacharzt. Nur wenn die Wirkstoffe so inhaliert werden, dass sie tatsächlich in den Bronchien ankommen, können sie ihre Wirkung entfalten. Dass der richtige Umgang mit den Inhalierhilfen alles andere als selbstverständlich ist, erlebt Errhalt tagtäglich in der Klinik und im Rehazentrum. „Ich ersuche alle Patientinnen und Patienten, mir zu demonstrieren, wie sie ihren Spray anwenden. Etwa 90 Prozent gehen nicht richtig vor und profitieren dadurch von den Medikamenten nicht in dem Ausmaß, in dem es möglich wäre.“ Um Anwendungsfehler zu vermeiden, ist laut Errhalt eine Schulung im Umgang mit dem verordneten Inhalator unerlässlich – und zwar zu Beginn der Therapie.
Belastbarkeit trainieren, Leistungsfähigkeit steigern
Neben einer richtig durchgeführten Inhalationstherapie ist eine pulmologische Rehabilitation ein wesentlicher Bestandteil in der Behandlung von Lungenerkrankungen. Sie kann stationär oder – wie im Lebens.Med Zentrum St. Pölten – auch ambulant erfolgen und umfasst Maßnahmen wie Physiotherapie, medizinische Trainingstherapie, psychologische Beratung sowie gezielte Schulungen, etwa im Bereich Ernährung. Bei Bedarf können die Betroffenen an einem Raucher-Entwöhnungsprogramm teilnehmen. Die individuelle Belastbarkeitsgrenze, die zu Beginn der Reha erhoben wird, bildet die Basis eines maßgeschneiderten Behandlungskonzepts. „Bei COPD geht es vorwiegend darum, die sogenannte ‚Überblähung‘ in den Griff zu bekommen, bevor mit eigentlichem Training begonnen werden kann“, so der Pulmologe. Aufgrund der Engstellung in den Bronchien kann nicht die gesamte verbrauchte Luft ausgeatmet werden. Steigt die Atemfrequenz bei einer Belastung, bleibt immer weniger Zeit für die Ausatmung und die Betroffenen fühlen sich mit zunehmender Anstrengung immer „aufgeblähter“. Durch gezielte Übungen kann der Überblähung entgegengewirkt und mit dem Kraft- und Ausdauertraining gestartet werden. Sogar Betroffene, die eine Sauerstoff-Therapie benötigen, können an den Trainingseinheiten teilnehmen.
Training in Alltag integrieren
Ziel einer Lungen-Reha ist es, den Patientinnen und Patienten ein maßgeschneidertes Trainingsprogramm anzubieten, das auch im Alltag fortgeführt werden kann. So lassen sich Lungenfunktion, Kraft und Ausdauer Schritt für Schritt verbessern. Wie erfolgreich die Therapien sind, hängt vom Stadium der jeweiligen Erkrankung ab: „Am meisten profitieren jene, die frühzeitig mit der Reha beginnen“, weiß der Mediziner. Asthmatikerinnen und Asthmatikern empfiehlt der Lungenfacharzt, ihre Symptome mit Hilfe des Asthmakontrolltests (siehe Webtipps) regelmäßig zu kontrollieren, persönliche Auslöser von Asthmaanfällen möglichst zu vermeiden und die Inhalationstherapie an die aktuelle Situation anzupassen. Bei COPD wiederum ist der Verzicht aufs Rauchen entscheidend: „Es gibt keine medizinische oder therapeutische Maßnahme, die so effektiv ist wie ein Rauchstopp.“
Fotos: Universitätsklinikum Krems, istockphoto/ artis777