Vor allem die steigende Zahl der Pollenallergiker in Österreich ist dafür verantwortlich, dass hierzulande immer mehr an Asthma erkranken: Inzwischen sind rund 800.000 davon betroffen. Wird die Krankheit früh erkannt und konsequent behandelt, so können Asthmatiker heute ein weitgehend beschwerdefreies Leben führen. Leider ist das nur bei jedem Fünften der Fall.
Von Mag. Sabine Stehrer
Umfragen zeichnen ein düsteres Bild: Jeden dritten Asthmatiker reißen mindestens einmal wöchentlich Anfälle aus dem Schlaf. Ebenfalls jeder Dritte landet aus demselben Grund einmal im Jahr in der Notfallaufnahme eines Spitals. 43 Prozent der Kinder und 17 Prozent der Erwachsenen sind wegen ihres Asthmas immer wieder im Krankenstand. Zwei Drittel der Asthmatiker fühlen sich dauerhaft in ihrer körperlichen Aktivität eingeschränkt.
Nur jeder Fünfte ist weitgehend beschwerdefrei. Warum das so ist? „Weil nur jeder Fünfte optimal behandelt ist“, bringt es Prim. Dr. Norbert Vetter, Leiter der 2. Internen Lungenabteilung im Sozialmedizinischen Zentrum Baumgartner Höhe des Otto-Wagner Spitals in Wien, auf den Punkt. Und das hat zwei Gründe: Zum einen wird die Krankheit oft erst erkannt, wenn sie schon so weit fortgeschritten ist, dass Schäden entstanden sind, die nicht mehr rückgängig zu machen sind. Zum anderen halten sich die Betroffenen häufig nicht an den Behandlungsplan. Vetter: „Würden alle Asthmatiker bei den ersten Symptomen der Krankheit mit der Behandlung beginnen und die Medikamente auch dann konsequent nehmen, wenn es ihnen gut geht, wären alle Asthmatiker weitgehend beschwerdefrei.“
Häufigste Ursache: Pollenallergie
An Asthma erkranken immer mehr Österreicher. Noch vor 20 Jahren lag der Anteil bei rund fünf Prozent, inzwischen ist jeder Zehnte betroffen: Rund 800.000 Erwachsene und Kinder leiden an der Krankheit, bei der sich erst die Schleimhäute der Bronchien entzünden, dann verschleimen und aufquellen, was zu einer Verengung der Atemwege führt. Um die Verengung auszugleichen, ziehen sich an den Engstellen die Muskeln zusammen. Was folgt, sind Atemnot und Asthmaanfälle. Warum immer mehr daran leiden? „Der Grund für die Zunahme ist, dass die Zahl der Pollenallergiker bis vor einigen Jahren angestiegen ist“, sagt Vetter. „Und die Pollenallergie ist der häufigste Auslöser von Asthma.“ Denn bei der Überreaktion des Immunsystems auf den Kontakt mit Pollen kommt es oft zum sogenannten Etagenwechsel: Erst macht die Allergie in Form von Augenentzündungen zu schaffen, dann gesellt sich der Heuschnupfen dazu und schließlich ein Husten bis hin zu ersten Asthmaanfällen, die immer wiederkehren, bis aus dem Allergiker auch ein Asthmatiker geworden ist. Begünstigt wird diese Entwicklung durch erbliche Vorbelastung. Nahezu jeder Asthmatiker hat einen Elternteil, der ebenfalls an Asthma leidet oder litt. Andere Faktoren, die Asthma auslösen können, sind entzündliche Erkrankungen der Atemwege, ungünstige Umweltfaktoren wie schlechte Luft, Rauchen oder häufiges Passivrauchen.
Erste Anzeichen
Um die Krankheit frühzeitig erkennen und behandeln zu können, gilt es, erste Anzeichen ernst zu nehmen. „Leider ist die Erkrankung gerade bei kleinen Kindern oft schwer zu erkennen“, räumt Vetter ein. „Wenn sie nach dem Herumtollen, Laufen, Spielen oder Turnen regelmäßig zu husten anfangen, sollte das die Eltern aber jedenfalls alarmieren.“ Auch bei Erwachsenen ist ein Hüsteln oder Husten, das immer während oder nach körperlicher Anstrengung auftritt, ein Indiz. Ab zum Arzt, sollte dann die Devise lauten.
Die Diagnose von Asthma ist schmerzfrei und erfolgt beim Lungenfacharzt per Lungenfunktionstest mit dem Spirometer. Dort atmet man erst so lange wie möglich durch einen Schlauch ein und aus, dann so kräftig wie möglich. So kann festgestellt werden, ob bereits Verengungen der Atemwege bestehen. „Im Zweifelsfall werden zwei weitere Tests gemacht“, sagt Vetter. Erst inhalieren die Betroffenen vor der Spirometrie Histamin, was bei Asthmatikern zu einer Verringerung der Atemleistung führt. Dann wird noch der Gehalt an Stickoxid in der Atemluft gemessen. Je größer er ist, desto ausgeprägter ist das Asthma bereits, und umso dringlicher ist die Behandlung.
Bündel aus Maßnahmen
„Die Behandlung besteht idealerweise in einem Bündel aus Maßnahmen, die auf das individuelle Krankheitsbild abgestimmt sind“, so Vetter. Liegt z. B. eine Pollenallergie dem Asthma zugrunde, muss diese so gut wie möglich behandelt werden. Das Asthma selbst wird mit Inhalationen von entzündungshemmenden Kortisonmitteln behandelt, je nach Schweregrad einmal oder mehrmals am Tag. Im Akutfall, also bei einem Asthmaanfall mit Atemnot und der Angst vor dem Ersticken, die im Extremfall tatsächlich droht, helfen bronchienerweiternde Sprays. „Erfahrungsgemäß tut vielen Betroffenen eine Kur oder ein Urlaub in den Bergen gut, in Seehöhen um die 1000 Meter, wo die Luft noch relativ sauerstoffreich, aber frei von Schadstoffen ist“, empfiehlt Vetter. Auch am Meer fühlen sich Asthmatiker wohl, weil das Salz, das dort eingeatmet wird, entzündungshemmend wirkt.