300.000 Menschen erkranken in Österreich jedes Jahr an Grippe, 3000 sterben an den Folgen der Attacken der Influenza-Viren. Gut, dass es Mittel und Wege gibt, mit denen man von der Influenza oder zumindest von ihren ärgeren Auswirkungen verschont bleiben kann. Infektionsspezialist Univ. Prof. DDr. Wolfgang Graninger erklärt, was wirklich gegen Grippe hilft.
Von Mag. Sabine Stehrer
Schritt 1
Impfen lassen!
Oktober und November sind die besten Monate, um sich gegen die Grippe impfen zu lassen. „Die Impfung ist vor allem Kindern, Kranken und Älteren zu empfehlen“, sagt Infektionsspezialist Univ. Prof. DDr. Wolfgang Graninger von der Universitätsklinik für Innere Medizin I am Wiener AKH: „Diese Menschen haben nämlich ein schwaches Immunsystem, das die Influenza-Viren schlecht abwehren kann.“ Das heißt, die Ansteckungsgefahr ist größer. Und ist die Ansteckung einmal erfolgt, sind die Symptome der Krankheit ausgeprägter, sprich: Der oder die Kranke leidet mehr, und auch die Gefahr, an den Folgen der Grippe zu sterben, wie an einer Lungenentzündung, ist größer.
Gegen die Grippe impfen lassen sollten sich aber auch gesunde Menschen mittleren Alters, die viel mit Personen aus den genannten Risikogruppen zu tun haben, sagt Prof. Graninger, also Frauen und Männer, die beispielsweise im Altersheim arbeiten, in einem Krankenhaus, in einer Schule oder im Kindergarten, beziehungsweise Berufstätige in Jobs mit viel Publikumsverkehr. Prof. Graninger: „Was man allerdings wissen sollte: Die Impfung gegen die Grippe schützt nicht vor anderen viralen Erregern, die eine Erkältung mit den Symptomen Husten, Schnupfen, Heiserkeit und Fieber auslösen.“
Schritt 2
Bei Grippewelle Verhalten ändern!
Statistiken besagen, dass in Erkältungs- und Grippezeiten, wie sie derzeit herrschen, einer von 60 Menschen mit Viren infiziert ist. Ein infizierter Mensch kann andere Menschen auch dann schon anstecken, wenn er selber noch gar nichts von der Krankheit bemerkt hat – die Inkubationszeit beträgt ein bis fünf Tage. Die echte Grippe ist eine hoch ansteckende Krankheit mit einem so genannten Kontagiositatsindex von 15 bis 75 Prozent. Das heißt, 15 Prozent der gesunden Erwachsenen mittleren Alters, die mit einem Influenza-Virus in Kontakt kommen, stecken sich an. Bei Personen mit schwachem oder geschwächtem Immunsystem klettert der Anteil auf 75 Prozent.
Die Ansteckung erfolgt über die Tröpfcheninfektion. Wenn jemand niest oder hustet, der infiziert ist, fliegen die Viren mit einer Geschwindigkeit von bis zu 160 Stundenkilometern bis zu vier Meter weit. Über die Mund- oder Nasenschleimhaut sowie die Bindehaut geraten die Viren in der Folge in den Blutkreislauf und beginnen sich zu vermehren. Prof. Graninger. „Insbesondere in Zeiten, wo beinahe jeder hustet oder niest, sollte man daher Menschenansammlungen meiden. Wenn das nicht möglich ist, wäre es ideal, eine Grippeschutzmaske zu tragen, oder zumindest darauf zu achten, dass man den Mund geschlossen hält, niemandem die Hand gibt und niemanden abbusselt.“
Schritt 3
Bei den ersten Anzeichen zum Arzt!
Wie merkt man, ob man eine „echte“ Grippe hat und von Influenza-Viren angesteckt ist, oder ob Halsweh, Husten, Heiserkeit und erhöhte Temperatur auf eine andere virale Infektion zurückzuführen sind? „Es ist äußerst schwierig, anhand der Symptome festzustellen, ob es sich bei der Erkrankung um eine echte Grippe handelt“, schickt Prof. Graninger voraus. „Aber ein paar Hinweise gibt es doch.“ Hat man sich mit der echten Grippe infiziert, dann tritt plötzlich und heftig ein Gefühl der totalen Niedergeschlagenheit und Schwäche auf. Man hat Gliederschmerzen, hohes Fieber und einen trockenen Husten, dafür aber eher selten Schnupfen. Bei der Infektion durch andere Viren sei eher der umgekehrte Krankheitsverlauf festzustellen: „Da hat man meistens erst Halsweh und Schnupfen, ehe das Fieber und Gliederschmerzen einsetzen.“
Doch es gebe auch Mischformen. Prof. Graninger: „Das einzige, was Klarheit in der Frage verschafft, ob es sich um eine virale oder eine bakterielle Infektion handelt, ist ein Nasenabstrich, der am besten noch am selben Tag durchgeführt wird, an dem man beginnt, sich schlecht zu fühlen.“
Durchgeführt werden kann der Nasenabstrich von der Hausärztin oder vom Hausarzt, was zwar kostenpflichtig ist, doch erspart man sich dadurch die eventuell (und erfahrungsgemäß in zwei Drittel der Fälle) unnötige Einnahme von Antibiotika, die ja nur gegen die Erreger der bakteriellen Infektion wirken und nicht gegen die Virusinfektion.
Schritt 4
Heim und ab ins Bett!
Von der Ärztin oder dem Arzt versorgt, sollte man „gleich anschließend heimgehen, sich ins Bett legen und nichts tun, außer Ruhe geben“, sagt Prof. Graninger. Wichtig ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Dann, so der Experte, könne ein gesunder Erwachsener mittleren Alters damit rechnen, binnen fünf Tagen wieder auf den Beinen zu sein. Prof. Graninger: „Wenn am dritten bis siebten Krankheitstag das Fieber allerdings wieder steigt, besteht der Verdacht auf eine bakterielle Infektion, die zum Beispiel eine Bronchitis, eine Lungen- oder eine Mittelohrentzündung auslösen kann, und dagegen helfen Antibiotika.“
Schritt 5
Nach der Genesung weiterhin vorsichtig sein!
Einer der vielen Irrtümer, die sich rund um die Grippe ranken, ist die Meinung, nach eben erst überstandener Grippe wäre man für längere Zeit vor einer neuerlichen Infektion mit anderen Viren geschützt, weil der Körper genug Antikörper gebildet habe. „Davon kann aber keine Rede sein“, sagt Prof. Graninger. „Man ist nicht vor einer Neu-Ansteckung geschützt, weil die Neu-Ansteckung durch neue Viren erfolgen könnte, gegen die der Körper noch keine Antikörper gebildet hat.“ Das bedeutet: Insbesondere soeben Genesene sollten ganz besonders vorsichtig sein, sich weiterhin schonen und den Aufenthalt in größeren Menschenmengen meiden, um nicht mit anderen Viren angesteckt zu werden.
Mythos
„Übergangene Grippe“
„Tot nach übergangener Grippe?“ hieß es im Fall des 22-jährigen Mohamed Abdelwahab. Der junge Mann war ein erfolgreicher Fußballer, der in der ägyptischen Nationalmannschaft spielte, bis er eines Tages nach 30 Minuten Fußballspielen plötzlich auf dem Feld zusammenklappte. Sein Herz hatte versagt, er war gestorben. Die vermutete Todesursache war eine Herzschwäche, die sich Zeitungsmeldungen zufolge nach einer „übergangenen Grippe“ gebildet hatte.
Der ebenfalls noch junge ehemalige Stürmer Patrick Baumann aus dem Fußballteam von Preußen-Vlyn hatte sich über lange Zeit schwach gefühlt, war aber nicht zum Arzt gegangen. Eines Tages kippte auch er während eines Spiels um und wurde ins Krankenhaus eingeliefert. Dort diagnostizierten die Ärzte eine Herzmuskelentzündung, die, wie kolportiert wurde, im Rahmen einer Grippe aufgetreten sein soll. Baumann überlebte den Vorfall zwar, wird aber nie wieder Profi-Fußball spielen können, weil er nun eine chronische Herzschwäche hat.
Dass jemand nach einer so genannten übergangenen Grippe eine Herzschwäche hat oder gestorben ist, liest und hört man immer wieder. Dazu sagt Univ. Prof. DDr. Wolfgang Graninger, Infektionsspezialist am Wiener AKH: „Erstens gibt es die übergangene Grippe nicht, weil bei einer echten Grippe die Symptome so ausgeprägt sind, dass man sie nicht übergehen kann. Und zweitens hat nie jemand bewiesen, dass eine Herzkrankheit, die zum Tod führt, als Folge einer Grippe aufgetreten ist.“
Was ist eine Grippe?
Eine Grippe oder Influenza ist eine virale Infektion der Atemwege durch die Influenza-Viren Typ A, B oder C. Die Viren schädigen zunächst die Schleimhaut der Atemwege. Anschließend schwächen sie den gesamten Körper und ebnen den Weg für den Angriff durch Bakterien, der zum Beispiel zu Entzündungen des Ohrs, einer Nasennebenhöhlenentzündung, Bronchitis oder einer Lungenentzündung führen kann – diese Folgekrankheiten der viralen Grippeinfektion werden mit Antibiotika behandelt.
Stand 10/2007