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Probleme am Sprunggelenk

Ein Fehltritt genügt: Der Fuß knickt um, und schon ist es passiert. Probleme mit dem Sprunggelenk bekommt man oft beim Sport und immer öfter im fortgeschrittenen Alter. MEDIZIN populär zeigt auf, wie es zu Beschwerden an dieser fragilen Stelle kommt und was dagegen hilft.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

Was Raubkatzen, Stubentiger und Hunde haben, ist uns Menschen auf dem Weg zum aufrechten Gang abhandengekommen: Muskeln, die unserem Sprunggelenk Halt geben, in welche Richtung wir es auch bewegen. Das Gebilde aus Schien-, Waden-, Sprung- und Fersenbein zählt zu den am stärksten belasteten Gelenken unseres Körpers – und wird dabei lediglich von vier Bändern stabilisiert. „Das ist der Grund dafür, warum das Sprunggelenk besonders oft für Probleme sorgt“, erklärt Dr. Franz Landauer von der Universitätsklinik für Orthopädie der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg. Mit der steigenden Lebenserwartung werden Beschwerden dieser Art noch häufiger, da mit zunehmendem Alter das Risiko für Schäden wächst.

Wenn Bänder reißen

Auf der Rangliste der häufigsten Sprunggelenksprobleme ganz oben stehen Verletzungen der Bänder, die den Knöchel mit dem Sprung- und Fersenbein verbinden. Sie sind übrigens auch insgesamt die häufigsten Bandverletzungen, die wir Menschen erleiden. Wie es dazu kommt? „Man knickt im Bereich des Knöchels um, und zwar meistens nach außen“, schildert Landauer den klassischen Unfallhergang. Zum Fehltritt mit Folgen kommt es oft bei Sportarten mit schnellen Bewegungen und Sprüngen wie beim Joggen, Tennis- oder Fußballspielen, aber auch beim Stiegensteigen oder schlicht beim Gehen – „zum Beispiel wenn man ausrutscht oder einem Hindernis ausweichen möchte“, so Landauer.
Kippt der Fuß nach außen, werden die Außenbänder des Knöchels überdehnt, bekommen winzige Risse, reißen teilweise ein oder gänzlich ab. Bemerkbar macht sich dieses Malheur zunächst durch Schmerzen, Schwellungen und einen Bluterguss, nennt Landauer die Symptome. Wie ausgeprägt die Verletzung ist und ob es sich um einen Riss oder eine Zerrung handelt, kann erst durch eine Magnetresonanztomografie sichtbar gemacht werden.
„Die Behandlung richtet sich nach der Schwere der Verletzung“, so Landauer. Auf eine Operation wird heute aber jedenfalls verzichtet. Der Grund: „Man hat erkannt, dass durch das operative Vorgehen gegen den Riss keine stabilere Situation entsteht, als wenn die Bänder langsam von selbst wieder zusammenwachsen“, so Landauer. Um dies zu ermöglichen, muss das Sprunggelenk mindestens sechs Wochen lang ruhig gestellt werden. „Das funktioniert am besten mit einer Orthese in Form einer Schiene, die den Fuß stabilisiert“, beschreibt Landauer die Vorgangsweise. Bandagen oder ein Taping reichen zur Stabilisierung aus, wenn der Riss nur klein oder das Band lediglich gezerrt ist. Nach der Phase der Ruhigstellung empfiehlt der Orthopäde eine Physiotherapie, um den Fuß ganz gezielt zu reaktivieren. Landauer: „Dabei sind auch Übungen zu erlernen, die einer neuerlichen Bandverletzung vorbeugen.“

Wenn der Knöchel bricht

Knöchelbruch ist das zweithäufigste Problem, das wir mit den Sprunggelenken haben können. Eine Fraktur an dieser fragilen Stelle zählt wiederum zu den häufigsten Knochenbrüchen im Fußbereich. „So wie die Bandverletzung kommt auch der Bruch des Knöchels meistens durch Umknicken zustande“, weiß Landauer. Ein Knöchelbruch verursacht große Schmerzen, Schwellungen sowie Blutergüsse. Durch ein Röntgen kann er zweifelsfrei festgestellt werden.
Nach der Art des Bruches richtet sich die Behandlung. „Oft reicht es, das Sprunggelenk durch einen Gips zu stabilisieren“, so Landauer. Manchmal muss der Bruch mit Schrauben oder einer Platte versorgt werden, um zu vermeiden, dass die Gelenkflächen schlecht abheilen. „Ansonsten besteht die Gefahr, dass Gelenkflächen permanent aneinanderreiben und es zu einer fortschreitenden Abnützung des Sprunggelenks mit schmerzhafter Arthrose kommt“, so der Experte.

Wenn Arthrose am Gelenk nagt

Zu Arthrose im Sprunggelenk kommt es selten allein durch altersbedingte Abnützung, so Landauer. „Arthrotisch werden Sprunggelenke fast nur nach Knöchelbrüchen, die ungünstig abgeheilt sind, durch Gelenksinstabilitäten nach häufigen Bandverletzungen und, wenn auch selten, durch nicht korrigierte Fußfehlstellungen wie einen Knickfuß.“
Durch Arthrose wird jede Bewegung zur Qual. Wenn nichts mehr geht, kann ein Gelenksersatz die Betroffenen von ihren Schmerzen befreien. Landauer: „Der Vorteil des künstlichen Gelenks ist, dass damit die Beweglichkeit erhalten bleibt; der Nachteil besteht darin, dass es nur zehn bis 15 Jahre haltbar ist.“ Anders als das künstliche Knie- oder Hüftgelenk kann das künstliche Sprunggelenk danach nicht einfach durch ein neues Modell ersetzt werden, da es im Bereich des vergleichsweise kleinen Sprunggelenks an Knochensubstanz mangelt. „Hat ein künstliches Sprunggelenk ausgedient, bleibt als letzte Möglichkeit der Therapie nur noch die Versteifung des Gelenks“, erklärt Landauer.
Betroffene, die nicht zweimal am Fuß operiert werden möchten, entscheiden sich deswegen oft dazu, das Gelenk gleich versteifen zu lassen. „Auch das bringt Beschwerdefreiheit“, so der Orthopäde. Allerdings eine Freiheit mit Einschränkungen: Steil bergab und bergauf gehen fällt nicht mehr so leicht wie vor dem Eingriff, und zusätzlich verliert das Bein mit dem versteiften Sprunggelenk an Länge. Die Differenz muss durch das Tragen einer Einlage oder einer sogenannten Schuhzurichtung, also eines Schuhs mit einer dickeren Sohle, ausgeglichen werden.

Wenn Diabetes den Fuß schädigt

Diabetes mellitus Typ II, die altersbedingte Zuckerkrankheit, zieht selbst bei entsprechender Behandlung Spätfolgen nach sich. So kann es dadurch zu Schäden an Bändern und Sehnen am Fuß kommen, die zu einem Einsinken der Füße führen. Bei diesem Prozess, der einer raschen Entstehung von Plattfüßen entspricht, kommt es gleichzeitig zu Nervenschäden. „Und sind die Nerven geschädigt, spüren die Betroffenen die voranschreitenden Veränderungen der Füße nicht mehr“, kennt Landauer das Dilemma. In der Folge gehen sie oftmals so lange auf kaputten Sprunggelenken durchs Leben, bis diese zerstört sind und – wie bei einer fortgeschrittenen Arthrose – nur noch versteift werden können.

Wenn der Defekt angeboren ist

Zu Sprunggelenksbeschwerden kann es schon im Kindesalter kommen, weiß Landauer: „Es gibt angeborene Veränderungen, die das Sprunggelenk betreffen und langfristig schädigen können.“ Sind Gelenke und Knorpel mangelhaft ausgebildet, merkt man das daran, dass das betroffene Kind immer wieder umknickt oder über Beschwerden klagt. „Ist der Knorpeldefekt stark ausgeprägt, empfiehlt sich, ihn operativ zu rekonstruieren“, zeigt Landauer eine Behandlungsoption auf. Dabei wird ein Stück Knorpel aus dem Kniegelenk entnommen und in das Sprunggelenk eingesetzt. Ist der Knorpeldefekt nur sehr klein, kann man auch zuwarten. Denn oftmals verschwindet das Problem durch das Wachstum von selbst.    

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Fitness fürs Sprunggelenk

Beschwerden und Probleme mit den Sprunggelenken lassen sich gut verhindern, indem man Beweglichkeit, Koordinationsfähigkeit und Stabilität trainiert, weiß der Salzburger Orthopäde Dr. Franz Landauer. Das funktioniert z. B. mit Übungen unter physiotherapeutischer Anleitung auf Wackelplatten, Gymnastikbällen oder einfach einer zusammengerollten Matte, aber auch mit Ballsportarten und Tanzen. „Wer eine gute Koordinationsfähigkeit hat und sich bis ins hohe Alter seine Beweglichkeit erhält, kann Ausrutscher oder Fehltritte abfangen, bevor es zum Umknicken und damit zu Verletzungen am Sprunggelenk kommt“, begründet Landauer die Wirksamkeit des Trainings.

Buchtipp:

Ziai, Huber
Sportverletzungen
ISBN 978-3-99052-027-7
196 Seiten, € 14,90
Verlagshaus der Ärzte

Stand 04/2014

 

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