Mund & Zähne

Liebestöter Mundgeruch

Wer kennt das nicht? Ein Hauch von Knoblauch – und schon bekommt man Klagen über den schlechten Atem zu hören. Noch schlimmer: Mundgeruch, der nicht nach kurzer Zeit von selbst verschwindet, auf den einen aber niemand aufmerksam macht. Das kann Isolation, Mobbing und Beziehungsstörungen zur Folge haben. Lesen Sie, wie das „anrüchige“ Problem erkannt und bekämpft werden kann.

Von Mag. Astrid Bauer

Sie sind die Mundgeruch-Klassiker schlechthin: Knoblauch und Zwiebeln. Wer die Knollen genießt, lebt zwar gesund, nimmt aber unerwünschte Nebenwirkungen in Kauf: Bestandteile davon werden nämlich über einen längeren Zeitraum nach dem Essen über Lunge und Schweißdrüsen ausgeschieden. Erst nach ein bis zwei Tagen ist der unangenehme Geruch verschwunden. Nicht nur „falsches“, auch zu wenig Essen macht den Atem faul. Die Ursache liegt hier: Was tut der Organismus, wenn ihm nicht genug Energie geliefert wird? Er baut die Energiereserven des Körpers ab. Zuerst werden die Kohlehydratspeicher geleert, dann beginnt die Fettverbrennung. „Als Endprodukte entstehen im Blut so genannte Ketonkörper, die durch die Lunge abgeatmet werden. Und diese Ketonkörper produzieren einen sehr unangenehmen Mundgeruch“, so Dr. Ulrike Putz-Scholz, Fachärztin für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde in Birkfeld. Das Problem trifft vor allem auch Menschen, die etwa aus beruflichen Gründen nur in unregelmäßigen Abständen essen können: Nach längeren Hungerphasen meldet sich übler Geruch im Mund.

Übeltäter Bakterien
Doch auch wer auf regelmäßige Ernährung achtet, ist nicht gefeit vor schlechtem Atem. Studien zufolge spielen Karies, bakterieller Zungenbelag sowie Entzündungen des Zahnhalteapparates die wichtigste Rolle als Verursacher von Mundgeruch. Mund, Nase und Rachen sind voller Bakterien, die dort in einem ökologischen Gleichgewicht leben. Sie ernähren sich von Speiseresten, abgestorbenen Schleimhautzellen sowie Speichel. Wenn die Bakterien verdauen, was sie verspeist haben, entstehen als Endprodukte gasförmige Schwefelverbindungen – und die geben dem Mundgeruch seine höllisch unangenehme Note. Die Übeltäter verstecken sich gut im Mund, sagt Dr. Ulrike Putz-Scholz: „Sie sitzen vor allem in geschützten Nischen: auf der rauen Zunge, in Zahnfleischtaschen, Zahnlöchern, Kronen, Brücken oder Füllungen.“

Dem Mundgeruch zu Leibe rücken
Zumeist liegt der Schlüssel zu frischem Atem in der Zungen- und professionellen Zahnreinigung. Gerade die Zunge wird bei der Mundhygiene oft vernachlässigt. Dabei leben auf ihrer Oberfläche mehr als die Hälfte aller Mundbakterien, die gemeinsam mit winzigen Nahrungsresten und abgenutzten Schleimhautteilchen einen richtigen Belag bilden. Sollte sich dieser Belag als Geruch bildend herausstellen, muss er entfernt werden.
Bei der professionellen Zahnreinigung wird der Zahnbelag aus allen Nischen und Zahnfleischtaschen weggeputzt – ein wesentlicher Beitrag zu frischem Atem und bleibender Zahngesundheit.

Hausmittelchen für frischen Atem?
Wie wird man Mundgeruch los? Reicht der Griff in Großmutters Trickkiste? Ob Petersilie, Zimt, Nelken oder Anis – für alle gilt: Mit Hilfe dieser Hausmittelchen wird Mundgeruch zwar zeitweilig überdeckt, die Ursache jedoch nicht beseitigt. Dasselbe gilt für Kaugummis, Pasten, Pastillen und viele andere Produkte, die frischen Atem versprechen: Sie stellen keine dauerhafte Lösung des Problems dar.
Besonders antibakterielle Mundspüllösungen können bei langzeitigem Gebrauch sogar unerwünschte Nebenwirkungen haben, wie Verfärbungen an Zähnen und Zunge, Geschmacksstörungen bzw. eine Verschiebung des Bakteriengleichgewichts im Mund. Eine solche Anwendung sollte daher immer mit dem behandelnden Zahnarzt abgesprochen werden.
Und bevor man sich selbst Pasten, Pastillen & Co „verschreibt“, sollte man in jedem Fall gründlich Ursachenforschung mit Zahnarzt bzw. Internist betreiben.

Wenn Die Ursachen tiefer liegen
Wenn alle Möglichkeiten im Mundraum durch den Zahnarzt ausgeschlossen werden können und der schlechte Atem nicht verschwindet, ist der Internist gefragt, denn die Ursachen für Mundgeruch können tiefer liegen. „Sie können im Rachen, im Bereich der Atemwege, in der Speiseröhre oder im Magen zu finden sein. Aber auch Allgemeinkrankheiten wie etwa eine schlecht regulierte Zuckerkrankheit oder Gallenleiden, aber auch Tumorerkrankungen können Mundgeruch verursachen“, erklärt Dr. Joachim Huber, Facharzt für Innere Medizin in Wien.
Stress kann das Übel unterstützen. „Denn Stress erzeugt Alarmhormone und behindert die ruhige Verdauung. Unverdaute Speisereste vergären und produzieren so schlechten Atem“, erklärt Internist Huber. Außerdem weiß man, dass schwere Entzündungen des Zahnhalteapparates oder Infektionen rund um Zahnimplantate durch Stress begünstigt werden. Und die verursachen dann in weiterer Folge Mundgeruch.

Um sich dem Kampf gegen üblen Atem stellen zu können, muss man erst einmal wissen, dass man Mundgeruch hat.
Das Hauptproblem ist nämlich, dass vielen Menschen gar nicht bewusst ist, dass sie betroffen sind. Das liegt daran, dass sich unsere Nase rasch an eigene, ständig vorhandene Gerüche gewöhnt. Eine (hoffentlich) verlässliche Auskunft erhalten wir durch die Befragung von Personen, die sich in unserer Nähe aufhalten: Lebenspartner, Kinder, Arbeitskollegen. Wer sehr couragiert ist, kann auch fremde Menschen in einer liebevollen schriftlichen Form auf den schlechten Atem aufmerksam machen. Klar, eine solche Nachricht ist nicht angenehm – mit Sicherheit aber der erste Schritt in die richtige Richtung!
Der Betroffene wird für die Ehrlichkeit dankbar sein.

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URSACHENFORSCHUNG MITTELS HALIMETER
Zentraler Baustein einer Behandlung ist die so genannte Mundgeruchssprechstunde bei Zahnärztin oder Zahnarzt, in der die möglichen Ursachen für den schlechten Atem genau analysiert und bewertet werden. Dabei spielt die Messung der Ausatemluft aus Mund und Nase (gasförmige Schwefelverbindungen) mit Hilfe des so genannten Halimeters eine wichtige Rolle. „Erst wenn Intensität und Ursachen des Mundgeruchs feststehen, kann eine individuelle Behandlungsempfehlung erfolgen, kann man auch Tipps für zu Hause geben. Diese Messung entscheidet, worauf das Hauptaugenmerk gelegt werden muss“, sagt Expertin Dr. Ulrike Putz-Scholz.

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Mundgeruch:
Wo liegen die Brutstätten des Übels?

  • Mundhöhle
    ungenügende Zahnhygiene, schlechte Prothesenreinigung, Karies, Entzündungen an Zahnfleisch oder Zahnhalstaschen, Wurzelentzündung, Speisereste, trockene Mundschleimhaut
  • Rachenraum
    Rachenentzündung, große Gaumenmandeln, chronische Mandelentzündung, chronischer Halskatarrh, bösartiger Tumor (in seltenen Fällen)
  • Atemwege
    gestörte Nasenatmung, Verkrümmung der Nasenscheidewand, chronische Entzündung der Nasenlöcher, Nasennebenhöhlen-Entzündung, Raucherlunge, Lungenentzündung
  • Speiseröhre und Magen
    Gastritis, Refluxkrankheiten, Taschenauswölbung in der Speiseröhre
  • Allgemeinkrankheiten
    schlecht regulierte Zuckerkrankheit, schwere Leber- und Nierenfunktionsstörungen, Gallenleiden, Tumorerkrankungen

Foto: iStock, XiXinXing

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