Sobald das Thermometer auf sommerliche Werte von 30 Grad und mehr klettert, sackt bei vielen Menschen der Kreislauf in den Keller. Speziell beim Baden, Sonnen und auf Reisen sollten Empfindliche einige Tipps beherzigen, um die Urlaubszeit gesund zu verleben. Lesen Sie in MEDIZIN populär, wie man hitzebedingten Beschwerden vorbeugt.
Von Mag. Alexandra Wimmer
Praller, ungetrübter Sonnenschein, erfrischendes Nass zum Abkühlen, ein Urlaubsambiente mit allen Annehmlichkeiten – das sind die Ingredienzien für die schönste Zeit im Jahr. Für die schönste Zeit? Menschen mit Herz-Kreislauf-Problemen macht die Hitze mitunter enorm zu schaffen und anhaltend hohe Temperaturen sorgen auch bei robusteren Naturen für Hitzestress – bedeutet die ungewohnte Wärme für Herz und Kreislauf doch zusätzliche Arbeit. Bei Hitze weiten sich die Gefäße, damit über die Haut Wärme abgeleitet werden kann – wir schwitzen. Für das Weitstellen der Blutgefäße benötigt der Organismus eine Menge Blut, der Blutdruck sinkt unter das sinnvolle Maß ab, der Kreislauf wird geschwächt. Übelkeit, Kopfschmerzen, Schwindel oder ein Schwächegefühl sind mögliche Anzeichen für eine Hitzeüberlastung.
TRINKEN, TRINKEN…
Um Beschwerden aufgrund des erhöhten Flüssigkeitsverlustes vorzubeugen, gilt im Sommer: Trinken Sie öfter und trinken Sie mehr! Ideale Durstlöscher sind Leitungswasser und stilles Mineralwasser. „Wem dies zu wenig Geschmack bietet, der sollte auf zuckerarme Fruchtsäfte oder leicht gesüßten Früchtetee zurückgreifen“, ergänzt Prim. Dr. Elmar Ch. Wiesinger, Facharzt für innere Medizin und ärztlicher Leiter des Herz-Kreislauf-Zentrums Groß Gerungs. Die Wahl der Erfrischung ist eben auch eine Frage des Geschmacks – und der Gewohnheit.
Unbedingt angewöhnen sollte sich jeder das regelmäßige Trinken: „Ich empfehle, laufend kleine Mengen zu trinken“, rät der Mediziner. „Herzpatienten, die entwässernde Medikamente einnehmen, sollten gegebenenfalls nach Plan trinken.“ Wird zu wenig getrunken, steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Probleme oder einen Schlaganfall. „Tatsächlich treten in der heißen Jahreszeit die meisten Schlaganfälle oder deren Vorboten auf“, berichtet Wiesinger. Häufig betroffen sind ältere Menschen, die zum Beispiel bei der Gartenarbeit in der prallen Sonne auf das Trinken vergessen. „Kommt der hitzebedingte Flüssigkeitsverlust dazu, dann wird das Blut eingedickt und es kann zu Durchblutungsstörungen des Gehirns kommen“, erklärt der Internist. „Durch Flüssigkeitszufuhr verschwinden die Störungen meist wieder.“
VORSICHT KALT – WARM!
Für Herz-Kreislauf-Patienten wird nicht nur der Flüssigkeitsverlust zum gesundheitlichen Risiko, sondern ausgerechnet jenes Medikament, welches ihnen gegen die Erkrankung verschrieben wurde. „Viele Herz-Kreislauf-Medikamente beeinflussen die Regulationsfähigkeit des Organismus. Das ist im Fall eines Herzinfarktes sehr gut, weil dabei die körpereigene Regulation oft kontraproduktiv ist“, so Elmar Wiesinger. „Bei Kreislaufumstellungen durch Temperaturänderungen sind die körpereigenen Anpassungsvorgänge jedoch ebenfalls beeinträchtigt.“ Ein Beispiel: Ein Mittsechziger, der nach einem Herzinfarkt Betablocker nimmt, genießt ein ausgiebiges Sonnenbad, um sich danach mit einem Sprung ins kalte Wasser abzukühlen. Hier kann es passieren, dass der Kreislauf, der sich ohne Einfluss von Herz-Kreislauf-Medikamenten relativ gut an den Temperaturwechsel anpasst, mit der abrupten Abkühlung nicht zurechtkommt. Die Folge: Der Betroffene erleidet einen Kreislaufkollaps. Das heißt aber nicht, dass Herzkreislauf-Patienten im Sommer ihre Medikamente absetzen sollen, um Temperaturwechsel besser zu verkraften. Sie sollen jedoch ganz besonders darauf achten, dem Körper beim Wechsel von kalt zu warm und umgekehrt ausreichend Zeit zu geben, zum Beispiel, indem man sich nach dem Sonnenbad allmählich abkühlt. Besonders sorgfältig und mit ärztlicher Absprache sollten Bluthochdruck- und Herz-Kreislauf-Patienten auch ihre Urlaubsreise planen. „Es ist wichtig, am Anreisetag immer Zeit zum Anpassen einzuplanen“, rät der Internist. „Andere Höhenlagen, anderes Wetter können zusätzlich Kreislaufprobleme verursachen. Qi Gong-Übungen am Morgen zum Beispiel helfen bei der Anpassung.“
KREISLAUF IM KELLER
Von der Sommerhitze besonders geplagt sind auch Personen, die ohnedies einen niedrigen Blutdruck haben. Was passiert eigentlich, wenn der „Kreislauf im Keller“ ist? „Der Blutdruck sackt dann so weit ab, dass das Gehirn eine geringe Durchblutungsstörung aufweist. Das verursacht Symptome wie Schwindel und Sehstörungen“, erläutert der Internist. „Zum Kreislaufkollaps kommt es schließlich, wenn das Gehirn zu wenig Blut bekommt, es signalisiert: Hinlegen, Beine hoch lagern! Wird das Signal ignoriert, löst das Gehirn das Problem, indem es den Betroffenen umkippen lässt.“ Wie lässt sich dem gefürchteten Kollaps vorbeugen? „Durch das Tragen von Stützstrumpfhosen – es gibt auch hitzedurchlässige – wird das Blut aus den oberflächlichen Venen in den Kreislauf gepumpt“, erklärt Wiesinger. „Daneben sollte man ausreichend trinken und sich bewegen.“ Mit regelmäßigen statischen Belastungsübungen, etwa dem Hanteltraining, wird der Blutdruck nach oben trainiert und das Kollapsrisiko gesenkt. Und was empfiehlt sich im Akutfall? „Man legt sich auf den Boden und lagert die Beine hoch. Dadurch gelangt das Blut in den Kreislauf und das Gehirn wird wieder ausreichend durchblutet.“
GESUND AUF FLUGREISEN
Ob man unter niedrigem oder hohem Blutdruck leidet, kerngesund oder herzkrank ist – auf Flugreisen gilt generell: Ab einer Reisedauer von vier Stunden steigt das Risiko, an einer Beinvenenthrombose, der Reisethrombose, zu erkranken. „Sie entsteht, wenn die Beine lange Zeit abgewinkelt sind und keine Bewegung machen“, erklärt Wiesinger. „Dann pumpt die Muskelpumpe das Blut nicht mehr aus den Beinen, es kann zur Stagnation des Bluts in den Venen und einer Blutgerinnselbildung kommen. Das Blutgerinnsel kann eine gefährliche Lungenembolie auslösen.“ Wiesinger rät zu folgenden vorbeugenden Maßnahmen: „Ab vier Stunden Flugdauer ist es sinnvoll, im Vorfeld eine medikamentöse Therapie zu machen, indem der Arzt einmalig als blutverdünnendes Mittel den Wirkstoff Heparin spritzt“, so der Internist. „Genauso wirksam ist es, sich jede halbe Stunde die Beine zu vertreten.“ Der Mediziner warnt davor, sich auf einem Langstreckenflug die Zeit mit einem Schlafmittel zu verkürzen – mit der Einnahme wird der Muskeltonus gesenkt und damit das Thromboserisiko zusätzlich erhöht.
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Sporteln im Sommer?
Werden ein paar Grundregeln (z. B. ausreichend trinken) beachtet, so kann das Sporteln auch in der warmen Jahreszeit allen ans Herz gelegt werden. „Gerade bei Herzerkrankungen hat Bewegung ein sehr großes Potenzial zur Lebensverlängerung“, erklärt Prim. Dr. Elmar Ch. Wiesinger, Facharzt für innere Medizin und ärztlicher Leiter des Herz-Kreislauf-Zentrums Groß Gerungs. „Sonne und Sport sollten aufeinander abgestimmt werden. Früh am Morgen oder abends, wenn es bereits abgekühlt hat, ist es am günstigsten, dem gesunden Training nachzugehen.“ Während bei Bluthochdruck oder einer Herzerkrankung moderater Ausdauersport empfohlen wird, sollte man bei niedrigem Blutdruck eher eine Kraftsportart wählen.
Bei Blutniederdruck und Kollapsneigung
- Statische Belastungsübungen, am besten täglich durchgeführt, heben den Blutdruck und senken das Kollapsrisiko.
- Tipp: „Wandstemmen“. Dazu drückt man sich mit den Händen fest gegen eine Wand, als würde man sie wegstemmen.
- Besonders wirksam sind auch: Klimmzüge und das Training mit Hanteln und Gewichten.
Bei Bluthochdruck
Wer über Wochen in niedriger Pulsfrequenz eine Ausdauersportart ausübt, senkt damit den Bluthochdruck, der als einer der größten Risikofaktoren für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung gilt. Bei der Wahl der geeigneten Sportart – ob Laufen, Schwimmen, Bergwandern, Radfahren – muss der individuelle Gesundheitszustand (z. B. Übergewicht, Gelenksprobleme) berücksichtigt werden.
Bei einer Herzerkrankung
Hier sollte erst nach einer gründlichen Untersuchung (Echokardiographie, Belastungstests) über den idealen Ausdauersport entschieden werden. Wird regelmäßig (drei bis fünf Mal pro Woche) trainiert, kann man der kardiovaskulären Erkrankung und damit der Verkalkung entgegenwirken. Ab einem wöchentlichen Kalorienverbrauch von 2200 kcal bildet sich die Verkalkung sogar zurück.