Jährlich erleiden 25.000 Österreicherinnen und Österreicher einen Herzinfarkt, 6000 sterben daran. Damit sind Infarkte neben Schlaganfällen die häufigsten Todesursachen in unserem Land. Was Experten besonders beunruhigt: Zu den Betroffenen zählen immer mehr junge Menschen und Frauen.
Von Mag. Sabine Stehrer
Warum ich? Diese Frage stellen sich wohl alle, die von einem Herzinfarkt getroffen wurden. Früher antwortete man darauf nach dem Halbe-Halbe-Prinzip: Zur einen Hälfte sei das Risiko naturgegeben, hieß es, zur anderen Hälfte habe man selbst durch eine ungesunde Lebensweise zum Infarkt beigetragen. Heute weiß man es besser: „Aus einer weltweit durchgeführten Studie geht hervor, dass nur zehn Prozent der Risikofaktoren für einen Herzinfarkt nicht beeinflussbar sind“, verdeutlicht Dr. Hannes Alber, Dozent an der Universitätsklinik für Kardiologie in Innsbruck. 90 Prozent der Risikofaktoren für den plötzlichen Verschluss eines Herzkranzgefäßes und den Infarkt liegen hingegen in unserer Hand: „Rauchen, Bluthochdruck und schlechte Cholesterinwerte, die unter anderem durch zu fettes Essen entstehen, zählen dazu“, so Alber. Aber auch Übergewicht, mangelnde Bewegung, zu wenig Obst und Gemüse und natürlich zu viel Stress.
Von Engegefühl bis Übelkeit
Oft spielen gleich mehrere dieser Faktoren eine Rolle, wenn es zum Infarkt kommt, weiß Alber. Und das ist jedes Jahr bei 25.000 Österreichern der Fall, für 6000 endet die Krankheit tödlich. Was Experten besonders beunruhigt: Zu den Betroffenen zählen immer mehr Frauen, da immer mehr von ihnen rauchen, und immer mehr junge Menschen, da sie vermehrt übergewichtig sind.
Tragisch daran ist, dass Frauen und Jüngere nach dem Infarkt in ihrer Lebensqualität oft besonders beeinträchtigt sind, da sie meist stärker an den Folgen leiden. Denn oft werden die Symptome nicht ernst genommen oder nicht richtig zugeordnet. Alber: „So kann es passieren, dass die Behandlung verzögert erfolgt.“ Je länger ein Herzkranzgefäß verstopft bleibt und der Herzmuskel unzureichend durchblutet wird, desto mehr Herzmuskelgewebe stirbt ab – und desto schwächer werden in der Folge Herz und Mensch. Umso wichtiger ist es, auf erste Anzeichen zu reagieren: „Meist sind das ein Engegefühl in der Brust und Schmerzen, die bis in den linken Arm, bis zum Schulterblatt und ins Unterkiefer ausstrahlen“, erklärt der Mediziner. Parallel oder auch stattdessen können noch Abgeschlagenheit, Atemnot, Übelkeit und Erbrechen auftreten. „Wer unter diesen Beschwerden leidet, sollte sofort den Arzt oder die Rettung rufen“, appelliert Alber.
Stents, Bypässe
Die Akutbehandlung von Herzinfarkten läuft heute nach einem bestimmten Muster ab: „Im Spital wird ein Herzkatheter gemacht, in dem die Gefäße untersucht und zugleich Verstopfungen beseitigt werden“, schildert Alber. Parallel werden Blutverdünnungsmittel gegeben, die Verstopfungen und Ablagerungen in den Gefäßen auflösen. Meist werden Stents gesetzt, Drahtgeflechte, die verengte Gefäße dauerhaft auseinanderspreizen und so den ungehinderten Durchfluss des Bluts ermöglichen. Finden sich viele und „langstreckige“ Verengungen, sind bleibende Bypässe zu legen, die das Blut an den Engstellen vorbeileiten. „Das sind heute Routineeingriffe, die aufgrund der immer besseren Materialien immer komplikationsloser verlaufen“, so der Experte. Als nächste Verbesserung stehen Stents an, die sich von selbst auflösen, sobald sie das davor verengte Gefäß dauerhaft geweitet haben.
Das (neue) Leben danach
An den Spitalsaufenthalt schließt eine mehrwöchige Rehabilitation mit einer umfangreichen Nachbehandlung an. „Dabei werden die Patienten auf der Grundlage ihrer individuellen Risikofaktoren weiterbehandelt und außerdem auf einen Kurs gebracht, der sie vor weiteren Herzinfarkten verschonen soll“, sagt Alber, der auch Primar des Departements Kardiologie im Reha-Zentrum Münster in Tirol ist. Das ist nicht so einfach, müssen doch die meisten lebenslang Blutverdünner, Cholesterinsenker und Bluthochdrucksenker nehmen, mit den Nebenwirkungen der Medikamente leben, vor allem aber ihre Gewohnheiten ändern, manchmal sogar den Job wechseln und insgesamt ein neues Leben beginnen. Zudem bekommt jeder Vierte nach einem Herzinfarkt psychische Probleme wie Depressionen oder Panikattacken, „die ebenfalls behandelt werden müssen“, so Alber.