Hormone, Stoffwechsel & Diabetes

Igitt, Schweiß!

Warum Schwitzen für das Wohlbefinden wichtig ist und weiteres Wissenswertes

von Mag. Sabine Stehrer

1. Warum schwitzen wir?

Schwitzen hat mehrere Funktionen, weiß Dr. Jo­hannes Neuhofer, Dermatologe in Linz. So ist der Vorgang nötig, um die Körperkerntemperatur konstant auf Werten zwischen 36,3 und 37,4 Grad zu halten. Weil der Körper beim Betrieb von Herz und Hirn sowie bei Stoffwechselvorgängen wie der Verdauung permanent Wärme produziert, drohen bei hohen sommerlichen Temperaturen, großen körperlichen Anstrengungen sowie bei Fieber ein Ansteigen der Körpertemperatur auf ungesunde Werte und eine Überhitzung. Die nötige Kühlung funktioniert über das Schwitzen, da die Schweißflüssigkeit auf der Hautoberfläche verdunstet und Verdunstungskälte erzeugt. Wir schwitzen aber nicht nur aufgrund von Hitze, sondern auch, wenn wir emotionalen Reizen ausgesetzt sind, wie Aufregung, Erregung, Angst, Stress oder Wut. Außerdem hat Schweiß die Funktion, den Säureschutzmantel auf der Haut zu unterstützen, indem er die Vermehrung krankheitserregender Keime hemmt. Und schließlich dient das Schwitzen noch dazu, Stoffwechselendprodukte, hauptsächlich Salze, abzusondern.

2. Was passiert beim Schwitzen?

In Gang gesetzt wird das Schwitzen vom Hypothalamus, einem Bereich im Zwischenhirn. Dort befindliche Nervenzellen erteilen über das vegetative Nervensystem und den Nervenbotenstoff Acetylcholin den zwei bis vier Millionen Schweißdrüsen des Körpers den Befehl, Schweiß abzusondern. Geht es darum, bei Hitze die Körpertemperatur zu senken, ergeht sofort der Befehl vorrangig an die sogenannten ekkrinen Schweißdrüsen: Sie geben Schweiß ab, der hauptsächlich aus Wasser und Salzen besteht und geruchlos ist. Wurde der Auftrag zu schwitzen aufgrund von emotionalen Reizen erteilt, werden hauptsächlich die sogenannten apokrinen Schweißdrüsen aktiviert, die sich unter den Achseln, an den Brust­warzen, im Genital- und Analbereich sowie am Bauchnabel und im Gesicht befinden und in der Pubertät aktiv werden. Schweiß, der aus den apo­krinen Schweißdrüsen fließt, enthält neben Wasser und Salzen auch körpereigene Duftstoffe, die Pheromone, die laut Neuhofer darüber bestimmen, ob wir jemanden im wortwörtlichen und übertragenen Sinn riechen können – und die daher auch bei der Partnerwahl eine Rolle spielen.

3. Was macht den Geruch von Schweiß aus?

Abgesehen von den Pheromonen, also den körpereigenen Duftstoffen, machen den Geruch von Schweiß Keime aus, die sich auf der Hautoberfläche und Kleidungsstücken befinden und sich in der Schweißflüssigkeit zersetzen. Ihrerseits spalten die Keime Geschlechtshormone auf, wodurch typisch weibliche und typisch männliche Schweißgerüche entstehen. Weil auch Stoffwechselendprodukte über die Haut ausgeschieden werden, hängt der Geruch von Schweiß laut Neuhofer zudem davon ab, was gegessen und getrunken wurde, ob geraucht wurde bzw. ob Nahrungsergänzungsmittel oder Medikamente eingenommen wurden. Untersuchungen zeigten überdies, dass der Mensch Angstschweiß von anderem Schweiß unterscheiden kann und am Schweißgeruch erkennt, ob die Körperflüssigkeit von einem jungen oder alten Menschen stammt. 

4. Wie bestimmt das Alter den Schweißgeruch?

Babys schwitzen kaum, da ihr vegetatives Nervensystem das Schwitzen sozusagen erst lernen muss – daher haftet auch kein Schweißgeruch an ihnen. Im Kindesalter sind die apokrinen Schweißdrüsen noch inaktiv, der Schweißgeruch enthält also keine Pheromone, die körpereigenen Duftstoffe. In der Pubertät fließt auch aus den apokrinen Drüsen Schweiß: Dann und im jungen Erwachsenenalter schwitzt der Mensch, so Neuhofer, aufgrund von verschiedenen Nerven- und Psychostimulationen am stärksten, der Schweiß riecht auch am intensivsten.

Ab der Lebensmitte verändert sich die Haut, die Schweiß­drüsen werden kleiner und zunehmend inaktiver, weshalb alte Menschen so wie auch Kleinkinder und Babys wenig schwitzen. Mit den Jahren verändert sich obendrein die Zusammensetzung des Schweißes – zum typischen Altersgeruch trägt Schweiß allerdings nur einen Teil bei, dieser wird etwa auch durch den Geruch des Atems bestimmt.

5. Wie viel Schwitzen ist normal?

Die Schweißmengen, die der Körper täglich ausstößt, variieren von Mensch zu Mensch. Die einen sind laut Neuhofer sozusagen trockene Typen, schwitzen also eher weniger. Die anderen sind feuchte Typen, die stärker schwitzen. So schwankt die normale Schweißmenge zwischen einem halben Liter und vier Litern. Bei großer körperlicher Anstrengung in großer Hitze kann der Mensch bis zu zehn Liter Flüssigkeit schwitzen. Der Flüssigkeitsverlust muss entsprechend ausgeglichen werden, um eine Dehydrierung, die Austrocknung, zu verhindern, die das Leben gefährden kann: So sollten bei hohen sommerlichen Temperaturen mindestens zweieinhalb Liter Wasser, Mineralwasser oder ungesüßter Tee getrunken werden.

6. Wann stimmt etwas mit dem Schwitzen nicht?

Fließt zum Beispiel kalter Schweiß, kann dies bei Babys und Kleinkindern auf Pseudokrupp – eine Erkrankung der Atemweg – hinweisen, bei Erwachsenen auf eine akute Unterzuckerung oder auf einen bevorstehenden Herzinfarkt.
Übermäßiges Schwitzen, die Hyperhidrose, ist, so Neuhofer, häufig eine Begleiterscheinung von hormonellen Veränderungen wie sie während der Wechseljahre auftreten, sowie von Diabetes oder einer Schilddrüsenüberfunktion. Sie kann aber auch erblich bedingt sein und für sich genommen bestehen. Verringertes Schwitzen, die Hypohidrose, oder das Unvermögen, an bestimmten Arealen des Körpers zu schwitzen, die Anhidrose, können ebenfalls ererbt werden und mit Diabetes einhergehen, auch mit der Polyneuropathie, dem Nervenschmerz, oder mit bestimmten Hautkrankheiten wie der Neurodermitis. Nur wenige leiden an einer weiteren Abnormität, das Schwit­zen betreffend: der Chromhidrose. Dabei verfärbt sich der Schweiß gelb, grün, blau oder schwarz, was an Inhaltsstoffen in Nahrungsmitteln oder Substanzen auf der Haut liegen kann, oft aber keine erkennbare Ursache hat.

7. Was hilft bei solchen Abnormitäten?

Die Ursache ärztlich abklären lassen, sich gegebenenfalls einer Behandlung der Grunderkrankung unterziehen und im Fall von Abnormitäten, die für sich bestehen, diese behandeln lassen. Gegen Hyperhidrose in den Achselhöhlen haben sich etwa Injektionen mit Botox bewährt, die jene Nerven lähmen, die das Schwitzen in Gang setzen. Ist der Leidensdruck sehr groß, können operative Eingriffe wie die Entfernung von Schweißdrüsen oder die Durchtrennung von bestimmten Nerven überlegt werden.

***********************

Hitze, Schwitzen und Blase: Intimbereich schützen

Das geht vor allem Frauen an: Bei sommerlicher Hitze und vielem Schwitzen steigt die Gefahr, sich einen Harnwegsinfekt zuzuziehen. Dies aus mehreren Gründen:

  • Krankheitserregende Keime aller Art, ob Bakterien, Viren oder Pilze, vermehren sich in feuchtwarmem Klima besonders stark.
  • In Bädern verbreiten sich Keime gut, und wer den nassen Bade­anzug oder die Bikinihose nach dem Baden nicht wechselt, senkt durch die Abkühlung der Haut im Intimbereich die Widerstandskraft der Haut und Schleimhaut gegenüber Krankheitserregern: Diese können leichter eindringen und beispielsweise einen Harnwegs­infekt auslösen.
  • Die Widerstandskraft gegenüber Krankheitserregern wird auch durch häufiges Duschen und Waschen der Intimzone mit Duschlotionen und anderen Reinigungsprodukten gesenkt: Weniger ist mehr, sollte deshalb bei der Intimhygiene die Devise lauten – am besten mit auf den pH-Wert der Scheidenflora abgestimmter Pflege.

***********************

Hitze, Schwitzen und Hautkrankheiten:
Was bei Neurodermitis & Co zu beachten ist

Hitze und Schwitzen wirken sich auf Hautkrankheiten laut Dr. Johannes Neuhofer negativ aus.

  • Neurodermitis, die meist genetisch bedingte entzündliche Hauterkrankung, die oft schon im Säuglingsalter auftritt, wird durch die Hitze sozusagen aufgekocht. Bedingt durch den verstärkten Schweißfluss, die Anwendung von Deos und Verwendung von Sonnenschutzmitteln kann es zu zusätzlichen Irritationen und zu einem Schub kommen: also dazu, dass sich mehr gerötete, juckende Stellen auf der Haut bilden, sich bestehende Entzündungsherde ausbreiten, Bläschen entstehen. Daher sollte besonders darauf geachtet werden, die gewohnte Behandlung fortzuführen, die meist darin besteht, medizinische rückfettende Cremen auf die Haut aufzutragen, bei einem Schub gezielt Kortison anzuwenden. Für Erwachsene mit schwerer Neurodermitis gibt es nach ärztlicher Rücksprache auch ein Präparat, das injiziert wird und die Bildung entzündungsfördernder Substanzen hemmt.
  • Psoriasis, die Schuppenflechte, die je nach Ausprägung ebenfalls mit Salben, Medikamenten und Injektionen behandelt wird, verschlimmert sich durch die hitzebedingten Zusatzbelastungen.
  • Trockenheitsekzeme und Hautausschläge sind manchmal allergisch bedingt. Hilfreich sind, so Neuhofer, weite Kleidung aus Baumwolle oder Leinen, konsequente Hautpflege mit medizinischen Produkten, kalte Duschen.

***********************

Hitze, Schwitzen und Gerüche:
Was Deos können

  • In Deos, die auch Antitranspirantien sind, stecken zusätzlich Aluminiumchlorhydrate, die Ausgänge von Schweißdrüsen etwa unter den Achseln verengen, was dazu führt, dass an bestimmten Körperstellen wie unter den Achseln weniger geschwitzt wird. Dass Antitranspirantien bei der Erkrankung an Brustkrebs eine Rolle spielen, ist nach wie vor nicht bewiesen. Aber sie können empfindliche Haut reizen.
  • Bei empfindlicher Haut sind daher Deos, die frei von Zusatzstoffen wie den Aluminiumchlorhydraten oder Alkohol sind und einen pH-Wert von 5,5 haben, empfehlenswert.
  • Trockene Haut ist im Sommer besonders beansprucht, Schwitzen setzt ihr zu, daher besonders intensiv pflegen, danach Deo auftragen.

***********************

Foto: iStock, Blueastro

Share

Das könnte Sie auch interessieren:

Logo medizinpopulär