Spreiz-, Senk-, Plattfuß & Co

November 2008 | Medizin & Trends

Hilfen für den gequälten Fuß
 
Jetzt werden die Füße wieder in festes Schuhwerk gezwängt. Und das mögen sie gar nicht: Fast die Hälfte der Menschen in den westlichen Industrieländern ist von Fußfehlstellungen betroffen, Frauen mehr als Männer. Aber nicht nur die Schuhe sind schuld. Lesen Sie, was Zahnspangen mit Plattfüßen zu tun haben und wie man die häufigsten Fußfehlstellungen heute behandelt.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

Ob es sich um den Spreiz-, Platt-, Senk-, Knick- oder Hohlfuß handelt, Fehlstellungen des Fußes sehen nicht nur unschön aus, sondern sind auch ein gesundheitliches Problem. Warum mit immerhin 40 bis 50 Prozent der Menschen der westlichen Industrieländer die Zahl der Betroffenen so hoch ist? „Ganz einfach“, sagt Univ. Doz. Dr. Hans-Jörg Trnka, Facharzt für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie mit Ordination im so genannten Fußzentrum in Wien: „Sie tragen Schuhe, und das Tragen von Schuhen ist die Hauptursache für die Entwicklung von Fußfehlstellungen. Schuhe – vor allem Frauenschuhe – sind oft zu spitz, zu eng oder sie haben zu hohe Absätze, weshalb mehr Frauen als Männer unter deformierten Füßen leiden. Darüber hinaus haben Schuhe in jedem Fall Sohlen. Diese sind dazu da, die Füße zu schützen und tun dabei sozusagen zu viel des Guten. Trnka: „Das Gehen auf den Schuhsohlen verhindert, dass die kleinen Fußmuskeln ausreichend stimuliert werden, so verlieren sie nach und nach an Kraft und können ihre Funktion nicht mehr erfüllen, den Fuß nicht mehr in Form halten und nicht mehr so bewegen, wie es von Natur aus vorgesehen wäre.“

Warum Füße die Form verlieren
Abgesehen vom Tragen von Schuhen gibt es aber noch zahlreiche andere Ursachen für Fußfehlstellungen, wie Krankheiten, die sich ungünstig auf den Zustand von Muskeln, Nervensträngen und Knochen am Fuß auswirken. Oder Unfälle, bei denen Fußmuskeln, Fußknochen, Fußgelenke oder Bänder, Nerven und Sehnen so verletzt wurden, dass ein Schaden bleibt. Bei Frauen spielt nicht nur eine Rolle, dass sie Schuhe mit modischen Attributen wie hohen Absätzen tragen, sondern dass ihre Füße auch noch aus anderen Gründen leichter als die männlichen Füße die Form verlieren. „Das Bindegewebe der Frauen ist schwächer, und den Füßen machen auch starke hormonelle Veränderungen zu schaffen, wie sie im Zuge einer Schwangerschaft oder der Wechseljahre auftreten“, sagt Experte Trnka.
Auch Einflüsse anderswo im Körper können zu Fußfehlstellungen führen, wie z. B. O- oder X-Beine oder Verformungen der Wirbelsäule wie der klassische Rundrücken, und weil alles mit allem zusammenhängt, können sogar Manipulationen an den Zähnen deformierte Füße verursachen. Trnka: „Wir haben beobachtet, dass Jugendliche, die eine Zahnspange tragen, in der Folge Plattfüße entwickeln.“ Eine weitere wesentliche Rolle bei der Entstehung von Fußfehlstellungen spielt schließlich die Vererbung: Der deformierte Fuß wird einem in vielen Familien quasi in die Wiege gelegt.
Ob nun ererbt oder erworben, gegen Fußfehlstellungen sollte man etwas unternehmen, sonst entwickeln sich lästige und schmerzhafte Ballen, Schwellungen und Schwielen. Hühneraugen können entstehen, die Bänder und Sehnen im Fuß können zu schmerzen beginnen, chronische Entzündungen drohen. Mit zunehmendem Alter führen die Fehlstellungen manchmal auch zu Beschwerden am gesamten Bewegungsapparat. Trnka: „Eine länger bestehende Fußfehlstellung kann auch die Knie oder die Wirbelsäule schädigen, zu Muskelverspannungen im Schulter- und Nackenbereich führen und sogar die Ursache für Kopfschmerzen sein.“

Das moderne Maßnahmenbündel
Mit Spreiz-, Senk-, Plattfuß & Co muss sich heute niemand abfinden. Abgestimmt auf die individuelle Problemlage gibt es verschiedenste Therapiemöglichkeiten, die große Erfolge versprechen. Trnka: „Bei den meisten Patientinnen und Patienten setzen wir auf ein Maßnahmenbündel aus Fußgymnastik, Physiotherapie und den Einsatz von speziellen podologischen Einlagen.“ Letztere stützen nicht nur den Fuß, sondern stimulieren darüber hinaus über verschiedene eingearbeitete Dellen und Keile die Fußmuskeln, bis diese wieder so kräftig sind, dass sie den Fuß in Form halten und den Körper wieder in die richtige Balance bringen. Diese Einlagen werden auf der Grundlage einer Gang- und Laufanalyse hergestellt, die gewünschten Verbesserungen zeigen sich meist schon nach einem Jahr Tragezeit. Patienten, bei denen die Fußfehlstellung bereits stark ausgeprägt ist, rät Experte Trnka zur Operation. „Davor braucht heute niemand mehr Angst zu haben, chirurgische Eingriffe zur Korrektur von Füßen sind zur Routine geworden.“ Operativ beseitigen lasse sich prinzipiell jede Fußdeformation. Trnka: „Die meisten Betroffenen sind nach der Operation sehr zufrieden, weil sie sich wieder schmerzfrei bewegen können, leichter passende Schuhe finden und schöne Füße haben.

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Gut zu Fuß

Um Fußfehlstellungen vorzubeugen …

  • … geht man so oft wie möglich barfuß, idealerweise auf unebenem Gelände wie Wiesen oder Sandstränden. So wird die Fußmuskulatur gekräftigt, der Fuß bleibt in Form.
  • … zieht man Schuhe an, in denen Füße und Zehen ausreichend Spielraum haben und in denen man gut gehen kann.
  • … betreibt man dreimal pro Woche je 15 Minuten lang Fußgymnastik, greift spielerisch mit den Zehen nach Gegenständen, rollt die Füße auf und ab, streckt die Zehen nach oben und unten, links und rechts.

 

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Wie fußgesund sind Crocs?

Die Crocs haben die Welt erobert. Wer viel zu Fuß unterwegs
ist oder wer’s bequem haben will, wieselt im Sommer und Winter in den klobigen Freizeitsandalen aus buntem Plastikmaterial. „Endlich ein Lichtblick für unsere Fußgesundheit“, jubelt Österreichs Schuhapostel Felix Kabelka, der sich seit Jahren für fußgerechtes Schuhwerk engagiert.
Wie gesund sind Crocs wirklich? Der Wiener Orthopäde Dr. Fritz Heckl hat sie selbst ausprobiert, an seinen Ordinationshilfen und Patienten beobachtet. Kommentar nach seinem Selbstversuch: „Ich bin mehr als zufrieden.“ Der Arzt, der in der Ordination oft den ganzen Tag auf den Beinen sein muss, zieht heute die Crocs anderen Schuhen vor. „Abgesehen davon, dass sie fußgerecht gebaut sind, hat man mit ihnen das Gefühl, zu schweben und vor allem verspürt man keine Müdigkeit. Interessanterweise schwitzt man darin auch nicht.“
Allerdings sind Crocs mittlerweile in Spitälern und elektronischen Firmen verboten, da sich die normale statische Aufladung des Körpers über diese Schuhe nicht entladen kann und bei Handberührung elektronische Geräte beschädigt werden können.

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DIE HÄUFIGSTEN FUSSFEHLSTELLUNGEN
So werden sie behandelt

1] SPREIZFUSS
Der Spreizfuß als häufigste Fußfehlstellung kann ererbt oder durch das Tragen von Schuhen erworben sein. Durch eine Schwäche der entsprechenden Fußmuskeln wird das Fußquergewölbe nach unten gedrückt, die Mittelfußknochen treten wie ein Fächer auseinander. Mit Schmerzen verbunden ist der Spreizfuß für sich genommen meistens nicht, weh tun nur die möglichen Folgen. Hierbei reicht die Palette von der Entwicklung von schmerzhaften Ballen und lästigen Hühneraugen über Schleimbeutelentzündungen an Gelenken bis hin zur Entwicklung von Hallux valgus und Hammerzeh. Die beste Therapie erfolgt im Anfangsstadium und durch Fußgymnastik, eine Physiotherapie und die Verwendung von podologischen Einlagen. Hammerzeh und Hallux valgus können durch eine Operation wieder gerade gerichtet werden.

2] PLATTFUSS
Fast ebenso häufig wie der Spreizfuß und oft in Kombination mit dem Spreizfuß kommt der Plattfuß vor. Auch diese Fehlstellung kann ererbt oder erworben sein. Zu schwache Fußmuskeln lassen das Fußgewölbe nach und nach absinken, bis das innere Längsgewölbe platt am Boden aufliegt. Bänder, Muskeln und Sehnen im Fußbereich werden in Mitleidenschaft gezogen, was oft mit Schmerzen in den Füßen, auch in den Sprunggelenken bis in die Knie, in den Rückenbereich, den Nacken und Kopf verbunden ist. Der kindliche Plattfuß bildet sich im Zug des Wachstums vom 8. bis zum 14. Lebensjahr meistens von selbst zurück. Wenn nicht, wird die Rückbildung am besten noch in der Pubertät und Jugend durch Fußgymnastik, eine Physiotherapie und podologische Einlagen in Gang gesetzt. So ein Maßnahmenbündel wirkt sich aber oft auch noch beim erwachsenen Plattfuß günstig aus, wo schon Folgebeschwerden wie der Hallux valgus oder der Hammerzeh aufgetreten sind. Diese können durch eine Operation zur Begradigung der betroffenen Zehen beseitigt werden.

3] SENKFUSS
Der Senkfuß ist sozusagen die Vorstufe oder eine weniger ausgeprägte Form des Plattfußes: Die beste Behandlung sind viel Barfußgehen in der Wiese oder auch am Sandstrand, Fußgymnastik, eine Physiotherapie und Einlagen, die den Fuß wieder in die richtige Form bringen.

4] KNICKFUSS
Der Knickfuß ist eine mögliche Begleiterscheinung von Spreiz- und Plattfuß. Dabei ist aufgrund einer Muskelschwäche der innere Knöchel nach innen geschoben, das Sprunggelenk wird falsch belastet, es kommt zu Schmerzen im Sprunggelenk und in den Knien und in schlimmen Fällen zu Beinfehlstellungen wie X- und O-Beinen. Die Therapie: Fußgymnastik, Physiotherapie und Einlagen, manchmal empfiehlt sich auch eine Operation.

5] HOHLFUSS
Der Hohlfuß kann entweder ererbt oder durch das Tragen hoher Schuhe erworben sein. Er hat zur Folge, dass die Zehen versteifen, es zu Schmerzen und Schwierigkeiten beim Gehen und deswegen oft zu Stürzen und Verstauchungen kommt. Die beste Therapie: das Tragen von Einlagen oder orthopädischen Schuhen bzw. eine Operation.
   

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